Kennen Sie das fröhliche Liedlein über Männer und Hausarbeit aus dem Jahr 1977? „Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann“ hieß es da. Der Gassenhauer haute die Männer in die Pfanne. Da wurde der Eindruck erweckt, als ob sie keinen Besen in die Hand nähmen und nicht einmal wissen, wo der rote Putzeimer steht. Das Lied wurde übrigens von einer Frau gedichtet in der weisen Einsicht: Die Emanzipation beginnt in der Küche, heiß und fettig.
Nachdem wir als rechtschaffene Tölpel hingestellt wurden, die gerade noch Messer und Gabel halten können, drehten die Männer den Bratenspieß bald herum. Sie eroberten mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen, die kleine Welt zwischen Küchenzeile und Abwasch.
Toast Hawaii war der Durchbruch
Das Fernsehen, damals noch eine Bildungseinrichtung, half dabei. Der erste Mensch, der in der ARD vor einer Kamera den Herd andrehte, war ein Mann. Clemens Wilmenrod kochte seit 1953 für die Menschen „an den Bildschirmen“, wie es damals hieß. Hausfrauen, die ihren ersten Eintopf noch beim BDM aufs Feuer gezogen hatten, sahen im Fernsehen plötzlich exotische Dinge wie den Toast Hawaii.
Dass der Mann mit der karierten Schürze vom Brutzeln kaum Ahnung hatte, wusste keiner. Seine Frau übte mit ihm den Gurkenschnitt und zeigte ihm das Gericht für die nächste Sendung. Der Toast mit der Kirsche drauf war ihre Idee, ebenso das Arabische Reiterfleisch (das scharf war, aber nicht Arabisch).
Der heiße Ofen ist heute kein Auto mehr
Clemens und Erika Wilmenrod sei Dank! Seit ihren abenteuerlichen Rezepten gibt es kein Halten mehr. Weg von der Kartoffel- und Saucenküche. Viele Mannsbilder definieren sich heute über das Kochen. Es ist nicht lange her, dass Er mit einem neuen Auto angeben konnte. Inzwischen tauchen andere Statussymbole am Männerhimmel auf.
Der heiße Ofen ist heute eine Backröhre mit Umluftfunktion. Die Küche war bei Hausführungen früher kein Thema, eher eine Peinlichkeit. Inzwischen beugt man sich als Besucher eine halbe Stunde über das Ceranfeld, dessen Vorzüge langatmig erklärt werden. Ihr stolzer Betreiber berichtet von der gelungenen Zubereitung seiner indonesischen Gemüsepfanne. Seine Frau gähnt.
Reden ist Silber, Schneiden ist Gold
Die nahrhaftesten TV-Küchenmeister sind bis heute keine Frauen, weil sie Johann Lafer oder Alfons Schubeck heißen. Man sieht ihnen gerne zu, weil sie‘s können und konzentriert zur Sache gehen. Auch beim Zwiebelschneiden geht nichts schief.
Nur beim unvergessenen Alfred Biolek sorgte ich mich. Er redete zu viel. Frische Kräuter und zart mariniertes Fleisch mögen es nicht, wenn über sie zu viele Worte gestreut werden. Bei Biolek – auch er ein Quereinsteiger – musste man immer fürchten, dass das Rezept nicht aufgeht und der gute Mann erst nach den „Tagesthemen“ fertig wird. Szegediner Gulasch um Mitternacht? Das will dann auch niemand.
Eine Küche braucht eine Tür
Bleibt nur noch eine Frage: Offene Küche oder nicht? Die meisten favorisieren das. „Ist so gemütlich“, hört man, oder: „Dann bin ich mitten im Geschehen.“ Oder „Dann kann ich euch alle sehen.“ Dabei hat eine Tür Vorteile. Man kann sie schließen wie eine Werkstatttür, wenn man das will. Mehl, Fleisch, Gemüse mögen es ruhig. Erst in der stummen Kombüse entfalten sie ihr spätes Aroma, bevor sie in den Topf wandern und den Weg alles Lebens gehen.