Das gab es so noch nie: Mitten in der Stadt soll der Biber nun mit Maschendraht gestoppt werden. Entlang der Brigach werden große Bäume nun mit einem Nageschutz ausgestattet. Ob die Tiere sich davon bremsen lassen, muss abgewartet werden.

Neu in VS: Biber-Schutz jetzt nahe der Innenstadt zwischen Friedrichstraße (Bildhintergrund) und Klosterring. Maschendraht soll die ...
Neu in VS: Biber-Schutz jetzt nahe der Innenstadt zwischen Friedrichstraße (Bildhintergrund) und Klosterring. Maschendraht soll die Bäume retten. | Bild: Trippl, Norbert

Offensichtlich ist – die Tiere dringen immer weiter in das Stadtgebiet vor. Galt es vor zwei Jahren noch als Ereignis, einen Biber mit dem Fernglas im Neuhäuslewald schwimmend zu erhaschen, so sind solche Szenen mittlerweile an fast jedem größeren Wasserlauf gang und gäbe.

Der Biber ist Vegetarier und kann nicht klettern. Dieses Dilemma löst das Tier durch das Fällen von Bäumen, um an saftige Blätter zu ...
Der Biber ist Vegetarier und kann nicht klettern. Dieses Dilemma löst das Tier durch das Fällen von Bäumen, um an saftige Blätter zu gelangen. Der Baumschutz in VS erreicht jetzt an der Brigach eine neue Dimension. | Bild: Trippl, Norbert

„Ich kenne keinen Bach, wo keiner drin ist“, sagt der Leiter des städtischen Forstamts, Tobias Kühn zur Ausbreitung des Bibers in Villingen-Schwenningen. Den Behörden sind die Hände gebunden. Diese Tiere dürfen „weder bejagt noch getötet werden“, sagt Tobias Kühn angesichts vieler Bäume, die von den Tieren mit scharfen Zähnen angenagt und so gefällt werden. Die Biber sind auf die Bäume scharf, weil sie damit ihre Rückzugsgebiete am Wasser bauen können.

An der Kirnach oberhalb von Villingen. Hier kippen reihenweise die Bäume, weil der Biber die Wiesen flutet.
An der Kirnach oberhalb von Villingen. Hier kippen reihenweise die Bäume, weil der Biber die Wiesen flutet. | Bild: Trippl, Norbert

Biberdämme sind nicht nur eine neue Erscheinung in der heimischen Landschaft sondern stellen auch betriebs- und volkswirtschaftlichen Schaden dar. Wird etwa eine Wiese durch einen gestauten Bach geflutet, so fällt dort die Ernte für Landwirte aus.

Der Forst lässt die gekippten Bäume liegen. Je länger sich der Biber hier laben kann, umso weniger oft muss er weitere Gewächse fällen.
Der Forst lässt die gekippten Bäume liegen. Je länger sich der Biber hier laben kann, umso weniger oft muss er weitere Gewächse fällen. | Bild: Trippl, Norbert

Einerseits versucht die überregionale Politik, jeden Baum angesichts des Klimawandels zu schützen, andererseits wird es in Kauf genommen, dass die sich hierzulande stark ausbreitenden Tiere reihenweise alte Bäume flach legen.

Der Biber fällt Bäume vor allem über den Winter. Im Sommer erreicht er Nahrung oft auch an Büschen.
Der Biber fällt Bäume vor allem über den Winter. Im Sommer erreicht er Nahrung oft auch an Büschen. | Bild: Trippl, Norbert

Der neue Biberschutz ist in Villingen-Schwenningen entlang der Brigach augenfällig. Zwischen Friedrichstraße und Klosterring windet sich entlang des stadtseitigen Ufers ein schmaler Weg. Hier ist fast jeder Baum mit einem Maschendraht-Schutz ausgestattet. An dieser Stelle gab es das vergangenes Jahr noch nicht.

Sauber gedrechselt. Diesen Baum an der Brigach hat der Biber gleich an zwei Stellen angeknabbert.
Sauber gedrechselt. Diesen Baum an der Brigach hat der Biber gleich an zwei Stellen angeknabbert. | Bild: Jochen Hahne

Wer sich das ganz große Biber-Kino anschauen will, der radelt über Volkertsweiler oder das Kurgebiet Richtung Salvest. Auf der anderen Straßenseite beginnt die Offenbarung, wie das schwimmende Nagetier die Landschaft verändert. Reihenweise liegen hier gekippte Groß-Bäume im Gehölz oder in der Kirnach.

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Wer die Stämme nach den zylinderförmigen Abnagungen absucht, der findet hier nichts. Und trotzdem müssen laut Tobias Kühn diese Schäden klar dem Biber zugeordnet werden. Der Forstamtsleiter: „Der Biber staut hier mit seinen Dammbauten den Bach. In der Folge werden die umliegenden Wiesen und Schonungen unter Wasser gesetzt. Sie verlieren ihre Standfestigkeit auf Grund des aufgeweichten Bodens und kippen schließlich um.“

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Tatsächlich sehen die Schäden hier aus wie Sturmwurf. Vergleichsweise kleine Wurzelteller sind noch an den Baumstämmen zu sehen. Weshalb der Biber überhaupt Bäche staut? Das Tier sei bestrebt, die Eingänge seiner Bauten unter der Wasseroberfläche zu halten. Bei weitläufigen Wiesen kann es deshalb zu großen Biberbauten kommen – es dauert in einem solchen Fall, bis der Wasserspiegel markant ansteigt.

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Biberbauten stehen genau wie das Tier selbst unter Schutz und dürfen nicht zerstört werden. In Absprache mit den zuständigen Behörden können in Notfällen aber Drainagen eingebaut oder Dammabsenkungen durchgeführt werden. Überwiegend im Winter, wenn es für den Vegetarier Biber sonst nichts zu fressen gibt, fällt er ufernahe Bäume.

Weil er nicht klettern kann...

Da das Tier nicht klettern kann, ist dies die einzige Möglichkeit, an Blätter oder zarte Astrinde zu gelangen. Gefällte Bäume sollten nicht weggeräumt werden. Je länger sich der Biber an einem Baum laben kann, umso geringer ist sein Drang, das nächste Gewächs zu fällen, wissen Biberexperten.

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Der Biber galt bis vor 15 Jahren als fast ausgestorben. Heute hat sich ob des massiven Schutzes des Tiers das Blatt gewendet. Biber sind resistent gegen äußere Einflussfaktoren und scheuen auch den Aufenthalt in Städten nicht. Aber: der Biber baut und staut am liebsten seinen Bach und verlässt dessen Ufer kaum. Es wird deshalb von Naturschützern geraten, einen 20 Meter breiten Streifen an den Gewässern dem Tier zu überlassen.

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