Basketball,ProA: Wenn am Samstagabend die wiha Panthers Schwenningen die Bayer Giants Leverkusen empfangen, ist dies eines von nur drei Spielen an diesem Spieltag. Grund dafür ist eine Serie von Vorfällen, die Fragen nach dem Hygiene-Konzept der Liga aufwerfen.
Der Doppelspieltag am vergangenen Wochenende und dessen Folgen dienten als Branbeschleuniger einer aufgeladenen Debatte über die Teststrategie der ProA und deren Vereine, von denen es offenbar nicht allen gelingt, Corona-Infektionen zu vermeiden. Was führte zur Eskalation?
Anfang vergangener Woche wies Chris Harris, Trainer von Phoenix Hagen, Symptome einer Covid-19-Erkrankung auf. Daraufhin erhielt der Trainer am vergangenen Freitag sein positives Test-Ergebnis, beim Rest des Teams wurde bei einer Reihe von Schnelltests keine Infektion nachgewiesen. Ein mulmiges Gefühl blieb jedoch bei den Phoenixen, die am Freitagabend bei den Nürnberg Falcons antraten. Dieses trügerische Gefühl verwandelte sich in dieser Woche nach PCR-Testung bei beiden Vereinen dann zu trauriger Klarheit: Bei den Hagenern stellten sich mittlerweile acht (sieben Spieler plus Co-Trainer) weitere Infizierte heraus, bei den Nürnbergern sind es zehn. Auch die Eisbären Bremerhaven, Gegner der Falcons am Sonntag, vermeldeten inzwischen zwei positiv getestete Spieler.
Einem Medienbericht zufolge hätten sowohl die Falcons als auch die Phoenixe in Köln um Verschiebung der Partie gebeten, was die Liga mit Verweis auf das Hagener Gesundheitsamt und den Wunsch auf eine Aufrechterhaltung des Spielbetriebs abgelehnt habe. Dieser Darstellung widerspricht Liga-Geschäftsführer Christian Krings auf SÜDKURIER-Nachfrage. „Diese Information ist falsch. Der Liga lag zu diesem Spiel von beiden Mannschaften keine Bitte auf eine Spielverlegung vor. Somit wurde auch von Ligaseite keine Bitte abgelehnt.“
Nun befinden sich vier Mannschaften in Quarantäne, was zu einer noch größeren Aufsprengung des Spielplans und zu einer Frage führt: Sollte die ProA regelmäßige Corona-Tests vorschreiben?
Das aktuelle Hygiene-Konzept der 2. Basketball-Bundesliga schreibt keine regelmäßig durchzuführenden PCR-Tests vor. Es behält sich lediglich die Möglichkeit vor, in Zeiten von erhöhtem Infektionsgeschehen, wie es derzeit der Fall ist, die Durchführung von Tests von den Vereinen anzufordern. Inwieweit die Liga dies tatsächlich tut, ist unklar. Vielmehr besteht großes Vertrauen in die individuellen Hygiene-Strategien der Vereine.
Ein Kernelement davon sind Antigen-Schnelltests. Diese wurden den Clubs von der Liga zur Verfügung gestellt und sollen bei Verdachtsfällen ein schnelles Testergebnis liefern. Dass diese keine 100-prozentige Sicherheit liefern, zeigt das Beispiel Hagen. Dr. Florian Kainzinger hat dazu eine klare Meinung. Der Wissenschaftler war im Frühsommer federführend bei der Erarbeitung der Hygiene-Konzepte der Fußball- sowie Basketball-Bundesliga, und sagt auf SÜDKURIER-Nachfrage: „Antigen-Schnelltests sind in einer solchen Situation (Verdachtsfälle in Hagen, Anm. d. Red.) qualitativ nicht ausreichend. Die PCR-Diagnostik ist im Vorfeld eines Spiels notwendig, um Übertragungsrisiken währenddessen zu minimieren.“
Warum hat dann die 2. Basketball-Bundesliga kein einheitliches Konzept mit PCR-Tests? Die Liga ist qua Struktur der Zusammenschluss der Vereine, die Geschäftsführung in Köln also ein ausführendes Organ, das die Beschlüsse der Teams umsetzt. Einer dieser Beschlüsse von Anfang Juli war, dass der Spielbetrieb im Oktober wieder starten sollte. Zudem sprachen sich die Vereine mehrheitlich gegen verpflichtende PCR-Tests aus, in erster Linie aus Kostengründen. Ein Test inklusive Bearbeitungsgebühren kostet rund 100 Euro. Bei nur einer einzigen Testreihe einer Mannschaft und des nahestehenden Umfelds kommt man da selbst bei einem schmalen Trainer- und Betreuerstab schnell auf 2000 Euro. Vereine mit einem niedrigen Etat können dies über mehrere Monate hinweg schlicht nicht stemmen. Andere hingegen, wie die Nürnberg Falcons, profitieren von günstigen Rahmenbedingungen und bekommen die Tests von der bayrischen Regierung geschenkt.
Ein weiterer Punkt, den Liga-Chef Krings anführt, ist die hohe Auslastung der Labore. „Das Robert-Koch-Institut hat Anfang November die nationale Teststrategie angepasst. Von der Testung von Personen, die nicht Teil dieser Strategie sind, wird ausdrücklich abgeraten, da Testen ohne begründeten Verdacht die vorhandene Laborkapazität belastet“, erklärt der Geschäftsführer dem SÜDKURIER. Somit sei eine Test-Pflicht in der ProA derzeit kein Thema. „Die Liga beobachtet die Entwicklung in Deutschland und auch innerhalb der Liga sehr genau, analysiert die Ereignisse vom vergangenen Wochenende und steht in einem sehr engen Austausch mit den Verantwortlichen der Vereine. In diesem Austausch besprechen wir auch mögliche, weitere Maßnahmen.“ Welche das konkret sein könnten, erklärt Krings nicht.
Alen Velcic, Trainer der wiha Panthers Schwenningen, ist ein Mann klarer Worte. Bei den Panthers gab es bislang noch keinen positiven Fall. Velcic weiß, warum: „Wir schränken die Kreise der Spieler deutlich ein. Keiner darf ohne unsere Erlaubnis die Stadt verlassen oder Besuch empfangen. Die Besucher müssen negative Tests vorlegen. Sollte ein Spieler unterwegs sein, muss er nach seiner Rückkehr nach Villingen-Schwenningen einen aus, eigener Tasche bezahlten, negativen Test nachweisen. Den Spielern war das von Anfang an klar. Sie haben das akzeptiert und halten sich daran.“ Im Umkehrschluss ist es für Velcic naheliegend, dass es in anderen ProA-Standorten, wo sich die Fälle häufen, lockerer zugeht. „Andere Vereine sagen gar nichts zu ihren Spielern, weil sie die Freiheitsrechte nicht einschränken wollen. Das halte ich für einen Fehler“, sagt der 50-Jährige.
Absolut perfekt ist das Vorgehen der Panthers jedoch nicht. Nach dem Doppelspieltag und dem Gastspiel in Karlsruhe verzichteten die Schwenninger auf Tests, sondern vertrauten ihren peniblen Vorsichtsmaßnahmen im Alltag und in den Hallen. Ob tatsächlich alle Corona-frei sind, können die Panthers also gar nicht mit 100-prozentiger Sicherheit sagen. Rückendeckung gibt es dafür von der Liga. „Im Sommer haben die Vereine einen Hygiene-Leitfaden entwickelt, der das Infektionsrisiko für Spieler und Trainer bei Einhaltung der darin festgehaltenen Maßnahmen deutlich minimiert. Dieser Hygiene-Leitfaden wurde zuletzt vor rund zwei Wochen von der Verwaltungs- und Berufsgenossenschaft als gut eingestuft.“
Der SÜDKURIER befragte neben den Panthers insgesamt zehn weitere ProA-Ligisten, von denen nur die Artland Dragons Angaben zu den Regularien für die Spieler machten. „Eine Bubble gibt es nicht, jedoch sind sämtliche Aktivitäten abseits des Basketballfeldes auf ein Minimum zu beschränken. Das bedeutet: Keinen Kontakt zu externen Personen und freiwillige häusliche Quarantäne, wobei vieles sich aufgrund der aktuellen Lockdown-Regelungen sowieso erübrigt“, erklärt Dragons-Geschäftsführer Marius Kröger. Ob dies repräsentativ für die gesamte Liga ist, ist fraglich.
Wie sich die Spieler und Trainer in ihrer Freizeit verhalten, ist Privatsache. Hier will die Liga keine Vorgaben erteilen. Jedoch muss und wird sich die ProA nach der jüngsten Corona-Eskalation Gedanken machen und Lösungen erarbeiten müssen. Sollten sich weitere Fälle und Quarantäne-bedingte Spielabsagen häufen, ist es nur eine Frage der Zeit, wann die Reißleine gezogen werden muss.