Eishockey: Drei bis vier Mal donnerte er seine Torwartkelle mit aller Gewalt gegen den Torpfosten, bis sie brach. Man konnte die Wut von Dustin Strahlmeier sowohl deutlichst sehen als auch verstehen. Da hatte der Goalie die Schwenninger Wild Wings in Nürnberg minutenlang zumindest in Schlagdistanz gehalten, mehrere Konter der Ice Tigers zunichte gemacht, nur um dann das vierte Gegentor hinnehmen zu müssen. Der letzte Gegentreffer war allerdings wohl nur zum Teil Auslöser für den Wutanfall des Torhüters.
Die 1:4-Niederlage in Nürnberg zeigte einmal mehr die ganze Misere der Schwarzwälder. Es war kein richtig schlechtes Spiel, das die Wild Wings im Frankenland gezeigt hatten. Aber eben auch kein richtig gutes. „Ich hatte erwartet, dass wir uns besser präsentieren, uns mehr anstrengen. Wir waren nicht so konkurrenzfähig wie ich es erwarte“, erklärte ein erneut sichtlich angefressener Paul Thompson. „Wir haben unsere zahlreich mitgereisten Fans sehr enttäuscht.“ Die Frustration beim Schwenninger Trainer war beinahe greifbar.
Nicht nur der Coach war frustriert, auch die 600 Wild Wings-Anhänger, die mit dem Sonderzug nach Nürnberg gereist waren. Zunächst war geplant gewesen, dass die Mannschaft mit den Fans in diesem Zug zurückfahren sollte, dies wurde jedoch vom organisierenden Fanprojekt abgesagt. Seitens der Wild Wings hatte es zuvor die Ansage gegeben, dass die Mannschaft mitfahren solle. „Die Stimmung in unserem Block war bei einigen wenigen Fans doch ziemlich aufgeheizt“, berichtete der Fanbeauftragte und Mitorganisator Wolfgang Jack. „Wir – das Fanprojekt und die Fanbeauftragten – haben uns deshalb gemeinsam entschieden, kein Risiko einzugehen, dass die Situation vielleicht dann doch eskaliert, auch was die Fans untereinander angeht.“
Dass die Schwenninger Anhänger derzeit nicht besonders zufrieden mit ihrer Mannschaft sind, lässt sich zuallererst an der Tabelle ablesen. Zu viele Wochen sind die Neckarstädter mittlerweile schon wieder Letzter. Das schlägt nicht nur den Fans aufs Gemüt. Auch Paul Thompson wird zunehmend ungehaltener. Am vergangenen Freitag nach der mehr als unnötigen 4:5-Heimniederlage gegen die Kölner Haie wurde der Brite sehr deutlich in seiner Analyse, nachdem seine Mannschaft in den letzten sechs Minuten eine 4:2-Führung verspielt hatte. „Ich bin wirklich total am Boden zerstört. Wenn man sich selbst in die Lage gebracht hat, das Spiel gewinnen zu können, darf man dann nicht so auftreten. Das war dumm und wir haben unseren Job schlicht nicht gemacht“, ging Thompson mit seinem Team zurecht hart ins Gericht und fügte direkt an: „Das war für mich das bisher enttäuschendste Spiel dieser Saison.“
Tatsächlich folgte mit der Niederlage in Nürnberg schon die nächste Enttäuschung. Die Spieler selbst tun sich nicht nur schwer auf dem Eis, sondern mittlerweile auch außerhalb der Spielfläche. Christopher Fischer hatte die undankbare Aufgabe, eine Erklärung liefern zu müssen. „Es ist schwer, Worte zu finden“, sagte der Verteidiger. „Diese leichten Fehler, diese Unkonzentriertheiten, auch manchmal Pech – da kommt irgendwie alles zusammen. Im Moment verkrampfen wir einfach. Das hat schon damit zu tun, dass man ganz unten steht. Aber wir müssen weiter arbeiten und die Fehler abstellen. Der Trainer kann nichts dafür, wir vergeigen es.“ Eine durchaus glaubhafte Solidaritätsbekundung von Fischer. Ob sie allerdings auch bei den Gesellschaftern und der sportlichen Leitung Gehör findet, wird sich zeigen. Zunächst ist aber die Mannschaft in der Pflicht. Allerdings bräuchte es dafür mindestens einen Spieler, der vorweg geht, einen sogenannten Emotional Leader wie es beispielsweise Bastian Schweinsteiger für die deutsche Fußballnationalmannschaft war. Bei den Schwenninger Wild Wings ist dieser Führungsspieler im Augenblick nicht in Sicht.