Die Wild Wings haben sich dazu entschieden, mit Jamie MacQueen ihren derzeit punktbesten Stürmer freizustellen. Wie kam es zu dieser überraschenden Maßnahme?
Zunächst einmal war es eine gemeinsame Entscheidung aller Beteiligten, sowohl der sportlichen Leitung als auch der Geschäftsführung und des Trainerteams. Ich werde nichts zu den internen Gründen sagen, schon allein aus Respekt gegenüber Jamie MacQueen. Tatsächlich ist er natürlich nicht der Schuldige an unserer Situation, aber auch er war schlicht nicht gut genug die letzten Wochen. Ihn hat es jetzt getroffen. Unsere besten Spieler müssen jeden Tag und jede Minute unsere Topspieler sein. Und sie müssen genau das auch wollen.
Dennoch dürfte es eine Entscheidung sein, die nach außen nicht einfach vermittelbar ist. Wie gehen Sie damit um?
Ich muss damit umgehen und ich werde damit umgehen. Wir müssen besser werden, das steht über allem. Ich komme jeden Tag in die Arena mit dem Ziel, dass ich mich verbessere, dass ich mein Team verbessern kann und jeden Spieler besser machen will. Umgekehrt soll aber das Team mich auch verbessern. Dafür haben wir als Trainerteam in den letzten Wochen viel mit der Mannschaft gesprochen, viele Einzelgespräche geführt. Ich habe schon vor vier Wochen gesagt, dass damit endlich Schluss sein muss. Ab sofort will ich nur noch Taten sehen. Ich habe wirklich genug von diesen Meetings und Gesprächen. Jetzt müssen wir endlich den nächsten Schritt machen und Charakter zeigen.
Angesichts der sportlichen Situation wäre der ,normale‘ Vorgang gewesen, dass Sie als Trainer hätten gehen müssen. Wie haben Sie die vergangenen Tage erlebt?
Ich hatte keinen Einfluss darauf, also habe ich ganz normal weitergearbeitet. Natürlich hatte ich schon viele schlaflose Nächte. Mir liegt diese Arbeit hier am Herzen. Es kümmert mich, was mit diesem Klub passiert. Ich hinterfrage mich natürlich auch, aber ich weiß eben auch, was ich kann. Ich glaube an mich. Die Wild Wings tun das offenbar auch, sonst wäre ich sicher nicht mehr hier. Die Verantwortlichen sehen jeden Tag meine Arbeit und schätzen sie offensichtlich, sie stehen völlig hinter mir.
Und die Mannschaft?
Ebenfalls, hundertprozentig. Wenn dies nicht so wäre, hätte ich den Job schon längst nicht mehr. Wenn die Mannschaft einen Trainer nicht will, ist dieser ganz schnell weg.
Waren Sie zuvor schon mal in solch einer Situation?
Nein, in dieser Lage war ich tatsächlich noch nie. Das ist beruflich bislang meine größte Herausforderung. Ich muss aber auch sagen, dass meine Erwartung nie Platz sechs oder sieben war. Ich wollte und will mit diesem Team um Platz zehn kämpfen. Das ist, war und bleibt das Ziel. Wir werden weiter jeden Tag daran arbeiten. Ich glaube daran, dass die Mannschaft gut genug dafür ist, aber sie muss es auch endlich zeigen. Ich habe mich immer wieder in der Öffentlichkeit vor das Team gestellt, das ist jetzt vorbei.
Auffällig war zuletzt auch, dass die sogenannten Führungsspieler in den wichtigen Momenten nicht zu sehen waren. Wie werden Sie in Zukunft damit umgehen?
Wir haben eine starke Gruppe, so viel ist sicher. Aber natürlich müssen unsere Leader genau diesen Job auch machen. Wir müssen sie dabei unterstützen, müssen vielleicht dem ein oder anderen zeigen, wie er mit dem Druck und der Verantwortung besser umgehen kann. Manches sieht man aber von außen eben nicht. Unser Kapitän Mark Fraser, der im Moment ziemlich in der Kritik steht, hat die Truppe bisher zusammengehalten. Er macht in der Kabine einen sehr guten Job. Die Jungs hören auf ihn, und dabei geht es auch mal ordentlich zur Sache.
Nun wird ein weiterer Verteidiger zum Team stoßen. Was erwarten Sie von Colby Robak?
Wir haben uns schon vor der Freistellung von MacQueen darüber unterhalten, dass wir in der Defensive nochmals nachbessern wollen. Wir brauchen noch einen Verteidiger der beweglich ist, gut mit der Scheibe umgehen kann und zudem Erfahrung und gute körperliche Voraussetzungen mitbringt. Wir haben von Colby Robak einige Spiele aus der finnischen Liga gesehen und uns in Nordamerika nach ihm erkundigt. Natürlich hat er diese Saison bislang nicht gespielt, aber ich denke, dass er uns weiterhelfen kann und wird. Wir erwarten ihn am Donnerstag und wenn es passt, soll er am kommenden Wochenende in München und gegen Straubing spielen. Wir werden dann wohl mit sieben Verteidigern planen, so dass sich Robak etwas eingewöhnen kann.
Der Klub trennt sich zumindest vorerst von seinem Topscorer und holt dafür einen Verteidiger. Wie geht das zusammen?
In dem man sich anschaut, wo unsere Probleme liegen. Da ist zum einen das Thema Konstanz und Konzentration, das betrifft fast das ganze Team. Aber wir haben eben auch Probleme mit dem Spiel aus unserer eigenen Zone. Wir müssen einfacher aus unserer eigenen Zone herauskommen, den Spielaufbau klarer und direkter einleiten.
Robak ist – wenn alle Spieler fit sind – Verteidiger Nummer neun. Was bedeutet das für das bisherige Stammpersonal?
Konkurrenzkampf, ganz einfach. Im Moment ist der Konkurrenzkampf insgesamt noch nicht so groß, da wir einige Verletzte haben. Aber Simon Danner wird zurückkommen und wir sind auch kurz davor, Boaz Bassen dauerhaft aus Ravensburg zurückzuholen. Boaz entwickelt sich sehr gut, soll dort aber mindestens 20 Spiele noch voll machen. So werden wir in nächster Zeit einen guten Konkurrenzkampf haben. Doch darüber werden und dürfen wir uns keine Sorgen machen. Wir werden mit dieser Situation klarkommen, denn wir müssen uns verbessern. Wir haben für diesen Zeitpunkt definitiv schon einen Plan.
Es wurde auch die Verpflichtung eines weiteren Stürmers in Aussicht gestellt. Was für eine Art von Angreifer wird gesucht?
Einen engagierten Stürmer und zwar in allen Bereichen. Das ist hier jetzt nichts gegen Jamie MacQueen, das möchte ich ganz klar sagen. Wir suchen einen Stürmer, der uns vor allem auch beim Spiel Fünf gegen Fünf weiterhilft und in diesen Situationen in der Lage ist, Tore zu machen.
Werden Sie auch am System oder an der Spielidee etwas ändern?
Wir überprüfen unser System laufend und haben immer wieder kleine Anpassungen vorgenommen, das werden wir auch weiterhin tun. Entscheidend ist aber immer, dass sich die Spieler an das vorgegebene System halten. Und da haben wir zuletzt unseren Weg viel zu oft verlassen. Individuelle Fehler und falsche Entscheidungen haben uns etliche Punkte gekostet. Ich werde hier nicht mit dem Finger auf jemanden zeigen, auch nicht auf Jamie MacQueen. Er ist ein Opfer der Situation geworden. Es wurde von uns allen eine wirklich schwierige Entscheidung getroffen, um etwas zu bewegen und zu verändern. Wir stecken da gemeinsam drin. Wir müssen die negative Stimmung, die auch schon bis in die Kabine eindrang, ausblenden. Die Kabine muss stark bleiben und noch enger zusammenrücken. Wir müssen uns und vor allem auch den Fans jetzt etwas beweisen.