Beschreiben Sie bitte Ihre Gefühlslage.

Die Situation ist schwierig. Mir geht es wie fast allen. Auch ich bin hin- und hergerissen zwischen Beruflichem und Privatem. Ich versuche, alle Informationen zu verarbeiten. Das fällt nicht leicht, zumal das Tagesgeschäft weiterläuft. Es gibt weltweit viele Schicksale und weitaus größere Probleme. Ich bin froh, dass in unserem Familienkreis alle gesund sind.

„Mehr Sorgen als Optimismus.“ Wild Wings-Geschäftsführer Christoph Sandner gibt Einblick in seine Gefühlslage. Bild: kat
„Mehr Sorgen als Optimismus.“ Wild Wings-Geschäftsführer Christoph Sandner gibt Einblick in seine Gefühlslage. Bild: kat | Bild: Kaltenbach, Christof

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie an Eishockey denken?

Mehr Sorgen als Optimismus. Wir wissen nicht, wohin die Reise geht, auch wirtschaftlich. Im Eishockey hatten wir noch Glück, dass zumindest die Hauptrunde zu Ende gespielt werden konnte. Dennoch war der Saisonabbruch für uns alle ein Schock.

Wie hart wird die sich anbahnende Wirtschaftskrise das Eishockey treffen?

Natürlich wird die Corona-Pandemie wirtschaftliche Auswirkungen auf das Eishockey haben. Doch auch andere Bereiche sind betroffen. Wir alle werden in den kommenden Jahren Abstriche machen müssen.

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Haben Sie schon eine Ahnung, wie hart es die Wild Wings treffen könnte?

Zur Normalität können wir in den nächsten Wochen jedenfalls nicht übergehen. Das wird noch länger dauern. Möglicherweise wissen wir auch in zwei Monaten nicht, ob die Saison im September beginnen kann oder erst später. Wir arbeiten zwar alle darauf hin, können den zeitlichen Verlauf aber nicht beeinflussen. Solch eine Pandemie lässt sich nicht steuern.

Falls es zwischen den Klubs eine Abstimmung gäbe, würden Sie dafür plädieren, den Saisonstart auf Ende Oktober oder gar November zu verschieben?

Das würde im Moment keinen Sinn machen. Wir müssen von Woche zu Woche, von Monat zu Monat denken. Keiner weiß, ob im Winter noch mal ein Schub kommen wird. Man hat bei dieser Pandemie keine Vergleichswerte. Deshalb bringt es nichts, sich auf irgendeinen Saisonbeginn festzulegen. Einigen wir uns jetzt auf November, könnten aber bereits im September spielen, hätten wir ein Problem. Außerdem haben wir bestehende Verträge. Vor allem die großen Arenen hätten extreme Probleme, um geeignete Termine zu finden.

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Im Moment geht es in erster Linie darum, Kosten runterzufahren. Welche Möglichkeiten haben die Wild Wings?

Unsere Möglichkeiten sind im Vergleich zu anderen Unternehmen momentan gering. Was wir einsparen können, werden wir auf jeden Fall versuchen. Es gibt Spieler, die haben Zwölf-Monats-Verträge und welche mit Acht-Monats-Verträgen. Da prüfen wir aktuell mögliche Szenarien. Bei den Mitarbeitern prüfen wir, ob wir in Kurzarbeit gehen oder nicht. Auch wenn sich ein Großteil im Home-Office befindet, werden wir versuchen, Dinge zu planen. Aber es wäre völlig unseriös, jetzt schon in den Dauerkartenverkauf zu gehen und so zu tun, als ob nichts wäre, Spieler zu verpflichten und sich um Sponsoren zu kümmern. Das wäre der aktuellen Situation nicht angemessen.

Apropos Sponsoren. Haben Sie schon Gespräche geführt oder Signale erhalten?

Wir haben bereits in den vergangenen Monaten Gespräche geführt, wobei unsere sportliche Situation nicht ideal war. Im Moment kriegt man kaum jemanden ans Telefon. Es wäre unseriös, jetzt ein Unternehmen wegen Sponsoring zu kontaktieren. Die Firmen müssen andere Dinge organisieren. Wenn sich nach dem ,Shutdown‘ die Lage in den nächsten Wochen positiv entwickelt, werden wir in die Gespräche gehen und unsere Aktivitäten in allen Bereichen verstärken.

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Sie haben als Geschäftsführer der Wild Wings bereits verfügt, dass momentan keine Verträge mit Spielern unterschrieben werden. Sind sich die Klubs der Deutschen Eishockey Liga in dieser Sache einig, oder handelt jeder Verein für sich?

Im Prinzip muss jeder Klub für sich selbst handeln. Wir haben intern darüber diskutiert, ob wir uns auf eine Art Memorandum einigen, wie es in Schweden vor zwei Wochen eingeführt wurde. Da haben die Klubs der ersten und zweiten Liga vereinbart, keine Verträge abzuschließen, was in der jetzigen Situation definitiv sinnvoll ist. Jetzt Verträge abzuschließen, wäre fatal. Ich kann doch keinen Vertrag für den ersten August unterschreiben und weiß noch nicht mal, ob es auch wirklich losgeht. Jeder Klub muss das selbst verantworten. Das Commitment untereinander wird ohnehin nicht hundertprozentig funktionieren. Aus Schweden habe ich die Information, dass es die ersten Tage zwar gut geklappt hat, sich der ein oder andere Klub inzwischen aber nicht mehr an die Abmachung hält.

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Die DEL-Klubs dürfen pro Saison elf ausländische Profis verpflichten. Wird man da besonders vorsichtig sein, weil zur Stunde überhaupt noch nicht klar ist, ob die betreffenden Spieler überhaupt anreisen dürfen?

Das sind Fragen, die in den nächsten Wochen auf uns zukommen können. Deshalb ist es schwierig, das Wirtschaftliche zu planen. Ein Großteil der Verträge beginnt bei uns im Sommer, Anfang August, wenn die Spieler eintreffen. Aber was passiert, wenn am 15. Juli alles gut aussieht und wir der Meinung sind, der Saisonstart könnte klappen? Wir schließen Verträge mit den Spielern ab, lassen sie einfliegen und plötzlich entwickelt sich alles in die andere Richtung. Das wäre fatal. In der jetzigen Situation alles unter einen Hut zu bringen und parallel versuchen, Sponsoren zu gewinnen, ist die allergrößte Schwierigkeit.

Im Mai wird ein Batzen Geld für die Berufsgenossenschaft fällig. Bereitet Ihnen dieser Termin Kopfschmerzen oder liegt alles im Plan?

Bis vor ein paar Stunden hätte mir das Thema noch Kopfschmerzen bereitet, aber mittlerweile habe ich erfahren, dass man Anträge stellen kann, um die Zahlung bis zum Ende des Jahres stunden zu lassen. Darum kümmert sich die Liga.

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Zahlt es sich im Nachhinein doppelt aus, dass die Wild Wings sich bereits im Januar von etlichen Spieler getrennt und somit einige Euro gespart oder gar hinzuverdient haben?

Hinzuverdient haben wir bei der Aktion nichts, aber wir haben zumindest Geld eingespart. Das ist momentan für uns Gold wert.

Werden in künftige Spielerverträge neue Klauseln eingebaut, die solche Fälle wie die Corona-Pandemie berücksichtigen, damit die Vereine flexibler reagieren können und nicht irgendwelchen Abmachungen ausgeliefert sind?

Ganz sicher wird es solche Formulierungen geben. Ein Klub muss sich schützen, weil ansonsten die Insolvenzgefahr ganz schnell eintreten kann. Wir müssen für solche Szenarien in den nächsten Jahren gewappnet sein. Auch beim Dauerkartenverkauf werden wir entsprechende Klauseln einbauen müssen, damit es bei einem Ausfall nicht zum Dissens kommt.

Manche Vereine kommen auf originelle Ideen. Sie verkaufen virtuelle Tickets an die Fans, um Gelder zu generieren. Manche Klubs starten ein Crowdfunding. Haben sich die Wild Wings auch schon ernsthaft Gedanken über solche Aktionen gemacht?

Nein, bislang noch nicht. Wir haben lediglich kurz darüber gesprochen. Aber so weit sind wir noch nicht, dass wir uns in diesem Bereich Gedanken machen. Jetzt geht es vor allem um die Gesundheit der Menschen. Normalerweise beginnt bei uns in dieser Zeit der Dauerkartenverkauf, der uns hilft, finanziell über die Sommermonate zu kommen. Das ist schwerwiegend und wird uns sicherlich treffen. Dennoch wäre es unseriös, jetzt in den Dauerkartenverkauf zu gehen.

Die Wild Wings haben eine miserable Saison gespielt. Welche Lehren zieht die sportliche Leitung daraus?

Ganz einfach: Wir müssen besser werden.

Wie lässt sich das bewerkstelligen?

Gute Frage. Der Sport ist unberechenbar. Keiner von uns will mit Absicht hinten stehen. Wir haben uns schon in einigen Bereichen neu aufgestellt und die richtigen Impulse für die Zukunft gesetzt. Wir haben einen tollen Trainer und einen neuen sportlichen Leiter. Die sorgen für frischen Wind. Das ist eine Grundvoraussetzung, um sich weiterzuentwickeln.

Die Wild Wings haben neben den drei Neuzugängen Joacim Eriksson, Patrik Cerveny und Travis Turnbull noch weitere Spieler unter Vertrag genommen, aber noch nicht offiziell bekannt gegeben. Wann dürfen die Fans mit den Namen rechnen?

Auch wenn andere Klubs Neuzugänge bekannt geben, finde ich es in einer Phase, in der Menschen um ihr Leben kämpfen, nicht angebracht, einfach zum Alltag überzugehen, nach dem Motto: Wir haben jetzt diesen oder jenen Spieler verpflichtet und eigentlich ist alles wieder gut. Das ist völlig daneben und auch eine moralische Geschichte. Unter normalen Umständen hätten wir die Spieler schon längst bekannt gegeben.

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Der Stadion-Umbau soll im April starten. Liegt das Projekt noch im Zeitplan?

Aktuell liegen wir im Zeitplan. Auch da haben wir uns gefragt, ob wir das Projekt verschieben oder gar stoppen sollen, weil wir nicht wissen, ob alle Dienstleister an Bord bleiben. Wir machen weiter und hoffen, dass es nur wenige Verzögerungen gibt. Wir haben einen gewissen Puffer einkalkuliert und hoffen, dass alles klappt.

Der Umbau verursacht sicherlich auch für den Klub Kosten. Gab es Überlegungen, den Bau aus finanziellen Gründen zu stoppen?

Aktuell nicht, denn die Gelder stehen zur Verfügung und sind teilweise auch schon ausgezahlt. Insofern wird es uns nicht groß treffen. Wenn wir noch hätten Löcher stopfen müssen, wäre ein möglicher Stopp sicher ein Thema gewesen.

Glauben Sie, dass wir in der kommenden DEL-Saison alle 14 Klubs wieder auf dem Eis sehen werden?

Die aktuelle Situation ist für die meisten Klubs eine große Herausforderung. Viele werden kämpfen müssen. Ich vermute, dass die Budgets geringer werden, weil die Klubs nicht mehr in dem Maße Sponsoren werden generieren können wie bisher.

Beim Lizenzierungsverfahren Ende Mai wird auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klubs geprüft. Gibt es schon Anzeichen, dass das Verfahren zeitlich nach hinten geschoben wird?

Stand heute bleibt der Termin wie bisher.

Fragen: Werner Feisst