24 Stunden am Tag ist Hansjürgen Köhler erreichbar. Und das nicht etwa für Notfälle, nein: Bei ihm kann man sich melden, wenn man etwas Sonderbares am Himmel gesehen hat. Natürlich sei es nicht so, dass da stündlich Anrufe eingehen, sagt Köhler. Aber bei schönem Wetter, da kommen die Ufos.

Hansjürgen Köhler ist der Leiter des „Centralen Erforschungs-Netz außergewöhnlicher Himmels-Phänomene“ (Cenap). Seit den 70ern erforscht er mit einem kleinen Team Außergewöhnliches am Himmel, seit den 90er-Jahren betreibt Köhler seine Ufo-Meldestelle.

Wenn Meldungen bei ihm eingehen, gehen er und sein Team der Sache auf den Grund. Dazu braucht Köhler Datum, Uhrzeit, Himmselsrichtung und den genauen Ort. Dann recherchiert er in seinem Astronomieprogramm, vergleicht den Flugverkehr und die Flugbewegungen, schaut nach Satelliten oder bestimmten Sternen.

Elon Musks Starlink-Satelliten Hauptgrund für Meldungen

Die Leute die sich bei ihm melden, wollen einfach eine vernünftige Antwort, sagt Köhler. „Die kommen nicht zu mir und sagen, dass sie irgendwo ein grünes Männchen gesehen haben“, sagt der Cenap-Leiter.

Aus allen Altersgruppen und Gesellschaftsschichten gehen bei ihm Meldungen ein, sagt Köhler. Polizisten melden sich, Doktoren, Professoren, sogar Piloten. „Da ist niemand außen vor“, sagt Köhler, „der Mensch ist ziemlich leicht zu täuschen in seiner Wahrnehmung.“

Hansjürgen Köhler forscht seit 1973 an außergewöhnlichen Weltraum-Phänomenen und hat die Ufo-Meldestelle Cenap gegründet.
Hansjürgen Köhler forscht seit 1973 an außergewöhnlichen Weltraum-Phänomenen und hat die Ufo-Meldestelle Cenap gegründet. | Bild: CENAP

Seit 2019 sorgen vor allem Elon Musks Starlink-Satelliten für Verwundern und landen damit regelmäßig auf dem Spitzenplatz der Meldeliste. Es gebe aber auch viele andere vermeintliche Ufo-Sichtungen, die missinterpretiert werden. Kondensstreifen von Flugzeugen beispielsweise, Vögel oder eine untergegangene Sonne.

Vor der Fasnachts-Zeit graut es Köhler bereits: Jedes Jahr kommen laut Köhler „zig Meldungen“ von sonderbaren Lichtern am Nachthimmel – dabei waren es nur Lichtkegel von Fasnachts-Veranstaltungen, erzählt Köhler und kann ein Schmunzeln in seiner Stimme nicht verbergen.

108 Meldungen bleiben unaufgeklärt

Seit der Gründung des Forschungs-Netzwerks seien 12.060 Meldungen bei Cenap eingegangen. 108 konnten davon nicht aufgeklärt werden. Das sei aber bei Weitem kein Beweis für außerirdisches Leben – es haben schlichtweg Daten zur Erkennung gefehlt, sagt Köhler.

2024 war für die Ufo-Meldestelle laut Cenap ein Rekordjahr, über 1103 Meldungen sind eingegangen, davon rund 150 aus Baden-Württemberg. Was die Meldungen in Baden-Württemberg angeht, gilt laut Cenap vor allem die Rhein-Neckar-Region als Schwerpunkt – aber auch die Bodenseeregion. Rund 20 Fälle stammen 2024 aus den Landkreisen Konstanz und dem Bodenseekreis.

Ufo-Meldestelle seit 50 Jahren

Das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt konnte dem SÜDKURIER diesbezüglich keine Auskunft geben, verwies aber an die Gesellschaft zur Erforschung des Ufo-Phänomens (GEP) aus Lüdenscheid. Genauso wie Cenap führt der Verein seit rund 50 Jahren eine Ufo-Meldestelle und betreibt laut eigenen Aussagen wissenschaftliche Forschung dazu. Mit Cenap arbeite man nicht zusammen, kenne sich aber aus der Jugendzeit.

Seit 1977 seien 47 Meldungen bei GEP aus der Region eingegangen, die letzte Meldung stammt vom 12. August 2024 von Gailingen am Hochrhein. Da habe eine Zeugin ein helles Licht am Himmel gesehen, das aus südlicher Richtung auf sie zuflog, dann aber plötzlich erlosch. Wie sich herausstellte, war es der Landescheinwerfer eines Flugzeugs.

Plastiktüte oder Ufo?

Aus Friedrichshafen kam eine Meldung über zwei eigenartige Objekte am Himmel, die sich als Plastiktüten herausgestellten, in Uhldingen-Mühlhofen hat eine Zeugin ein „Objekt, das sich langsam am Himmel zu bewegen scheint“ beobachtet – am Ende war es ein Folienballon in Form der Zahl 6.

Ein Folienballon der Zahl 6 sorgte in Uhldingen-Mühlhofen für Aufsehen.
Ein Folienballon der Zahl 6 sorgte in Uhldingen-Mühlhofen für Aufsehen. | Bild: GEP-Archiv

Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es laut Peiniger übrigens nie: „Aber wenn etwas aussieht wie ein Hund, läuft wie ein Hund und bellt wie ein Hund, dann ist es auch ein Hund.“

Bodensee-Zeppelin sorgt für Ufo-Meldungen

Dass vergleichsweise viele mutmaßliche Ufo-Meldungen aus dem Bodensee-Raum kommen, habe laut Köhler von Cenap verschiedene Gründe.

Viele Touristen seien hier in der Region unterwegs, außerdem gebe es eine gewisse Bevölkerungsdichte. Auch gebe es hier am See eine bessere und weitere Sicht als in einer Großstadt und die Leute seien mehr draußen unterwegs. „Die sitzen im Biergarten oder auf dem Balkon und sehen alles Mögliche am Himmel“, sagt Köhler.

In Friedrichshafen sorgten Plastiktüten in der Luft für Aufsehen.
In Friedrichshafen sorgten Plastiktüten in der Luft für Aufsehen. | Bild: GEP-Archiv

Und auch der Bodensee-Zeppelin sorgt für Ufo-Meldungen: „Dafür ist der Bodensee ein absolutes Top-Gebiet“, sagt Köhler, „wenn die Leute aus der Ferne da etwas Weißes am Himmel schweben sehen, dann melden sie sich.“ Auch wegen Vögeln, Lichteffekten oder Heißluftballonen meldeten sich die Menschen aus der Region bei Cenap.

Zusammenarbeit mit Europäischer Raumfahrtbehörde

Wie Hansjürgen Köhler betont, hat man sich mit Cenap in den vergangenen Jahrzehnten einen Namen gemacht. Man sei kein „Ufo-Spinner, der Leuten Märchen erzählt“, man habe Fachwissen und auch bereits mit der Europäischen Raumfahrtbehörde zusammengearbeitet.

Diese bestätigt den Kontakt mit der Ufo-Meldestelle: In der Vergangenheit habe man interessierte Melder von außergewöhnlichen Sichtungen am Himmel bereits an Cenap verwiesen, so eine Pressesprecherin.

Ob Köhler glaubt, dass eines Tages wirklich mal ein Ufo gesichtet wird? „Bis heute kann ich sicher sagen, dass bisher niemand da war. Allerdings weiß ich ja nicht, was bis heute Abend ist“, lacht Köhler.

Noch ist er sich aber sicher: Aktuell würden Außerirdische schnell wieder umdrehen, wenn sie sehen, was derzeit auf der Erde los ist. „Die denken sich, lieber schauen wir noch mal in einer Million Jahre vorbei – entweder die Menschen haben sich bis dahin selbst ausgerottet, oder sie sind schlauer geworden.“