Nach einer hitzigen und äußerst emotional geführten Debatte haben 22 Stadträte dafür gestimmt, dass Gastronomen wieder Heizpilze aufstellen dürfen. Zehn Räte stimmten dagegen, vier haben sich enthalten. Da der Gemeinderat vor einigen Jahren die als äußerst klimaschädlich geltenden Heizpilze verboten hat, ging es jetzt um eine befristete Aufhebung des Verbotes. Die Stadträte gingen sogar noch weiter als die Verwaltung es vorgeschlagen hatte: Bis 31. Oktober 2021 wird das Verbot ausgesetzt, die Verwaltung hatte den 31. März genannt. Zwei Gastronomen hatten eine entsprechende Anfrage bei der Stadtverwaltung gestellt, die FDP einen Antrag auf Zulassung dieser Heizpilze gestellt. Die Fraktionen der Grünen und der SPD konnten sich mit ihren Bedenken wegen des hohen Kohlendioxid-Ausstoßes der Heizpilze nicht durchsetzen und sind in einigen Redebeiträgen regelrecht angefeindet worden.

Klaus Martin von der CDU brachte das Dilemma auf den Punkt: Man habe die Heizpilze ja verboten, weil man eine klimaneutrale Stadt sein wolle. „Aber eine besondere Situation erfordert besonderes Handeln“, so Martin. Der Fraktion sei es wichtig, den gebeutelten Gastronomen zur Seite zu stehen. Die CDU regte an, die Heizstrahler bis zum 30. September 2021 zu genehmigen, sie müssten ja für viel Geld angeschafft werden. Die FDP erweiterte den Antrag noch und forderte eine Genehmigung bis zum 30. Oktober 2021, dieser Vorschlag fand dann auch eine Mehrheit.

Da die Leute ungern in geschlossenen Räumen sitzen, bietet ein Heizpilz die Möglichkeit, dass länger im Freien bewirtet werden kann, ...
Da die Leute ungern in geschlossenen Räumen sitzen, bietet ein Heizpilz die Möglichkeit, dass länger im Freien bewirtet werden kann, ohne dass die Besucher frieren, wie hier in Konstanz.

Ulrike Salat von den Grünen machte dies „sprachlos“. „Wir haben nicht nur eine Corona-Krise, sondern auch eine Klimakrise.“ Man könne nicht die eine Krise bekämpfen und die andere anfeuern. Mit den Heizpilzen heize man die Umgebungsluft, der CO2-Abdruck sei enorm groß. „Was soll uns das bringen? Dass die Leute auf ein Bier länger in der Gastwirtschaft sitzen bleiben?“, fragte die Grünen-Stadträtin. Sie brachte als einzige Alternative pelletbetriebene Heizstrahler ins Gespräch und weitere Alternativen wie Lüftungen: „Das würde langfristig helfen.“ Ihre Fraktion wolle die Gastronomen auch unterstützen: „Ich bin gerne bereit in der Kälte zehn Bier mehr trinken, um zu helfen.“

Edgar Schurr von der SPD nannte ein paar Zahlen: „Ein Heizpilz verursacht 140 Kilogramm Kohlenstoffdioxid in der Woche.“ Es gehe hier um den Wohlfühleffekt einiger weniger und dafür könne man keine Technik aus der Steinzeit einsetzen. Nur zwei Gastronomen hätten eine Anfrage gestellt. Wirklich helfen würde es, wenn man den Wirten Gebühren erlässt, wie es beispielsweise Friedrichshafen mache, so Schurr, der von einem reinen Aktionismus des Gemeinderates sprach.

Berthold Ummenhofer von den Freien Wählern betonte, man müsse den Gastronomen jetzt helfen und wies die Grünen darauf hin, dass in anderen Städten grüne Stadträte Heizpilzen auch schon zugestimmt hätten.

Heftig ging Marcel Klinge von der FDP die Gegner der Heizpilze an. Angesichts der finanziellen Lage vieler Gastronomiebetriebe empfinde er die Forderung nach dem Einbau von Lüftungen als „zynisch“. Die Gastronomie stehe mit dem Rücken zur Wand. Heizstrahler jetzt temporär zuzulassen würde den Betrieben eine vernünftige Perspektive geben. „Jede Woche, die draußen zusätzlich bewirtet werden kann, verhindert Insolvenzen.“ Sein Kollege Bonath meinte, es wäre typisch VS, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen: „Wir wollen einfach unbürokratisch helfen.“

Martin Rothweiler von der AfD prangerte gar die Doppelmoral der grünen Stadträte an, es sei erschreckend, wie sie gegenüber den kleinen Unternehmern eingestellt seien. So seien schon Grüne aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis gesehen worden, wie sie im Boot auf dem Bodensee herumschippern oder sie hätten gar ein Haus im Elsass und „fahren da ständig hin“. „Aber das man kleinen Unternehmern Knüppel zwischen die Beine wirft, ist unverständlich. Das ist kein großer Akt, es geht hier um ein paar Heizpilze„, so Rothweiler. Man müsse ja sonst nächstes Jahr Würstchen grillen und Lagerfeuer machen verbieten, dies heize die Umgebungstemperatur auch auf.

Der Vertreter des Jugendgemeinderates, Jochen Lobstedt, fand es „beschämend“, von den Wirten zu fordern, noch weiteres Geld auszugeben: „Denen steht ja das Wasser bis zum Hals.“ Er fragte die Grünen, ob es ihnen nur um Parteipolitik gehe oder auch um die Zukunft von Privatpersonen und Bürgern dieser Stadt, die ja vielleicht auch grün gewählt haben. Eine Lüftung erhöhe ja die Kapazitäten im Inneren nicht, der Außenberich helfe den Wirten. „Der Jugendgemeinderat will auf jeden Fall die Wirte unterstützen“, so Lobstedt.

Thomas Ettwein von den Freien Wählern forderte, in der Diskussion „einen Gang runterzuschalten“. Die Klimakrise beschäftige uns sicher noch länger, aber für einen Gastronomen könne es die Rettung sein, wenn er ein paar Wochen länger draußen bewirten kann. „Die Leute wollen halt nicht drin sitzen, dann bleiben sie weg.

Zum Abschluss der Diskussion versprach Oberbürgermeister Roth, an die Gastronomen zu appellieren, klimaneutrale Heizpilze anzuschaffen. Er sei der Meinung, dass jede Möglichkeit, die den Gastronomen hilft, Umsatz zu generieren, gut ist.