In seinem Berufsleben musste sich der Überlinger Peter Wüst (85) als Luftfahrttechniker auf die Erdnähe beschränken. Seine große Leidenschaft gilt allerdings der Astronomie und dem Blick in den Sternenhimmel.

„Mit 17 Jahren habe ich mir beim Optiker zwei Linsen gekauft und ein eigenes Fernrohr gebaut“, erinnert sich Wüst. Was er damit entdecken konnte, hat ihn nie mehr losgelassen. Mit dieser Begeisterung will der Rentner seit mehr als 30 Jahren die Besucher der Überlinger Sternwarte infizieren, über bewegende Himmelsbeobachtungen und erhellende Vorträge.

Er will den Blick weiten

Wüst will den Blick der Menschen weiten „für das große Ganze“, wie er sagt. Demut erwartet er von den Besuchern nicht. Doch will er ihnen die Einzigartigkeit der menschlichen Existenz vor Augen führen. Die Schlüsse müssen sie schon selbst daraus ziehen.

Am besten gelingt ihm dies mit einem Foto der Saturn-Sonde Cassini, das einen Ausschnitt der Planetenoberfläche und der Ringe zeigt und dazwischen im Hintergrund einen stecknadelkopfgroßen weißen Punkt.

„Das ist die Erde,“ erklärt er. Allein das Gefühl zu vermitteln, „wo wir sind“, könne einiges Bewirken und zum Nachdenken anregen. Gerade deshalb hielte es Wüst für sinnvoll, diese „galaktische Sicht“ auch in den Schulen zu vermitteln, „um die eigenen Existenz einordnen zu können“.

„Es reicht, wenn man da Roboter hinschickt“

Ob er eine bemannte Marsexpedition befürwortet? „Nein auf keinen Fall, es reicht, wenn man da Roboter hinschickt“, sagt Wüst: „Allein die Steuerungssignale dorthin sind etwa eine Stunde unterwegs, der Flug würde 200 Tage dauern.“ Ob es je geschehen wird, wagt Wüst nicht zu prognostizieren.

Peter Wüst in der Überlinger Sternwarte neben dem Teleskop.
Peter Wüst in der Überlinger Sternwarte neben dem Teleskop. | Bild: Wüst

Die Dimensionen des Kosmos demonstriert für ihn die US-Sonde Voyager 2, die das Sonnensystem inzwischen verlassen hat. Um zum nächsten Stern unserer Milchstraße, dem Alpha Centauri, zu gelangen, wäre sie noch rund 70.000 Jahre unterwegs.

Dünne Sichel der untergehenden Venus

Egal wann man Peter Wüst in der Sternwarte besucht, der Kenner des Kosmos hält immer ein kleines Schmankerl am Himmel bereit. „Ich habe Ihnen etwas eingestellt“, sagt er und deutet auf das präzise ausgerichtete Teleskop: „Schauen Sie mal rein.“

Selbst am helllichten Tag hat die Sternwarte einiges zu bieten. Das können Protuberanzen sein, die auf der Oberfläche der Sonne gerade zu sehen sind. Oder eine dünne Sichel der untergehenden Venus bei unserem Gespräch morgens um halb Elf.

„Bastler baute Himmelsfernrohr“

Die Überlinger Sternwarte gründete der Hobbyastronom Bruno Müller 1957. „Bastler baute Himmelsfernrohr“, titelte der SÜDKURIER. Heute verfügt sie über ein Teleskop mit einem Objektiv von 15 Zentimeter Durchmesser und 2,25 Meter Brennweite, das mit Nachführtechnik ausgestattet ist.

Seit 1994 gestaltet Peter Wüst sein Führungs- und Vortragsprogramm, seit 1996 gibt es einen Verein. Erst kürzlich hat „Sternwärter“ Wüst den Vorsitz abgegeben, ohne sein Engagement einzustellen.

Tag der Astronomie

Auch am Tag der Astronomie (Samstag, 29. März), hat die Überlinger Sternwarte etwas Besonderes zu bieten – zumindest bei klarer Sicht. In den Mittagsstunden kommt es zu einer partiellen Verfinsterung der Sonne, wobei sich der Mond zwischen Erde und Sonne schiebt, diese aber nur teilweise verdeckt.

Die Finsternis beginnt um 11.22 Uhr und endet um 12.54 Uhr. Das Maximum wird in Überlingen um 12.09 Uhr mit einer Bedeckung von 12 Prozent erreicht. „Das Schauspiel ist nur mit geeigneten Schutzfiltern zu beobachten, etwa mit einer Sonnenfinsternisbrille“, warnt der Himmelsgucker vorsichtshalber.