Für großes Aufsehen gesorgt hat der SÜDKURIER-Artikel „Schwerkranken nachts heimgeschickt“ vom vergangenen Mittwoch, 5. Februar. Das Schwarzwald-Baar-Klinikum kritisiert den Artikel inzwischen als „rufschädigend“, hat aber trotz mehrfacher Anfragen des SÜDKURIER seinerseits nichts dazu beigetragen, den Vorgang aufzuklären. Auch die Angehörigen des schwerkranken Patienten wurden nach eigenem Bekunden von der Klinikverwaltung bis heute nicht kontaktiert und über die Hintergründe informiert, auch eine erhoffte Entschuldigung sei nicht erfolgt.

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Es geht, wie berichtet, um den Fall eines 71-jährigen Patienten des Schwarzwald-Baar-Klinikums, der nach Feststellung seiner Angehörigen am 18. Januar mit Verdacht auf Schlaganfall in die Notaufnahme eingeliefert wurde. Nachts um 3 Uhr sei er dort aufgeweckt und mit einem Taxi nach Hause geschickt worden. Die Ehefrau aus Pfaffenweiler beklagte gegenüber dem SÜDKURIER, dass ihr Mann – schwer herz- und lungenkrank, wie man den Angehörigen später mitgeteilt hat – ohne vorherige Rücksprache mit ihr oder anderen Angehörigen mitten in der Nacht nach Hause gefahren worden sei. Wie dramatisch die Situation war, zeigte den Angehörigen der Umstand, dass Jürgen Heinke, so heißt der Patient, nach Donaueschingen verlegt wurde und dort nach Feststellung seiner Frau in die Intensivstation verlegt werden musste, wo er mehrere Tage in Lebensgefahr geschwebt sei.

Das Klinikum, mehrfach vom SÜDKURIER telefonisch und schriftlich mit Fragen zu diesem Vorgang konfrontiert, reagierte am 27. Januar nur pauschal mit einem einzigen Satz, dass man der Darstellung der Angehörigen „ausdrücklich“ widerspreche und zu Patienten wegen der ärztlichen Schweigepflicht keine Aussagen mache. Weitere Nachfragen des SÜDKURIER zur aktuellen Personalsituation bei Ärzten und Pflegern am Klinikum sowie in der Notaufnahme wurden nicht beantwortet und auf schriftlich erneute Anfrage am 28. Januar abgeblockt. Sie könne „keinerlei Zusammenhang“ erkennen zwischen dem Fall des Patienten und den Fragen zur Personalsituation am Klinikum, beschied Pressesprecherin Sandra Adams und verweigerte die Antworten. Sie bewerte außerdem die SÜDKURIER-Fragen „als Lackmustest für faire Berichterstattung“.

Erst nach einer darauf folgenden schriftlichen Beschwerde unserer Redaktion und den Hinweis auf die Auskunftspflicht des Klinikums gegenüber der Öffentlichkeit ließ die Kliniksprecherin verlauten, dass ein Gespräch über die Personalsituation unabhängig von diesem Fall zu einem späteren Zeitpunkt möglich sei.

Die SÜDKURIER-Redaktion entschloss sich trotz dieser De-facto-Auskunftsverweigerung angesichts der öffentlichen Relevanz des Vorgangs zur Veröffentlichung, da dem Klinikum ausreichend Zeit und Gelegenheit eingeräumt wurde, sich zur Frage zu äußern, warum ein schwerkranker Patient mitten in der Nacht geweckt und ohne Rückversicherung nach Hause gefahren wird. Kliniksprecherin Sandra Adams reagierte darauf nicht in Form einer Stellungnahme des Klinikums, sondern mit einem persönlichen Meinungsbeitrag in Form eines Leserbriefs, in dem unserer Zeitung versuchte Rufschädigung vorgeworfen sowie versucht wird, die Motive der Angehörigen ins Zwielicht zu ziehen. Zur Kernfrage, der Berechtigung der nächtlichen Entlassung, hatte sie erneut nichts zu sagen. Auch hier wieder der Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht.

Gabi Heinke, die Ehefrau des Patienten, hält indes am Vorwurf einer Fehldiagnose fest. Ihr Mann sei zunächst mit Verdacht auf einen Schlaganfall eingeliefert worden, sagt Gabi Heinke, und dann mitten in der Nacht entlassen worden. Auf seinem Entlassungsschein, der den Angehörigen vorliegt, steht als Diagnosebefund „Gastroenteritis“, also eine Magendarm-Grippe. Als ihr Mann anderntags in noch schlechterem Zustand wie tags zuvor wieder eingeliefert und untersucht wurde, sei ihr mitgeteilt worden, ihr Mann habe schwere fortschreitende Lungenkrankheit (COPD), berichtet Gabi Heinke. Später aber habe sich herausgestellt, dass die Lungenkrankheit erst durch eine Herzerkrankung (Herzflimmern) verursacht worden sei. Festgestellt und behandelt worden sei auf der Intensivstation neben den Herzproblemen eine Lungenentzündung, so der Informationsstand der Angehörigen.

Die falsche Diagnose, so betont Gabi Heinke, sei aber für sie nicht der springende Punkt. Sie und ihre Tochter seien empört, so verdeutlichten sie im Gespräch mit dem SÜDKURIER, dass Jürgen Heinke schwerkrank einfach morgens um 4 Uhr alleine im Bademantel nach Hause gefahren wurde, ohne dass das Klinikum sichergestellt habe, ob jemand zu Hause sei. „Die Klinik hat sich bis heute bei uns nicht gemeldet oder entschuldigt“, bedauerte gestern Gabi Heinke auf Nachfrage. Ebensowenig habe sich die von ihr eingeschaltete Patienten-Beschwerdestelle am Schwarzwald-Baar-Klinikum gemeldet. Dort habe sie gestern erneut angerufen und einer Verantwortlichen verdeutlicht, dass sie eine Erklärung über die Gründe der Entlassung und eine Entschuldigung erwartet hätte. Eine Mitarbeiterin habe gesagt, dass dies Zeit brauche. Gabi Heinke ist indes der Meinung: „Die Klinik hat genug Zeit gehabt.“ Ihr sei dann von der Dame klargemacht worden, so berichtet Heinke, dass sie jetzt nicht mehr mit einer Antwort des Klinikums rechnen könne, da sie sich an die Zeitung gewandt habe.

Die Ehefrau betonte, sie stehe mit ihrem Namen und ihrem Wort dafür, dass der Vorfall der Entlassung ihres Mannes wie geschildert abgelaufen sei. Gegenüber der Beschwerdestelle, so ergänzt sie, habe sie gestern erklärt, dass sie das Klinikum von der ärztlichen Schweigepflicht entbinde. Ihr sei gesagt worden, man werde dies an die zuständigen Stellen weiterleiten.

Lob für Donaueschingen

Gabi Heinke betont zugleich: Im Gegensatz zur Notaufnahme in Villingen sei die Betreuung ihres Mannes am Krankenhaus Donaueschingen vorbildlich. Dort würde ihr Mann von Ärzten und Pflegepersonal bestens betreut. „Ich bin froh, dass er dort gelandet ist“, sagte sie.