Robert Scheel ist ein vielbeschäftigter Mann. Da kann es schon mal vorkommen, dass er direkt von der Arbeit ins Training beim SC Konstanz-Wollmatingen fährt. Wenn seine Mitspieler lässig in ihren Sportklamotten in der Kabine lümmeln und der 32-Jährige in Hemd und Anzug in die Besprechung platzt, dann „kommt schon der eine oder andere Spruch“, so Scheel.
An der Seite von Ingo Lenßen
Meist folgt sofort ein schlagfertiger Konter, denn Scheel weiß, wie man pointiert argumentiert. In der Landesliga ist er Angreifer, sein Beruf dagegen ist Verteidiger. Besser: Strafverteidiger. Scheel arbeitet für einen der bekanntesten deutschen Anwälte, Ingo Lenßen.
Bei der Arbeit gehört Scheel zu den Jüngeren. „In den ersten drei Jahren gilt man als Berufsanfänger, diese Zeit ist jetzt knapp vorbei“, sagt der 32-Jährige, der sich dennoch mehr durchsetzen muss als seine erfahreneren Kollegen: „Meist wird jüngeres Alter mit mangelnder Kompetenz missverstanden. Das muss ich dann mit Leidenschaft, Fleiß und Intelligenz wettmachen.“
Auf dem Sportplatz hingegen ist Scheel im „goldenen Fußballherbst“, wie er sagt – und setzt auch dort Leidenschaft, Fleiß und Intelligenz ein. „Die Kondition ist nicht das Problem, aber die Spritzigkeit wird mit den Jahren weniger“, erklärt er. „Mit dem Alter wächst aber die Erfahrung. Außerdem wird man weniger hitzig. Früher habe ich manchmal weniger bedacht gehandelt, jetzt konzentriere ich mich auf den Fußball“, ergänzt er schmunzelnd.
Überhaupt gibt es so einige Parallelen zwischen Beruf und Sport. „Bei der Kommunikation mit dem Schiedsrichter ist es wie im Gerichtssaal: der Ton macht die Musik. Man sollte gewisse Dinge ansprechen dürfen, es ist aber wichtig, dass man respektvoll miteinander umgeht“, erklärt Scheel. „Wir sind Freizeitsportler und wollen alle Spaß haben auf dem Fußballplatz – und meist gewinnt am Ende der Bessere.“
Oft sind es ähnliche Fragen
Der sportliche Ehrgeiz ist auch im Job nicht hinderlich. „Mit dem Unterschied, dass ich dort nicht um Punkte, sondern für meinen Mandanten kämpfe. Man handelt nicht um jeden Preis, aber in den Grenzen des Erlaubten.“ Und ähnlich wie seine Mannschaft auf die Landesligaspiele, bereitet er sich auf Verhandlungen vor. „Man hat eine Taktik, kennt den Gegner, sieht Stärken und Schwächen. Habe ich eine starke oder schwache Beweislage? Agiere ich offensiv, oder lauere ich auf Konter?“
Robert Scheel ist in Jersbek, einem 2000-Einwohner-Örtchen vor den Toren von Hamburg, groß geworden. Dort hat er für den SSC Hagen Ahrensburg in der Oberliga gespielt, ehe er entschied, „die heimische Scholle zu verlassen, wie wir im Norden sagen“, so Scheel. Über Heidelberg verschlug es ihn 2020 an den Bodensee, wo er sein Referendariat am Landgericht Konstanz machte und den Job bei Ingo Lenßen bekam.
Der Fußball als Anlaufstelle
„Meine erste Anlaufstelle an einen neuen Ort war immer der Fußball“, sagt Scheel. „Dort trifft man nicht nur mit Leuten aus seinem Fachbereich zusammen, sondern mit vielen unterschiedlichen Charakteren.“
Beim SC Konstanz-Wollmatingen fühlt der 32-Jährige sich wohl – auch wenn er in der Hinrunde nicht fest zur Stammelf beim Landesligadritten gehörte. „Ich bin Sportler. Ich will immer spielen und gewinnen“, sagt der zweifache Torschütze, der oft für Gerichtstermine unterwegs ist und so das eine oder andere Training verpasst.
„Ich kann es mir trotzdem ganz gut einrichten, auch wenn der Beruf vorgeht“, sagt er, „ich bin froh, dass ich einen guten Ausgleich habe und mich abends auspowern kann.“ Wie lange sein goldener Fußballherbst noch anhält und er direkt aus dem Anzug in die Fußballschuhe steigt, das weiß Robert Scheel nicht. „Ich schaue erstmal auf diese Saison, dann sehe ich, wie es weitergeht.“