Die Insel Reichenau bietet nicht nur fruchtbarsten Boden für Gemüse und Salate, sondern auch für talentierte Kicker. Wie die grobe Ackerfurche, ist das feine Fußballfeld aber nicht immer gleich ertragreich, manchmal muss man etwas warten, ehe die Zeit reif ist für einen besonders guten Jahrgang.

Wer wüsste das besser als Rolf Blum, der selbst ein Sprössling des Untersee-Eilands ist und seit nunmehr elf Jahren als Trainer die erste Mannschaft der SG Reichenau/R.-Waldsiedlung hegt und pflegt und bisweilen auch für Zucht und Ordnung sorgt.

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Blum hat mit seinen 42 Lenzen sämtliche Zyklen des Insel-Fußballs miterlebt. Bis zur A-Jugend kickt er für den SV Reichenau, ehe er in den beiden letzten Jugendjahren beim FC Konstanz anheuert. Blum ist besser als viele Reichenauer, doch die Inselflucht hat einen anderen Grund als sein großes Talent.

Der Fußball liegt brach zu jener Zeit. „Wenn man weiterspielen wollte, musste man damals weg“, erinnert Blum sich, „wenn mein Freundeskreis auf der Reichenau gespielt hätte, wäre ich nicht gegangen. Das Schönste ist doch, da zu kicken, wo es Spaß macht, mit den Kumpels, egal ob in der Verbands- oder Bezirksliga.“

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Diese wenigen Sätze sagen viel aus über die Art und Weise, wie er binnen einer Dekade den Fußball auf der Insel in die Bezirksliga und zu neuer Blüte geführt hat.

Als Rolf Blum 2010 zum Ende seiner Aktiven-Laufbahn nach Jahren in der Verbands- und Oberliga beim FC Konstanz, FC Radolfzell und FC Singen 04 zurückkommt, vegetiert die erste Mannschaft in der Kreisliga B vor sich hin. „Das Team bestand aus drei, vier Reichenauern, sonst waren es nur Auswärtige“, blickt Blum zurück.

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Das soll sich schon bald ändern. Vor seiner Zusage als Spielertrainer erfährt der damals 32-Jährige von Abteilungsleiter Wolfram Spitzhüttl, dass in der Jugend etliche zarte Pflänzchen heranreifen, die die Klasse haben könnten, um einmal in höheren Ligen den Platz zu beackern.

„Wenn diese Aussicht nicht dagewesen wäre, hätte ich es nicht gemacht“, gibt Blum zu, für den das junge Gemüse kein unbeschriebenes Blatt ist. „Der SV Reichenau hat 20 Jahre zuvor schon einmal in der Bezirksliga gespielt. Das waren die Söhne der Spieler von damals“, sagt Blum.

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Die Ableger der letzten goldenen Inselgeneration halten schnell, was ihr Talent verspricht. In der ersten Saison gelingt der Aufstieg in die Kreisliga A. Nach fünf Jahren unter Rolf Blum, der wegen eines Kreuzbandrisses mit 38 seine Spielerkarriere beendet, finden die Reichenauer ihr neues Habitat, die Bezirksliga, der sie bis heute angehören.

Wurzeln auf der Reichenau

In dieser Zeit lässt Blum fast keinen Stein auf dem anderen und gräbt alles komplett um. Er zieht sich ein Team heran, in dem bis auf die Torhüter alle Spieler ihre Wurzeln in der Gemeinde Reichenau haben.

Keiner muss mehr die Insel verlassen, um gepflegten Fußball mit den Kumpels spielen zu dürfen, wie einst der junge Blum. „Wir haben zwei, drei Spieler, die definitiv besser wären, aber die bleiben trotzdem“, sagt der Trainer und Macher nicht ohne Stolz. „Es war meine Wunschvorstellung, dass es einmal so läuft.“

Der Stamm der Mannschaft ist quasi sortenrein. Die Insulaner haben eine verzweigte Verwandtschaft. „Die Blums sind Cousins, die Sätteles auch. Sie sind mit den Gassers verwandt, die Weltins über drei Ecken mit uns. Und dann gibt es noch die Eiermänner“, sagt Rolf Blum und lacht.

Traurig stimmt es ihn, dass er nicht alle Nachwuchsspieler mitnehmen kann in sein Team. Manches Früchtchen ist nicht kräftig genug für die Bezirksliga. „Die stehen dann aber trotzdem am Sportplatz und schauen zu“, sagt Blum.

„Wir geben unser Geld lieber für die Feiern aus als für auswärtige Verstärkungen.“
Rolf Blum, Trainer der SG Reichenau/Waldsiedlung

Da sehen sie, wie Freunde und Familie die Bezirksliga aufmischen. „Mehr ist für einen Dorfverein mit unserer Struktur gar nicht drin“, sagt Rolf Blum. „Wir geben unser Geld lieber für die Feiern aus als für auswärtige Verstärkungen“, sagt der Trainer – und fügt hinzu: „Von der Qualität wäre das obere Drittel der Bezirksliga drin.“

Die bestmögliche Platzierung will Blum aber nicht erzwingen. „Klar, steht der Leistungsgedanke im Vordergrund. Das Bier schmeckt besser nach einem Sieg, aber mir ist es lieber, dass sich Erfolg und Spaß die Waage halten.“ Auch wenn das bedeutet, dass er sich bisweilen grün ärgert. Dagegen ist auch auf der Reichenau kein Kraut gewachsen.

Im elften Jahr Trainer

„Ich bin jetzt im elften Jahr Trainer, da kann es nicht immer nur bergauf gehen. Es ist bei aller Freundschaft auch bei uns nicht immer alles eitel Sonnenschein“, weiß Blum und erzählt von einer Saison mit fünf Auftakt-Niederlagen. „Und was machen die Jungs?“, fragt Blum und gibt die Antwort gleich mit: „Sie gehen alle zum Mofarennen, feiern mit ihren Freunden. Das wurmt schon. Du investiert viel Herzblut und sie machen lieber Blödsinn.“

So richtig sauer ist der Trainer aber nicht, er weiß ja, wie seine „Buben“ ticken. „Sie geben immer alles, deshalb kann ich ihnen auch nie lange böse sein. Ich würde für jeden von ihnen die Hand ins Feuer legen.“

Für Nachwuchs ist gesorgt

Was die Zukunft angeht, sieht es gut aus auf der Gemüseinsel. Für Nachwuchs ist gesorgt. „Wir haben jede Jugend besetzt, das ist für unsere Gemeinde eine Riesenleistung“, sagt Rolf Blum, der selbst seit vier Monaten Vater eines Sohnes ist.

Mit Co-Trainer Simon Weltin hat er zudem ein 27 Jahre junges Eigengewächs an seiner Seite, das ihn einmal beerben könnte. Der Boden ist bereitet – für die Trainerbank und das Fußballfeld. Alles im grünen Bereich auf der Insel Reichenau!