Rottweil – die Stadt der Superlative? Nicht ganz. Nach der höchsten Besucherplattform Deutschlands in 232 Metern Höhe auf dem Rottweiler Testturm sollte Rottweil auch mit rund 606 Metern die längste Hängebrücke bekommen. Doch das ambitionierte Ziel ist längst gescheitert, mit 665 Metern Länge geht dieser Titel an den Skywalk im nordhessischen Willingen. Und von der Rottweiler Hängebrücke ist immer noch nichts zu sehen.
2016 wurde die Neckarline angekündigt, mittlerweile sind acht Jahre vergangen. Seitdem wird jedes Jahr spekuliert, wann es mit dem Baustart denn endlich klappen könnte.
Im April 2024 war aus dem Rottweiler Gemeinderat die vorsichtige Prognose zu entnehmen, dass der Baustart der Hängebrücke noch im Herbst erfolgen könnte – jetzt steht bereits Weihnachten vor der Tür.
Klickt man auf die Internetseite der Hängebrücke mit dem Namen Neckarline, erblickt der Besucher der Internetadresse nur eine leere, graue Seite, „Wartungsmodus“ heißt es hier, was treffender kaum sein könnte. Denn gewartet wird definitiv.
Die Rottweiler werden ungeduldig
Auch unter den Rottweiler Bürgern kommt langsam Ungeduld auf. 2017 gab es einen Bürgerentscheid und immerhin 71,6 Prozent der Rottweiler stimmten für die Hängebrücke. Jetzt aber „glauben schon viele nicht mehr daran, dass die Brücke kommt“, sagt Henry Rauner, Vorsitzender des Bürgerforums Rottweil.
Das Bürgerforum hat sich nach Aussagen von Rauner seit jeher stark am Diskurs rund um die Brücke beteiligt. Auch eine Arbeitsgruppe extra für die Hängebrücke hat das Bürgerforum ins Leben gerufen, die sich regelmäßig trifft.
Hier sitze man zusammen – und hake selbst immer wieder bei Stadt und Investor nach, wie der Stand der Dinge ist. „Wir denken immer wieder an die Brücke“, sagt Rauner und: „Uns hat man zugesichert, im Frühjahr 2025 mit den Bauarbeiten starten zu können. Je nachdem, wie der Winter ist.“
Eine Aussage, die von offizieller Seite nicht so konkret klingt. Bislang habe die Stadt keinen Termin für einen Baustart bekannt gegeben, sagt der Pressesprecher der Stadt Rottweil, Tobias Hermann. Man bitte um Verständnis, dass man keine Details aus den Planungen eines Unternehmens bekannt geben kann.
Die Stadt Rottweil befinde sich aber in engem Austausch mit dem Investor und es „herrsche Einvernehmen“ dass die Brücke rasch umgesetzt werden soll.
Hängebrücke in Todtnau hat 2023 eröffnet
Beim Investor handelt es sich um die Firma Eberhardt Bewehrungsbau. Diese Firma hat binnen neun Monate Bauzeit eine andere Hängebrücke in Todtnau realisiert. Es geht also – warum aber nicht in Rottweil?

Unterschiedliche Voraussetzungen seien der Grund, sagt der Projektleiter bei Eberhardt Bewehrungsbau, Roland Haag. In Rottweil herrsche schon aufgrund des Denkmalschutzes eine andere Lage. Aktuell müsse man noch „technische Themen“ durcharbeiten, welche das genau sind, möchte Haag im Gespräch mit dem SÜDKURIER nicht sagen. Deswegen wird auch kein genauer Termin zum Baustart genannt.
Man arbeite gerade daran, die geplante Bauzeit zu kürzen. „Wenn gestartet wird, muss das Ding flutschen“, sagt Haag im Gespräch. Rund zwölf Monate sind hier an Bauzeit angedacht – deshalb sei es wichtig im Vorfeld gut zu planen, damit der Zeitrahmen eingehalten werde, so Haag.
Corona erschwerte die Planungen
Durch die Corona-Zeit sei man mit den Bauplänen zurückgeworfen worden, die Kosten für die Brücke seien mittlerweile von sechs Millionen Euro auf zwölf Millionen Euro geklettert. Man habe das Konzept der Brücke verändert, vorher waren Stützpfeiler eingeplant, jetzt wird die Brücke komplett hängen.
An den Erfahrungen in Todtnau sei man gewachsen, so der Projektleiter. Doch bestätigt auch Haag: Mit der Stadt habe man ein „top Verhältnis“ ohne jegliche Reibungspunkte.

Der Bürgerentscheid aus dem Jahr 2017 habe laut der Stadt übrigens kein „Verfallsdatum“, wie Pressesprecher Hermann sagt. Der Entscheid für die Hängebrücke könne nur durch einen erneuten Bürgerentscheid oder einen Gemeinderatsbeschluss außer Kraft gesetzt werden. Sowohl im Gemeinderat, als auch in der Bürgerschaft vernehme man laut dem Sprecher der Stadt aber eine starke Stimmung pro Hängebrücke.
Auch Henry Rauner vom Bürgerforum Rottweil hat Vertrauen in den Investor, „er steht zu Rottweil“, ist er sich sicher. Für Rauner ist aber klar: Spätestens zur Landesgartenschau 2028 muss sie da sein, die Hängebrücke. Bis dann wartet er weiter und sagt: „Gut Ding will Weile haben.“