Die Zeit drängt. Möglichst schnell sollte ein Weg gefunden werden, um der Corona-Pandemie auch mit anderen Methoden zu begegnen. Das findet Johannes Probst, Allgemeinmediziner in St. Georgen und Sprecher der Ärzteschaft. „Es ist Zeit, neue Ideen zu entwickeln.“ Zu viel Zeit habe man im Sommer verstreichen lassen. Probst will die Meinung von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer untermauern. Dieser hatte jüngst in einem Meinungsbeitrag in der Zeitung „Die Welt“ gefordert: „Schluss mit dem Lockdown im Denken“. Er hatte angeprangert, dass Deutschland zur Abwehr des Virus nichts einfalle, als „mittelalterliche Methoden“.
Für Palmer, und auch Johannes Probst, ginge es dabei vor allem darum, möglicherweise in Sachen digitaler Hilfsmittel einen Schritt nach vorne zu gehen. Die derzeitige Arbeit in den Gesundheitsämter sei mühselig – eine Zettelwirtschaft, so der Mediziner. Die Corona-Warn-App sei, so der Arzt, hier noch nicht ausreichend hilfreich. Zudem könnte sich ein Konzept auch vor allem daran orientieren, wie die Gesellschaft die Risikogruppen schütze. Der reine Fokus auf die Fallzahlen sei zudem nicht immer der richtige, weil auch die Anzahl der tatsächlich erkrankten Personen eine wichtige Rolle spiele.

Denn aus dem Fokus auf die täglichen Infektionszahlen resultiere Angst. Und das sei derzeit das, was das Mittel zur Eindämmung der Pandemie sei. Daraus entstünden jedoch Panikreaktionen. Das habe erhebliche negative Konsequenzen. Beispielsweise dann, wenn Patienten gar nicht mehr zum Arzt gingen, auch wenn es medizinisch sinnvoll wäre. Teils seien Patienten über mehrere Monate nicht gekommen, sagt Probst.
Ein wichtiges Mittel derzeit ist, dass Patienten auch telefonisch krankgeschrieben werden können. Auch die Diagnose und die Überweisung in die Corona-Schwerpunktpraxis, die es seit dem letzten Monat gibt, kann so erfolgen. Und es hat sich schon gezeigt, wie notwendig diese Einrichtung ist. „Wir testen derzeit 15 bis 20 Personen am Tag“, sagt Probst über die Einrichtung, die sechs von sieben St. Georgener Hausärzten gemeinsam führen – immer im Wechsel.

Das System funktioniere sehr gut. Man sei innerhalb der Kollegenschaft gut organisiert.“Wenn es nötig ist, dann können wir die Stundenkapazitäten auch noch erhöhen“, sagt Probst. Man könnte theoretisch etwas früher beginnen und etwas später aufhören. Noch sei dies jedoch nicht nötig. Ob es das wird, das weiß Johannes Probst, liegt nicht in seiner Hand.
Denn auch das, die Fremdbestimmtheit, ist aus Ärztesicht ein wichtiger Faktor. „Meine tägliche Arbeit war noch nie so fremdbestimmt wie heute“, sagt er. Es gebe viele Stellen, viele Anweisungen, viel, das täglich in die praktische Arbeit übersetzt werden müsse. „Die Zeiten waren noch nie so unruhig“, sagt Probst im 36. Jahr seiner Tätigkeit in der Bergstadt.