In diesen Zeiten kann und muss die erste Frage nur lauten: Wie geht es Ihnen?
Tatsächlich geht es mir ganz gut, wenn man mal den Job außen vor lässt. Natürlich haben wir jetzt die gute Nachricht bekommen, dass wir bald spielen dürfen. Aber als Eishockey-Profi sind es schon schwierige Zeiten. Dennoch haben sich meine Familie und ich sehr gefreut, hierher zu kommen. In den USA, wo wir den Sommer über leben, war es sehr problematisch, nicht nur wegen Corona. In Deutschland ist es viel ruhiger, und so geht es uns hier wirklich gut.
Sie sprechen die Probleme bereits an. Wie genau haben Sie diese letzten Monate verbracht?
Die Monate waren schwer. Das größte Problem war für mich zunächst, ein neues Team zu finden, und das während einer weltweiten Pandemie und einer großen Ungewissheit. Ansonsten konnte ich die meiste Zeit trainieren, vor allem im Kraftraum. Aber ich war hin und wieder auch auf dem Eis. Ich habe viel Zeit mit meinen Kindern verbracht, das war schön. Wer Kinder hat, weiß aber, dass es auch nicht immer toll ist (lacht).
Hatten Sie auch andere Sorgen, zum Beispiel bezüglich Ihrer Zukunft oder der Finanzen?
Natürlich hatte ich diese Sorgen. Ich bin 35 Jahre alt und weiß natürlich, dass meine Karriere vermutlich beendet sein wird, wenn es keine Saison gibt. Auf der anderen Seite hatte ich bereits eine lange und meistens glückliche Karriere. Ich habe einiges an Geld verdient und meine Familie ist soweit versorgt. Ich habe nicht den ganz großen finanziellen Druck, wie jene Spieler, die noch am Anfang ihrer Laufbahn stehen. Für meine Frau war die Ungewissheit viel schwerer zu ertragen. Es gibt aber Dinge, die man nicht kontrollieren kann. Dennoch gehen die finanziellen Einbußen auch an mir nicht spurlos vorbei, aber andere Spieler trifft es in dieser Hinsicht sicher härter.
Eine derart erfolgreiche Karriere möglicherweise so beenden zu müssen, wäre doch sicher extrem hart?
Ganz sicher, das ist schon meine ganz große Sorge. Zumal es bei mir in den letzten ein oder zwei Jahren nicht wirklich gut lief. So will ich nicht aufhören. Ich habe keine sehr gute Zeit hinter mir und ich gebe dafür niemanden die Schuld. Es ging mir einfach nicht gut und meine Familie musste das auch miterleben. Mein Sohn Shea ist jetzt sechs Jahre alt und ich möchte, dass er positive Erinnerungen an meine Karriere hat. Umso wichtiger war es, dass ich hier eine neue Chance bekommen habe. Ich hoffe sehr, dass ich diese auch wirklich nutzen darf. Die Ungewissheit und die Sorge, dass es sehr schnell vorbei sein könnte mit meiner Karriere, sind schon jeden Tag da. Aber ich versuche, diese negativen Gedanken nicht so sehr an mich heranzulassen. Immerhin gibt es nun einen Hoffnungsschimmer. Ich will jetzt aber auch nicht zu euphorisch werden, denn es kann sich ja auch schnell wieder ändern.
Schwenningen ist Ihre sechste Station in Deutschland. Wie gefällt es Ihnen bisher?
Sehr gut. Wir sind seit fünf Wochen hier, haben ein sehr nettes Haus in Tuningen und kommen hier einfach mal zur Ruhe. Wir leben den Sommer über in Minnesota in St. Paul. Da war es nicht einfach. Wir hatten nicht nur die Pandemie, sondern auch Unruhen, Ausschreitungen und Schießereien aufgrund der Polizeigewalt gegen Schwarze. Es gab eine Nacht, da wurden in der Stadt 16 Häuser niedergebrannt. Demonstranten blockierten die Straßen und es wurde auf Menschen geschossen. Ich bin schon so lange in Deutschland und im Moment empfinde ich es mehr als mein Zuhause als die USA. Ich habe mich dieses Jahr nicht nur darauf gefreut, wieder Eishockey spielen zu dürfen, sondern auch von dort wegzukommen.
Wie sieht derzeit die „Normalität“ für Ihre Frau und Ihre beiden Kinder aus?
Seit wir hier sind, versuchen wir so oft wie möglich draußen zu sein. Hier ist der Herbst ja sehr mild im Vergleich zu Minnesota, wo schon Schnee gefallen ist. Wir gehen auf die Spielplätze, machen Ausflüge, und mein Sohn geht zum Eishockey-Training. Die Kinder sollen sich endlich wieder bewegen dürfen, die neue Umgebung kennenlernen – und abends am besten müde ins Bett fallen (lacht).
Was gab den Ausschlag, bei den Wild Wings zu unterschreiben?
Mein Plan sah und sieht immer noch vor, dass dies nicht meine letzte Saison sein soll. Also habe ich nach einem Klub gesucht, der mir die Möglichkeit dazu gibt und mich unbedingt haben will. Ich habe mich im Sommer mit Trainer Niklas Sundblad unterhalten. Ich habe ihm erklärt, was ich mir vorstelle und er hat mir gesagt, wie er spielen möchte. Es hat gepasst. Ich hatte sofort das Gefühl, dass er mich im Team haben will. Genau darum ging und geht es, gerade auch nach der nicht so guten Zeit.
Fragen: Tina Fröhlich