Spielabbrüche im Amateurfußball sind eher die Ausnahme als die Regel. Aktuell müssen sich die Sportrichter im Fußballbezirk Hochrhein jedoch mit einem Fall befassen, der ein Novum darstellt. Im Bezirksliga-Spiel am Samstag beim SV Buch verließ die Mannschaft des TuS Stetten, ein Stadtteilverein in Lörrach, geschlossen das Terrain – bei einer 2:1-Führung.

Die Spieler hatten eine rassistisch motivierte Beleidigung gegen ihren Stürmer Muhamadou Krubally vernommen. Als Quelle der verbalen Entgleisung machten die Fußballer ausgerechnet den Unparteiischen aus.

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Einen ähnlich gelagerten Fall gab es im Bezirk Hochrhein im September 2018. Seinerzeit verließ der Kreisligist SC Lauchringen vorzeitig den Platz, nachdem ein aus Afrika stammender Mitspieler von einem Zuschauer rassistisch beleidigt worden war.

Am Samstag in Buch gab es für den Lörracher Trainer Sascha Müller und seine Akteure gab es in der 70. Spielminute keine zweite Meinung: „Genau der gleiche Spieler wurde vor einigen Wochen schon einmal angegangen. Damals hat ihn der Betreuer einer gegnerischen Mannschaft beleidigt. Das steckt noch immer in uns allen drin.“

Platzverweis ist nicht der Grund

Voran gegangen war dem Abbruch ein Platzverweis für den 28-jährigen aus Gambia, der schon mehrere Jahre im Kreis Lörrach lebt. Aus Stettener Sicht eine harte Entscheidung: „Ich habe es zwar anders gesehen, aber um den Platzverweis geht es gar nicht“, erklärt Müller: „Der Schiedsrichter sagt, dass der Schwarze jetzt vom Platz gehen soll – und das kann nicht sein.“

In einer Stellungnahme des Vereins, die Sportchef Franco Vitteriti nach dem Vorfall an die zuständigen Institutionen des Südbadischen Fußballverbands (SBFV) geschickt hat, betont er ausdrücklich: „Das ist nicht unser Schwarzer, sondern Muhamadou Krubally, unsere Nummer 9.“

Ehemaliger Staatsanwalt schaltet sich ein

Vitteriti und der TuS Stetten gehen sogar soweit, dass sie ein verstärktes Handeln des Verbands in Sachen „Rassismus“ fordern: „Es kann nicht sein, dass die Geldstrafe kassiert wird und das war es dann.“ Der TuS Stetten überlege ernsthaft, mit seinen Mannschaften den Spielbetrieb zu bestreiken, erfolge keine offizielle Reaktion: „Das Grundgesetz steht noch immer über dem Spielrecht des SBFV.“

Befassen wird sich mit dem Fall nun Stephan Zäh aus Freiburg. Der 63-jährige Jurist, der auf eine lange Tätigkeit als Staatsanwalt zurück blickt, leitet die „Kontrollstelle“ des SBFV: „Wir befassen uns mit besonderen Fällen im Verbandsgebiet und übernehmen die Ermittlungen“, erklärt Zäh, dem neben der Stellungnahme des TuS Stetten auch der Bericht des Schiedsrichters vorliegt.

Diese Folgen drohen dem Schiedsrichter

Dennoch werde er bei den Vereinen nachhaken, vor allem in Bezug auf den Moment des Abbruchs: „Die Beteiligten haben binnen einer Woche die Möglichkeit zu einer Stellungnahme und zur Benennung von Zeugen.“

Gleich einem Staatsanwalt leitet Zäh die Ermittlungen und wird – in Absprache mit den Beteiligten – zu einem Urteil in Sachen Bestrafung für Beteiligte und ins Sachen Spielwertung kommen: „Es sind ja rechtlich gesehen zwei Vorgänge. Wird das von mir erarbeitete Urteil von den Beteiligten akzeptiert, gebe ich die Sache weiter an den zuständigen Sportrichter, der dann genau dieses vereinbarte Urteil spricht.“ Stimmen die Beteiligten nicht zu, werde das Sportgericht ein eigenes Urteil fällen.“

So sei das auch beim Fall im August geschehen: „Der Verein bekam eine Geldstrafe und dem Betreuer wurde für ein Jahr die Ausübung einer offiziellen Tätigkeit untersagt“, so Stephan Zäh, der im aktuellen Fall auf die besondere Brisanz hinweist: „Vorgeworfen wird diese spezielle Form der Beleidigung ausgerechnet einem Schiedsrichter.“