Die Vorschläge könnten unterschiedlicher nicht sein: Der Ältestenrat der Stadt wünscht sich mehr Wahlplakate in der Stadt. Die Gemeinderatsfraktion der Freien Wähler hat diesen Vorschlag aufgegriffen und seinerseits angeregt, die Stadt möge doch mehr Raum bieten für diese Form der politischen Auseinandersetzung.
Konkret geht es darum, Sandwich-Plakate, also Plakate mit Vorder- und Rückseite, als ein Plakat zu zählen und nicht wie bisher als zwei.
Zwei unterschiedliche Vorschläge
Die AfD hingegen würde auf die Plakatierung mit wenigen Ausnahmen am liebsten ganz verzichten. Eine entsprechende Anregung formulierte sie in einem Antrag. Gemeinderat Martin Rothweiler sagte im Verwaltungsausschuss, diese Art der Wahlwerbung sei längst überholt, sodass sich die Parteien diese Arbeit sparen könnten. Weil aber auch die AfD nicht ganz auf Plakate verzichten will, regt sie an, dass die Stadt an ausgewählten Plakatständern Platz für Wahlplakate schaffen könnte.

Wahlplakate weiter möglich
Beide Vorstöße sind der Sitzung des Gemeinderats durchgefallen. Nach dem Willen einer Mehrheit bleibt es weitgehend bei der bisherigen Lösung, nachdem sich bereits der Verwaltungsausschuss und nun auch der Gemeinderat mehrheitlich dagegen ausgesprochen hatte, diese Form der Wahlwerbung fast ganz einzudampfen.
In der Tat ist es umstritten, welche Bedeutung Plakate im politischen Wettbewerb vor Wahlen zukommt. Sie gehören seit Jahrzehnten zum Standardrepertoire fast jeden Wahlkampfes. Die Botschaften sind meist ebenso simpel wie kurz und austauschbar, doch bleiben sie auch in Zeiten der zunehmenden Bedeutung sozialer Medien ein Faktor, gleichwohl bleibt ihre Wirkung umstritten und unklar.
Wirkung der Plakate unklar
Mittels Befragungen lassen sich zumindest Vermutungen anstellen. So haben in einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung nach der vergangenen Bundestagswahl 92 Prozent der Befragten angegeben, dass sie ein Wahlplakat gesehen hätten.
Das spricht für eine hohe Wahrnehmung, sagt aber natürlich nichts über die Entscheidungsfindung oder die tatsächliche Stimmabgabe aus. „Ein Effekt lässt sich nicht messen“, heißt es von der CDU-nahen Stiftung. Viele Studien kommen zu dem Ergebnis, dass es letztlich viel mehr auf das Bild als auf den Text ankommt.
Zudem sind sich Wissenschaftler und Politikberater weitgehend einig, dass Wahlplakate der Mobilisierung nutzen. „Wer gewählt werden möchte, sollte also auch weiterhin Gesicht zeigen“, heißt es in einem Aufsatz der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Eine Einschätzung, die auch der Politik- und Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider in Stuttgart teilt. Der an der Universität Hohenheim lehrende Professor untersucht seit mehr als 20 Jahren die Wirkung von Wahlplakaten. Er kommt zu dem Schluss, dass über Wahlplakate Wählerinnen und Wähler aller Bevölkerungsgruppen erreicht werden können, was dieser Form der Wahlwerbung durchaus Vorteile gegenüber Social-Media-Kampagnen verschaffe.
Was die Verwaltung denkt
Auch die Stadtverwaltung kommt in ihrer Stellungnahme zum Antrag der AfD zum Schluss, dass mit der Verringerung der Zahl von Wahlplakaten die Wahrnehmbarkeit und Reichweite der Wahlwerbung im öffentlichen Raum leide. „Dadurch würde die dezentrale Präsenz beziehungsweise die flächendeckende Sichtbarkeit der Parteien im öffentlichen Raum sinken“, heißt es in der Abwägung.
So ändert sich an der bisherigen Praxis der Stadt Villingen-Schwenningen nach dem Willen des Gemeinderats ganz wenig. Mit Blick auf gleichzeitig stattfindende Wahlen und Abstimmungen wie 2024 regte die Grünen-Fraktion an, künftig nur noch 300 Plakate pro Wahl- und Abstimmungstermin zuzulassen – ein Vorschlag, der eine breite Mehrheit fand.
Zusätzlich soll künftig verlangt werden, dass alle Plakate mit einer amtlichen Genehmigungsplakette versehen sind. Dadurch will das Ordnungsamt verhindern, dass zu viel plakatiert wird. Diese Entwicklung habe es bei den letzten Kommunal- und Landtagswahlen sowie bei der Bundestagswahl gegeben.
Keine Änderungen soll es im Übrigen bei den Großplakaten an den Stadteingängen geben. Hier gilt weiter der Grundsatz, dass sich die Parteien bei der Stadtverwaltung melden sollen.