Eishockey: Als Nummer zwei hat man es naturgemäß immer ein bisschen schwerer. Man fliegt meist unter dem Radar, wird von der Öffentlichkeit deutlich weniger wahrgenommen als die Nummer eins. Kein Wunder, dass alle Nummer zwei dieser Welt irgendwann der Nummer eins den Rang ablaufen wollen.
Das will auch Patrik Cerveny. Der Neuzugang der Wild Wings macht keinen Hehl daraus, dass er große Ziele hat. „Im Eishockey sagt man immer, dass es eigentlich keine Nummer eins gibt. Es geht so schnell, dass man drei schlechtere Spiele macht und schon steht der andere zwischen den Pfosten“, sagt der Torhüter aus Tschechien, der auch einen deutschen Pass besitzt.
Bei solch einem Konkurrenten darf sich die etatmäßige Nummer eins der Schwenninger, Joacim Eriksson, schon mal warm anziehen. „Ich kämpfe immer. Ich will arbeiten und mich jeden Tag verbessern. Mein Traum ist es, irgendwann hier die Nummer eins zu sein. Ich schaue auch nicht so sehr darauf, ob Joacim gut oder schlecht ist. Ich muss einfach nur auf alles vorbereitet sein“, lautet die Kampfansage von Cerveny. Das hört sich nicht so an, als könnten diese beiden Goalies jemals Freunde werden. Sie müssen es auch nicht werden, denn sie sind es schon. Dass der 23-jährige Nachwuchskeeper dem etablierten Schweden den Rang ablaufen will, ist völlig normal. Dazu gehören eben auch klare Ansagen, die keiner dem anderen übel nimmt. „Wir haben beide den gleichen Job, uns unterscheidet nicht viel“, meint der Junge. „Joacim ist ein bisschen größer und älter als ich, das ist alles. Wir sind super Freunde.“
Nicht nur die Beziehung zu diesem speziellen Mannschaftskollegen war schon nach kurzer Zeit richtig gut. Auch das Verhältnis von Patrik Cerveny zu seinem neuen Wohnort, seinem neuen Klub und seinen weiteren Teamkollegen ist bereits bestens. Trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie hat er sich gut eingelebt, fühlt sich am Neckarursprung pudelwohl. „Ich liebe es jetzt schon. Ich finde, Schwenningen ist eine tolle Stadt. Die Natur rundherum ist unheimlich schön. Mir gefallen die Stadt, das Stadion und die Leute hier sehr“, erklärt der Linksfänger, der mit Freundin Barbora direkt in Schwenningen lebt.
Geholfen hat auch die Tatsache, dass mit Will Weber ein zweiter Profi von den Fischtown Pinguins Bremerhaven in den Schwarzwald wechselte. Der erfahrene Verteidiger unterstützte seinen jungen Kollegen nach Kräften. „Ich hatte immer das Gefühl, dass Webs an meiner Seite ist und wir hier zusammen angekommen sind.“
Von der schrillen Waterkant in das eher beschauliche Schwenningen – fehlt da nicht ein bisschen etwas? „Nein, gar nicht. Ich bin ohnehin niemand, der viel Stadt braucht. Ich trinke gerne mal irgendwo einen Kaffee, aber sonst bin ich lieber draußen in der Natur“, erzählt der Mann mit der Rückennummer 44. Nur eine Sache, die fehlt ihm wirklich. „Ich habe richtig Bock, endlich mal wieder zum Fußball zu gehen. Ich bin großer Fußballfan“, sagt Patrik Cerveny lachend. Welchen Klub er mal gerne sehen würde, darüber muss er nicht lange grübeln. „Mein Traum ist es, irgendwann mal den FC Bayern München zu sehen.“
Zunächst aber gilt es, sich weiter auf die Arbeit auf dem Eis und an der Karriere zu konzentrieren. Cerveny hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland stetig nach oben gearbeitet. Ausgebildet im Nachwuchs des HC Pardubice, wechselte er zur Saison 2016/2017 zu den Icefighters Leipzig in der Oberliga. Über Halle und Essen landete er schließlich vergangene Saison in Bremerhaven. Der Traum von der DEL schien sich zu erfüllen – und doch auch wieder nicht. Einerseits bremste ihn eine Verletzung aus, andererseits durfte er für die Pinguins nur ganze vier Spiele absolvieren. „Die Saison war schwer für mich. Ich konnte mein Spiel und meine Stärken nicht zeigen“, berichtet der Deutsch-Tscheche.
Nach dem ersten Dämpfer in seiner noch jungen Karriere kam das Angebot aus Schwenningen. Der Torhüter war darüber nicht wirklich überrascht. Ich habe immer daran geglaubt, dass ich diese Chance verdiene. Ich habe auch letztes Jahr sehr hart gearbeitet und jetzt bekomme ich dafür den Lohn“, sagt Cerveny. Die Entscheidung, vom hohen Norden und den tiefen Süden umzuziehen fiel ihm überhaupt nicht schwer. „Ich hatte sofort ein gutes Gefühl bei Christof Kreutzer und bei Schwenningen. Ich spüre, dass ich hier eine Chance bekommen werde. Deswegen bin ich hier.“
Bislang rechtfertigt der 1,78 Meter große Schlussmann das Vertrauen der Wild Wings eindrucksvoll. Vier von den fünf Spielen beim Magenta-Sport-Cup hat Cerveny absolviert und seine Sache dabei sehr gut gemacht. „Ich dachte eigentlich, dass es schwieriger sein würde, wieder reinzukommen. Acht Monate nicht im Tor zu stehen, ist schwer, und dann gleich gegen Teams wie München und Mannheim. Vieles ist Kopfsache. Ich habe mich darauf vorbereitet und war sehr positiv“, erzählt die nominelle Nummer zwei der Schwenninger Wild Wings. Mit diesen Auftritten ist Patrik Cerveny zumindest schon mal ein Stück weit ins Rampenlicht getreten.