Es war eine der schlimmsten Nächte von Robert Raths. Am frühen Morgen des 23. Dezembers um 3:28 bekommt der Stadtpräsident von Rorschach eine SMS: Brand Haus, Feuerwehralarmstufe 1, Badhütte Rorschach.
Eine Viertelstunde später steht Raths vor dem Wahrzeichen seiner Stadt. Die historische Badhütte brennt lichterloh. Mehr als diesen Moment mit seinem Handy festzuhalten, kann er nicht machen. „Ich habe mir gedacht: Das kann nicht sein. Vergangenes Jahr haben wir 100 Jahre Badhütte gefeiert und nun stehen wir vor einem Totalschaden“, sagt Raths.
Spekulationen über Obdachlose und Jugendliche
Die Bestürzung in Rorschach ist groß. Zu wichtig war die Hütte als Treffpunkt, Restaurant und lebendiges Zeichen der Schweizer Badekultur. Schweizweit und auch deutschlandweit waren die Bilder der brennenden Hütte und verkohlten Balken in den Medien. Schnell wurde die Frage nach der Ursache laut.
In der Stadt kursieren Gerüchte über Obdachlose oder Jugendliche in der Badhütte, die einen Brand ausgelöst haben können. Robert Raths kann keine dieser Vermutungen bestätigen. „Ich möchte mich nicht an Spekulationen beteiligen. Die Polizei ermittelt, ich weiß auch nicht mehr.“ Schon am Tag nach dem Brand wurden Forensiker der Kantonspolizei mit der Spurensuche beauftragt.
Auch nach knapp vier Wochen gibt es noch keine Ergebnisse. Die Hütte ist einsturzgefährdet und erschwert dadurch die Arbeit der Ermittler. Ein Kran sollte die Trümmerteile entfernen und die mangelhafte Statik verbessern, sodass die Untersuchungen beschleunigt werden. Mitte Januar konnten einige Spuren aus der Ruine gesichert werden.
Bis Ende Januar könnten die Untersuchungen abgeschlossen sein, wie Florian Schneider von der Kantonspolizei St. Gallen mitteilt. Gleichzeitig dämpft er aber die Erwartungen: „Der Zerstörungsgrad ist so enorm, dass wir eventuell keine genaue Brandursache ermitteln können“.
Keine Brandmeldeanlage in der Hütte
Die Ruine ist in wenigen Stunden vollständig niedergebrannt. Die durch Augenzeugen alarmierte Feuerwehr konnte die Hütte nicht mehr retten. Ebendiese Zeugen waren die Ersten, die den Brand bemerkten. Eine Brandmeldeanlage, die in vielen öffentlichen Gebäuden vorgeschrieben ist, gab es nicht. Selbst wenn, glaubt Robert Raths nicht, dass es geholfen hätte: „Die Hütte war einfach gestrickt, ein reiner Holzbau ohne Brandmauer. Da hat man keine Chance“.
Dass die Hütte so schnell abbrannte, lag ausgerechnet auch daran, dass sie im Wasser steht. Denn so war sie erst einmal nur von der Uferseite zugänglich. „Die Schweiz verfügt am Bodensee über keine Löschboote, wie sie in Friedrichshafen, Lindau oder Konstanz verfügbar sind“, sagt Marco Todeschini, der Kommandant der Feuerwehr Rorschach.
Ob es zukünftig eine Brandmeldeanlage geben wird, ist noch nicht sicher. Robert Raths betont aber, dass in Zukunft der Brandschutz nach den neuesten Maßstäben erfolgen soll.
Neue Hütte in altem Gewand
Apropos Zukunft: Schon wenige Tage nach dem Brand war klar, dass die Badhütte wieder aufgebaut wird. Eine Spezialfirma untersucht aktuell, ob die Fundamente aus Stein noch verwendet werden können. Der Stadtrat von Rorschach hat für die Planung des Wiederaufbaus einen Kredit von 200.000 Franken aufgenommen.
Das Gebäude war versichert und der Wiederaufbau wird komplett übernommen – solange eine originalgetreue Hütte gebaut wird. „Es wird auch weiterhin eine saisonal betriebene Badehütte sein, ohne Eventlokal, mit einfacher Gastronomie“, sagt Raths.
Kein Thema ist hingegen eine Übergangslösung, um weiterhin einen Zugang zum See zu bekommen. Bei einer Wassertemperatur von circa fünf Grad Celsius ist die Nachfrage nach einer Badestelle derzeit ohnehin gering. Für die wärmeren Monate bestehe auch ohne die Badhütte ein genügendes Angebot an Badestellen, erklärt die Stadt.
Dass die Badhütte überhaupt wieder aufgebaut werden soll, ist für die Rorschacher Bevölkerung ohnehin erst mal das Wichtigste. „Die Badhütte ist unser Wahrzeichen“, sagt die Rorschacherin Sonja Vögtle. „Am Morgen nach dem Brand habe ich geweint. Wir waren hier früher oft nach der Turnstunde essen und ich finde es wichtig, dass die Hütte wieder aufgebaut wird.“
Auch für Ljubica Micic aus Wittenbach gehört die Badhütte einfach dazu: „Ich gehe hier fast jeden Tag spazieren. Ich war am Tag vor dem Brand noch hier und jetzt ist sie nicht mehr da. Die Hütte muss auf jeden Fall wieder aufgebaut werden.“

Wie lange die Wiederaufbauarbeiten dauern, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht abzuschätzen. Rorschach wird sein Wahrzeichen aber wiederbekommen, das ist sicher.