Immer noch ist unsere Gesellschaft in großen Teilen männlich geprägt. Immer noch haben es Frauen schwer, sich durchzusetzen. Immer noch werden Männer im Alltag bevorzugt. Nun rückt das Autorenteam „Kollektiv tondlhaas“ (Claudia Tondl und Sarah Haas) der Sache auf den Leib und setzt ein Ausrufezeichen in der momentan so virulenten Genderdebatte.
Peter Lenks Skulptur Imperia, die dieses Jahr ihren 30. Geburtstag feiert, steht als Synonym für Frauen, die Mut beweisen, gewiss als Kurtisane, aber dennoch nicht weniger stark in Dasein und Wirkung. So kommt denn Dominik Puhl mit dem Schiff an die Seestraße gefahren, mit Imperia Kostüm, inklusive Papst und Kaiser auf den Händen. Er trifft auf Kristina Lotta Kahlert und Sarah Siri Lee König, und gleich geht es los mit der Vermessung der Stadt.
Regisseur Julius Max Ferstl inszeniert für die Schauspielerinnen einen Podcast, in Form eines Interviews nimmt die Geschichte ihren Lauf. Städteplanung sei männlich, bekommt man zu hören, die Toilette in der nahen Unterführung ist für Frauen nicht barrierefrei. Das scheint eine Kleinigkeit, doch wer genau hinschaut, entdeckt viele solcher Zustände, die summa summarum das Leben für Frauen schwer machen. Gibt es das Wort „Gästinnen“ im Wörterbuch? Nein! Ist unsere Sprache geschlechtsneutral? Immer noch nicht. Frau spricht von „geschlechtsspezifischen Datenlücken“. Es gilt, ein Bewusstsein zu entwickeln.
Theater zum Mitmachen
Im Konstanzer Gemeinderat sitzen immer noch mehr als doppelt so viele Männer wie Frauen. Da entsteht der Wunsch nach einem Wandel in der Gesellschaft. Klar, Männer und Frauen haben unterschiedliche Bedürfnisse, aber Frauen verdienen doch in der Bodenseeregion 30 Prozent weniger als Männer. Diese Zahlen haben die Autoren sorgfältig recherchiert. Die Imperia ist als Frau immer noch eine Randerscheinung. Gewiss, sie hat den Sprung vom öffentlichen Ärgernis zum Wahrzeichen der Stadt geschafft. Sie verkörpert Lust und Frieden, sie steht für weibliche Unabhängigkeit. „Die Zeiten gändern sich“ so die Parole.
Die Schauspielerinnen fordern die Zuschauer zum Mitmachen auf. Das ist Theater zum Anfassen und Mitdenken, es wird diskutiert und lamentiert. Es geht um Fürsorge und um aktives Handeln für Andere. Frauen verwenden immer noch 50 Prozent mehr an Zeit für Kinderbetreuung und Haushalt als Männer. Das erzeugt, Wut und diese Wut kann und muss in Kreativität umgewandelt werden. Es gilt, die Stadt genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein wichtiger Beitrag zur Genderdebatte, trefflichst realisiert und umgesetzt.
Weitere Vorstellungen täglich vom 11. bis 16. sowie 18. bis 20. Juli. Weitere Informationen: www.theaterkonstanz.de