Über 200 Seiten stark ist der Feuerwehrperspektivplan 2031 für die Doppelstadt, der am Mittwochabend in einer Sondersitzung des Verwaltungs- und Kulturausschuss in der Schwenninger Neckarhalle erst vorgestellt, dann von allen Fraktionen einstimmig beschlossen wurde.
„Ein gelungenes Gesamtwerk“, bilanziert Klaus Martin für die CDU die Pläne. Als eine tolle gemeinschaftliche Ausarbeitung beschreibt Nicola Schurr von der SPD das Werk. „Hilfreich“ nennt es Kathrin Piazolo von der FDP. Für „zielführend“ hält es Olaf Barth von der AfD.
Auch Ulrike Heggen von den Freien Wählern und Ulrike Merkle von den Grünen äußerten sich vornehmlich positiv. Beide kündigten aber an, die am Mittwoch vorgestellten Pläne erst noch einmal fraktionsintern bis zur Gemeinderatssitzung am 18. Mai genauer besprechen zu wollen. Dort muss final über den Perspektivplan entschieden werden.
Der Perspektivplan 2031
Über zwei Jahre lang wurde am Perspektivplan gearbeitet. Involviert waren neben Hauptamtlichen und Verwaltungsmitarbeitern auch die vielen ehrenamtliche Mitglieder, organisiert in sechs Arbeitsgruppen, für die man sich im Vorfeld bewerben konnte. Geleitet und gesteuert wurde der Prozess von externen Beratern aus Freiburg. Eeiner davon, Ralf Hohloch, stellte die wichtigsten Ergebnisse am Mittwoch im Ausschuss vor.

Das sagt der Kommandant
Gesamtkommandant Markus Megerle bilanziert im Gespräch mit dem SÜDKURIER: „Der Perspektivplan ist für mich mehr als überzeugend und zukunftsweisend.“ Besonders angetan ist er vom Prozess der Ausarbeitung, nennt das Werk einen Perspektivplan vom Ehrenamt für das Ehrenamt. „Viele unserer ehrenamtlichen Mitglieder waren daran beteiligt.“ Ein ganz anderer Ansatz als bei sonst üblichen Bedarfsplänen, die häufig von externen Beratern alleine, pro Abteilung oder von oben herab erstellt werden, erklärt Megerle.

Zwar habe es in den Arbeitsgruppen auch unterschiedliche Meinungen und viele Diskussionen gegeben. „Entscheidungen und Kompromisse wurden jedoch gemeinsam ausgehandelt und beschlossen.“ Am Ende habe sich der Feuerwehrausschuss einstimmig für den Perspektivplan ausgesprochen.
Prozess eint die Abteilungen
„Die Rückmeldungen, die mich aus den Abteilungen erreicht haben, waren zudem durchweg positiv“, berichtet Megerle weiter. Der lange Prozess habe die zehn Abteilungen noch stärker zusammenwachsen lassen. Das war nicht immer so. Führungswechsel, Spannungen zwischen Haupt- und Ehrenamt sowie zwischen den Abteilungen waren keine Seltenheit.
Miteinander steht im Vordergrund
Die Feuerwehr VS als eine Einheit, Kameradschaft sowie ein gutes Miteinander von Haupt- und Ehrenamt, das sind für Kommandant Megerle wichtige Anliegen. Der Perspektivplan sieht eine Stärkung des Hauptamtes vor. Alles wichtige Maßnahmen, um die weit über 400 Ehrenamtlichen zu entlasten, angesichts der stets steigenden Anzahl an Aufgaben und Einsätzen.
99 Prozent leisten die Ehrenamtlichen
Beispielsweise könnten künftig einige Einsätze tagsüber über hauptamtliche Kräfte aus dem neuen Logistikzentrum heraus abgedeckt werden, ein zunehmend wichtiger Aspekt, um das Privatleben der Freiwilligen und die Toleranz von Arbeitgebern für deren Ehrenamt nicht zu überstrapazieren. In der Doppelstadt würden bis heute 99 Prozent der Einsätze über das Ehrenamt geleistet – mittlerweile einmalig in Deutschland. Das soll auch so bleiben, so Megerle, und verweist auf die geringeren Kosten für die Stadt.
Die großen Herausforderungen
Neben Möglichkeiten, mehr Einigkeit und Identität zu stiften, geht der Perspektivplan auch auf den Klimawandel, den demografischen Wandel sowie die Bevölkerungsentwicklung ein. „Bis 2031 sollen hier 95.000 Menschen leben“, sagt Hohloch in seinem Vortrag.
Unter dem Strich wird durch diese Faktoren die Zahl der Einsätze und Aufgaben anwachsen, neue Ansprüche an Fuhrpark, Einsatzmittel und Qualifikationen werden erforderlich. Eine wachsende Wirtschaft werde Mehraufwand im Bereich des vorbeugenden Brandschutzes verursachen. Der Plan gibt einen roten Faden vor, um dieser Entwicklungen gerecht zu werden.
Megerle nennt die nötigen baulichen Veränderungen als eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft. Der Neubau in Weilersbach ist bereits beschlossen. Mit Neubauten in Pfaffenweiler, in Villingen und nicht zuletzt ein neues Ausbildungs- und Logistikzentrum wurden im Perspektivplan weitere anstehenden Projekte zeitlich in Reihenfolge gebracht, Kosten überschlagen. Ein solcher Investitionsplan pro Haushaltsjahr existiert auch für Fahrzeuge, Ausrüstungsgegenstände oder Schutzausrüstung.
Mehr Personalist eingeplant
Beim Personal sind für die Bereiche Verwaltung, Technik, Werkstätten, Einsatzplanung, Zivilschutz, Bevölkerungsschutz, vorbeugender Brandschutz sowie für die Ausbildung fast 20 neue Stellen vorgesehen. Auch die Digitalisierung gilt es zu meistern, etwa bei der Erfassung von Dienstzeiten.
Die anstehenden Aufgaben und Investitionen wurde im Ausschuss einhellig als eine bedeutende finanzielle Herausforderung für die Stadt gewertet. Allerdings sei der Brandschutz eine Pflichtaufgabe und der Perspektivplan dafür ein guter Leitfaden.
Das Leuchtturmprojekt
Für das Ausbildungs- und Logistikzentrum, geplant in Modulbauweise, um später erweitern zu können, sind in der Vorlage knapp 4,5 Millionen Euro an Investitionen vorgesehen. Für den Baubeginn wurde ein Zeitraum von 2023 bis 2024 definiert, die Fertigstellung spätestens für das Jahr 2026. Zwei mögliche Standorte im Zentralbereich sind bereits im Gespräch: ein bestehendes Industriegebäude Auf Herdenen 16 sowie eine unbebaute Fläche an der Wilhelm-Schickard-Straße 10.
In diesem Feuerwehrzentrum sollen Bereiche wie Werkstätten, Technik, Reinigung, Verwaltung und hauptamtliche Mitarbeiter gebündelt werden. Auch sollen hier Sonderfahrzeuge Unterstand finden und Ausbildungs- und Übungsmöglichkeiten geschaffen werden. Die Ausbildung soll vor allem die Grundausbildung abdecken, die in der bestehenden Struktur ein Nadelöhr für Nachwuchskräfte darstellt, um zügig in den aktiven Dienst zu gelangen. Hier ist zudem eine Zusammenarbeit auf Landkreisebene angedacht.