Ein wenig nervös schaut Levi doch in die Kamera, als die nächste Folge des virtuellen Handball-Sport-Gartens der HSG Konstanz auf Youtube beginnt. So viele Lichter und Kameras.
Sobald Trainer Kai Mittendorf aber das Stichwort „Stopptanz“ ins Mikro spricht, leuchten die Augen des Fünfjährigen. Musik ertönt, Levi fängt an zu tanzen – und als die Melodie endet, bleibt der Junge im Trikot mit der Nummer 2 wie angewurzelt stehen. „Stopptanz“ eben.
Viele Konstanzer Kinder haben diese Übung während des ersten Sport-Lockdowns im Frühjahr kennen und lieben gelernt. Dank Levi und seinem zwei Jahre älteren Bruder Lio, der die 6 auf dem Hemd trägt, so wie früher sein Papa Tobias Eblen.
Die beiden Nachwuchs-Schauspieler sind die Söhne des HSG-Urgesteins und seit einigen Monaten unter ihren Altersgenossen in der Stadt so etwas wie kleine Promis. „Wir sind schon bei Levi im Kindergarten angesprochen worden, Lios Sportlehrerin hat uns geschrieben“, sagt Vera Eblen, die Mutter der Vorturner.
Ein Riesenabenteuer für die beiden Jungs
Sie war es auch, die das „Riesenabenteuer“ der beiden Jungs, wie sie es nennt, mit ins Leben gerufen hat, als plötzlich zum ersten Mal nichts mehr ging im Sport. Die Lehrerin hat selbst bis im März Kurse gegeben im Handball-Sport-Garten des Zweitligisten, einer vom Freundeskreis des Deutschen Handballs unterstützten betreuten Ballschule für Mädchen und Jungen von 3 bis 6 Jahren. Bis zu 180 Kinder nahmen in verschiedenen Gruppen daran teil. „Als von heute auf morgen gar nichts mehr ging, haben wir einen Ersatz gesucht“, sagt Vera Eblen.
Die Hallen blieben geschlossen, doch bei der HSG Konstanz wollten sie weiter eine Art Training für die vielen Kinder anbieten. So entdeckten sie das Internet als Bühne für sich. Zunächst sollten verschiedene Kinder vor der Kamera stehen, „doch dann wurde die Lage immer zugespitzter. Es durften nur noch zwei mitmachen, und dann fiel die Wahl auf Lio und Levi“, sagt Vera Eblen. „Sie haben es gerne gemacht, waren am Anfang aber mega nervös.“
Viel Zeit für großes Lampenfieber blieb aber überhaupt nicht, so fix musste alles gehen. So lange es noch möglich war, wurde in einem Studio im Bodenseeforum gedreht. „Ich habe ihnen noch auf die Schnelle selbst die Haare geschnitten – und dann ging es schon los“, erinnert Mutter Vera sich.
Jeweils drei der etwa 15 Minuten langen Folgen wurden in einer Sitzung aufgenommen. „Die Resonanz war von Anfang an groß“, sagt Vera Eblen“, immer um die 1000 bis 1500 Leute haben sich die Clips angeschaut.“ Sie sahen, wie Levi auf allen Vieren über den Boden krabbelt oder wie Lio sich ein Kissen durch die Beine wirft. Und vor allem hatten sie eine Möglichkeit, vor dem Computer in den eigenen vier Wänden Sport zu treiben.
Mitgliederzahl hat sich fast verdoppelt
Viele Eltern aus Levis Kindergarten schrieben den Eblen-Jungs, dass ihr Nachwuchs begeistert jeden Tag die Übungen mitmacht. „Die Kinder aus der Schule haben mich gefragt, wie es war, und zwei aus meiner Klasse haben auch selber mitgemacht“, sagt der siebenjährige Lio.
„Am Anfang hatten alle gehofft, dass es nur vier Wochen geht“, sagt Vater Tobias Eblen – am Ende waren die Kids aber mehrere Monate ohne ihren Sport in der Halle oder auf dem Platz. Virtuell aber blieben viele aktiv. In der Zwischenzeit hat sich die Mitgliederzahl im Handball-Sport-Garten von 180 auf 350 fast verdoppelt. Und Lio und Levi Eblen können sich auch ein halbes Jahr später immer noch köstlich amüsieren, wenn sie sich gemeinsam mit Kai Mittendorf auf dem Bildschirm sehen beim Werfen, Rennen, Hüpfen – oder natürlich beim Stopptanz.