Beat Jans muss sich vorbereiten. Auf seine neuen Dossiers, wie es in der Schweiz heißt. Jans hat am 1. Januar ein neues Amt angetreten, aus Basel wechselte er nach Bern. Er ist jetzt Mitglied des Bundesrates, der siebenköpfigen Bundesregierung. Nicht wie anfangs erwartet im Innendepartement, sondern zuständig für Polizei und Justiz – und damit auch für Migration. Jans bereitet sich also vor, ein Interview kann er deshalb gerade nicht geben, lässt sein Büro wissen.
Wer aber ist der Mann und warum könnte gerade er für Deutschland interessant werden?
Überzeugter Europäer
Eins hat der 59-Jährige nach seiner Wahl gleich schon mal gezeigt: dass er wie sein Vorgänger feiern kann. Alain Berset tanzte im vergangenen Spätsommer mit roter Federboa um den Hals auf dem Zürich-Festival, der wohl größten Technoparty der Welt. Beat Jans nun war selbst der Anlass für ein Straßenfest in seiner Basler Heimat, ist er doch der erste Bundesrat aus dem Kanton seit einem halben Jahrhundert. Bis zuletzt war er dort Regierungspräsident. Die Hoffnungen sind groß in den Sozialdemokraten, der aus einer Arbeiterfamilie stammt und leidenschaftlich Schlagzeug spielt.
Denn Jans gilt als EU-Freund, als Kenner der Sorgen und der Chancen der Grenzregion. „Wir haben mit Beat Jans einen überzeugten Europäer“, sagt etwa die Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, er habe verstanden, wie wichtig verlässliche Zusammenarbeit für Wirtschaft und Wissenschaft sei. Gerade in der Wirtschaft sind die Erwartungen hoch, dass zum Beispiel Grenzgänger künftig unbürokratischer angestellt werden könnten.
Schon als damaliger Regierungspräsident traf sich Jans im Jahr 2022 mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Dabei lobte er den grenzüberschreitenden Austausch zwischen Basel und Baden-Württemberg als Erfolgsgeschichte.
Als Zuständiger für Justiz und Polizei wird Beat Jans nun erst einmal mit einem anderen großen Thema beschäftigt sein: der Migration – und zwar gleich in dreierlei Hinsicht: Der innenpolitische Druck ist in der Schweiz nicht minder groß als in Deutschland, die Kantone klagen seit Langem über Probleme bei der Unterbringung. Im Aargau müssen Flüchtlinge teilweise in unterirdische Bunker ziehen.
Grenzkontrollen als Signal an die Schweiz
Zudem hat Deutschland mit der vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen Mitte Oktober zuletzt auch den Druck von außen erhöht, nachdem immer wieder Fälle bekannt geworden waren, nach denen die Schweiz Flüchtlinge über die deutsche Grenze geschickt hat, für deren Zurückweisung nach Österreich oder Italien sie eigentlich selbst zuständig gewesen wäre.
Und drittens muss sich die Schweiz noch zu den jüngsten Asylplänen der EU positionieren, von denen sie als Teil des Schengenraums betroffen ist: Beteiligt sie sich an dem für 2026 geplanten Verteilmechanismus oder kauft sie sich davon frei? Gerade der letzte Punkt wird dann auch ein Schlaglicht auf Jans‘ Europa-Fahrplan werfen; es ist jedenfalls davon auszugehen, dass ihm da bald eine Positionierung abverlangt wird.
Die außerdem nötige Runderneuerung der Schweizer Beziehungen zur EU fällt zwar nicht direkt in sein Dossier, Verhandlungsführer ist Außenminister Ignazio Cassis von der FDP.
Erfahrener Politiker
Von Jans wird dennoch eine starke proeuropäische Rolle für die Verhandlungen erwartet, die der Politik einiges abverlangen werden: Einige sehen das Schweizer Lohngefüge in Gefahr, sollte die Konkurrenz durch EU-Unternehmen mit den neuen Vereinbarungen wachsen; gerade für den Sozialdemokraten Jans ist der Lohnschutz seiner Mitbürger ein wichtiges Thema. Hierbei herrschen die größten Spannungen mit Brüssel.
Außerdem soll künftig der Europäische Gerichtshof in Fragen der gemeinsamen Verträge die letzte Instanz auch für die Schweiz sein – gerade die Aussicht, auf ein nicht-schweizerisches oberstes Gericht hören zu müssen, stieß in der Politik der Eidgenossenschaft in der Vergangenheit auf heftigsten Widerstand.
Es sind also große Herausforderungen, die da auf Jans warten. Aus der Ruhe bringen sollte ihn das aber nicht, er ist ein erfahrener Politiker. Von 2010 bis 2020 war er schon Nationalrat und von 2015 bis 2020 Vizepräsident der Sozialdemokratischen Partei, deren Mitglied er seit 1998 ist und ab 2000 bis 2005 im Kanton Basel vorstand.
Jans ist gelernter Landwirt und Umweltnaturwissenschaftler, das Klima ist eines seiner politischen Kernthemen. Er ist mit einer US-Amerikanerin verheiratet, mit der er zwei Töchter hat.