Handball, 3. Liga: HSG Konstanz – SV Kornwestheim 33:37 (20:18). – Wenn die Wintersonne untergeht, die Straßen frieren und dicke Schneeflocken vom Himmel fallen, gibt es kaum etwas schöneres, als es sich gemütlich zu machen in der warmen Stube. Das dachten sich wohl auch die Drittliga-Handballer der HSG Konstanz am Abend vor dem ersten Advent. Blöd nur, dass sie in einer fensterlosen Kabine saßen und nicht mit einer Tasse Tee in den Händen das weiße Treiben draußen bestaunen durften. Sie hatten ja noch ein Heimspiel zu bestreiten gegen den SV Salamander Kornwestheim.

Als erst wenige Minuten gespielt waren, staunten nicht wenige unter den 850 Zuschauern, die die Schänzlehalle dem heimischen Wohnzimmer vorgezogen hatten, dass die Gäste aus dem Schwäbischen mit 2:0 vorne lagen. Die Gastgeber taten sich zwar weiter schwer in der ersten Hälfte, doch langsam aber sicher erspielte sich der favorisierte Zweitliga-Absteiger eine komfortable 12:8-Führung (19.). Der Vier-Tore-Vorsprung hielt bis kurz vor der Pause.

Alles schien seinen gewohnten Gang zu nehmen. Noch schnell die zweite Hälfte zu Ende spielen, dann gibt‘s zur Belohnung zwei Punkte und einen Glühwein. „Bis zum 20:16 war es einigermaßen gut“, sagte auch HSG-Trainer Jörg Lützelberger, dem jedoch nicht gefiel, was ihm seine Spieler fortan präsentierten: „Wir bekommen noch den letzten Ball rein, weil wir nicht eng genug in der Abwehr sind.“ Statt nach dem 20:17 die letzten Sekunden bis zur Halbzeit herunterzuspielen und vielleicht selbst noch zu treffen, versuchten es die Konstanzer mit einem Trickpass. Der Ball war weg und schnell wieder im eigenen Tor.
So ging es mit 20:18 in die Kabine, statt mit einem möglichen 21:17. Hätte nicht der starke Torhüter Tom Göres schon in den ersten 30 Minuten acht Angriffe entschärft, wäre es in der Pause womöglich noch ungemütlicher geworden für die Gastgeber, bei denen Felix Sproß angeschlagen ins Spiel ging sowie mit Sebastian Hutecek (gebrochener Finger) und Mathieu Fenyö die Ausfälle Nummer fünf und sechs hinzukamen.
Doch auch ohne die beiden wäre mehr drin gewesen gegen einen starken, aber nicht übermächtigen Gegner. „Wir können und wollen Kornwestheim schlagen“, sagte Trainer Lützelberger, der weiß, dass seine Mannschaft „grundsätzlich die Heimspiele gewinnen“ sollte mit Blick auf die Aufstiegsrunde. Dass am Ende aber kein Sieg, sondern die zweite Heimniederlage der Saison stand, lag an der Schlafmützigkeit, mit der die Konstanzer zurück aufs Parkett kamen. „Das ist ein bisschen unser Problem in dieser Saison, dass wir in den fünf bis zehn Minuten nach der Pause nicht frisch sind“, sagte Torhüter Göres, „es sollte unser Hauptaugenmerk sein, das zu verhindern.“ Binnen einer Minute war die Führung dahin und der SV Kornwestheim beim 20:20 zurück im Spiel.
„Wir waren in der zweiten Halbzeit nicht frisch, nicht wach genug und nicht genug im Moment“, sagte der unzufriedene Jörg Lützelberger. „Wir haben oft nicht das gemacht, was wir uns vorgenommen hatten in verschiedenen Situationen.“ In der 36. Minute führten die Gäste erstmals wieder mit einem Tor Vorsprung (24:25), fünf Minuten später mit zwei (26:28) und wieder fünf darauf mit drei Treffern Differenz (27:30). Hätte nicht immer wieder Göres freie Würfe der Kornwestheimer pariert, die Partie wäre früh entschieden gewesen.
„Ich hoffe, ich kann aus diesem Spiel für mich viel mitnehmen für die Saison“, sagte der 26 Jahre alte Keeper, der sich dennoch nicht über seinen guten Auftritt freuen mochte. „In solchen Momenten gerät die einzelne Leistung in den Hintergrund. Handball ist ein Teamsport und ein Ergebnisspiel, sagte er weiter. „Mit 33 eigenen Toren sollte es unser Anspruch sein, zu gewinnen.“
Dass auf der anderen Seite die Spieler aus dem Landkreis Ludwigsburg gleich 39 Mal jubeln durften, zeigt das Konstanzer Dilemma: die trotz starkem Torhüter schwache Defensive. „Wenn du vier Abpraller gegen dich bekommst, weißt du, dass die Spieler nicht mit dem Kopf bei der Sache sind“, kritisierte Lützelberger. „Es ist nicht schön anzusehen, wenn die Mannschaft 19 Gegentore in einer Halbzeit bekommt.“ Und doch kämpften sich die Konstanzer fünf Minuten vor Schluss auf einen Treffer heran (32:33), bekamen den nächsten Angriff unglücklich abgepfiffen und ließen Kornwestheim bis zum 33:37-Endstand davonziehen. „Wir haben ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht und am Ende vielleicht auch das nötige Spielglück auf unserer Seite gehabt“, sagte Gästetrainer Alexander Schurr, während sein Gegenüber Lützelberger sich ärgerte: „Damit können wir auch erstmal etwas kleinere Brötchen backen und müssen uns nicht mehr so viele Gedanken über eine Tabellenführung oder sonst etwas machen. Die zwei Minuspunkte tun uns brutal weh.“
Bereits am kommenden Sonntag hat seine Mannschaft gegen die SG Pforzheim/Eutingen in eigener Halle die Chance auf Wiedergutmachung. Wobei? „Die Punkte, die du zuhause nicht holst, sind nicht wiedergutzumachen. Die sind weg“, sagte Lützelberger, der hofft, dass der Tabellenzweite „vielleicht der richtige Gegner im richtigen Moment ist, wenn wir nicht den Favoritenstatus haben“. Sollten seine Spieler dann nicht etwas weniger gemütlich auftreten als gegen Kornwestheim, dann heißt es auch am zweiten Advent Stille Nacht statt Schänzlehölle.
HSG Konstanz: Wolf, Göres (15 Paraden) (Tor); Stotz (1), Czako (2), Foege (1), Michelberger (4), Sproß (4), Erifopoulos (6), Schmid, Knipp, Beckmann (6), Pliuto, Ingenpass, Köder (9/4), Soos. – Z: 850.