Künstlerbiografien als Kinostoff sind kein neuer Trend, doch es ist auch kein Geheimnis, dass nicht jede Lebensgeschichte ein packendes Leinwanderlebnis ergibt. Rockstars sind dankbare Protagonisten, was an Exzessen mindestens so sehr liegt wie am performativen Akt der Musik. Auch Maler bringen cineastische Qualitäten mit sich, schließlich kann man ihnen beim kreativen Schaffensakt zusehen. Was bei Dichtern und Denkern schwieriger ist.
Um genau diese Problematik zu umgehen, konzentriert sich „Tolkien“, der erste englischsprachige Film des finnischen Regisseurs Dome Karukoski, auf die Schul- und Universitätszeit von J.R.R. Tolkien, also die Zeit bevor der Brite erst Professor und dann Schriftsteller wurde und mit „Der Herr der Ringe“ zu Weltruhm gelangte.
Nicholas Hoult ist Tolkien
Nicholas Hoult spielt diesen jungen Mann, der schon in der Kindheit zum Waisen wird und in der Obhut der Kirche landet. Einsamkeit und die Suche nach seinem Platz im Leben prägen seine Jugend, bis er an der Schule drei gleichgesinnte Freunde findet, denen ebenfalls der Sinn danach steht, die Welt mittels Kunst zu verändern. Auch seine große Liebe Edith (Lily Collins) lernt er bereits kennen. Doch als der Erste Weltkrieg ausbricht, wird Tolkien eingezogen.
Wie sehr die Erfahrungen jener Jahre – von der Sehnsucht nach Kameradschaft über die elfengleiche Schönheit der Angebeteten bis hin zur Feuersbrunst des Krieges – Tolkiens späteres Werk beeinflusst haben, daran lässt „Tolkien“ keinen Zweifel. Im Gegenteil ist Karukoski eher unsubtil beim Herstellen dieser Bezüge. Allzu sehr ins Gewicht fällt das nicht, hat er doch in Hoult einen überzeugenden Hauptdarsteller und auch visuell genau die Schauwerte zu bieten, die man in einem solchen Film erwartet.
Nicht packend
Schwerer wiegt da schon, dass „Tolkien“ schlicht nicht sonderlich packend ist: so hübsch alles anzusehen ist, so wenig überraschend ist es inszeniert, und selbst in den Szenen auf dem Schlachtfeld hält sich die dramaturgische Dringlichkeit eher in Grenzen. So mancher spannende Aspekt wird in der Geradlinigkeit der Erzählung außer Acht gelassen, etwa das Schicksal von Edith, die anders als ihr späterer Mann ihre Lebensträume eben nicht verwirklichen konnte. Und womöglich wäre es in diesem Fall eben doch interessanter gewesen, die schriftstellerische Arbeit selbst in den Fokus zu rücken.
Abspann
Regie: Dome Karukoski
Darsteller: Nicholas Hoult, Lily Collins, Colm Meaney, Derek Jacobi
Produktionsland: USA 2019
Länge: 112 Minuten
FSK: ab 12 Jahre