Es ruckelt im Panzer. Die Schülerinnen halten sich an ihren Sitzen fest. Nur die offene Luke darüber lässt Licht hinein. „Normalerweise hätten wir jetzt Chemieunterricht“, sagt die 19-jährige Antonija Kiourtsidis.
Stattdessen ist sie mit ihrer Mitschülerin Leni Theurer nun beim Berufsorientierungstag „Girls‘ Day“ in Donaueschingen. Für die Schülerinnen eröffnet sich eine ganz andere Welt beim Jägerbataillon 292 der Deutsch-Französischen Brigade. Hier erfahren die jungen Frauen, wie die Ausbildung bei der Bundeswehr abläuft.

Beim Training geht es nicht um Spaß, sondern um Leben
Gespannt beobachten die 17 Teilnehmerinnen das Training der Jägertruppe, die vor allem für den Kampf in bebautem und stark bewaldetem Gelände ausgebildet wird. Auf der Hindernisbahn springen die Soldaten über den Erdwall, klettern über eine Holzwand, robben unter einem Draht und balancieren über die Balken. „Sie müssen fit für die Operationen zu Fuß sein“, erklärt Hauptmann Pascal H..
Auch den Nahkampf mit taktischen Faustschlägen und Tritten müssen die Jäger beherrschen. Doch was hier nach sportlicher Aktivität aussieht, ist bitterer Ernst. „Die Soldaten müssen in der Lage sein, sich draußen zu verteidigen, um dann auch wieder gut nach Hause zu kommen“, sagt der Hauptmann.
Warum Frauen bei der Bundeswehr gebraucht werden
„Ich würde es mir zutrauen“, sagt Antonija Kiourtsidis. Die 19-Jährige interessiert sich schon lange für eine Karriere bei der Bundeswehr. Doch genauso lange stellt sie sich die Frage, ob Frauen in dieser Männerdomäne eine Chance haben.

„Wenn Sie das wollen, unterstützen wir das komplett“, antwortet Pascal H.. Er spricht von Frauen aus eigenen Reihen, die ihre Aufgaben außerordentlich meistern, wie Thora S.
Thora S. stellt sich den Teilnehmerinnen als Hauptfeldwebel und Versorgungstruppführerin vor. „Ich sorge dafür, dass die Kompanie immer mit Munition, Waffen und Bekleidung ausgestattet ist, auch auf Auslandseinsätzen“, erklärt die 36-Jährige.
„Vermissen Sie manchmal Ihre Familie?“, wollen die jungen Teilnehmerinnen wissen. Darauf findet Thora S. klare Worte: „Natürlich.“ Aber die Kameradschaft in der Kompanie helfe ihr dabei, das Heimweh auch mal abzuschalten.
Die Kameraden müssen sich verstehen
Die Kameradschaft bei der Bundeswehr sei so stark wie in keinem anderen Beruf, ergänzt Pascal H.. Es gebe keine Einzelkämpfer – das wäre auch im Gefecht fatal. Was eine gute Zusammenarbeit bedeutet, erleben die Teilnehmerinnen aus der Vogelperspektive.
Über eine Treppe geht es auf einen Laufsteg, der über eine nachempfundene Wohnung führt. In dieser Übungsstätte, auch Catwalk-Anlage genannt, trainieren die Jäger einen realistischen Häuserkampf. Mit Helm, Maske, Kampfanzug und Sturmgewehr versuchen sie den Feind ausfindig zu machen.

Auf das Stichwort „Hammer“ folgen Schüsse mit Platzpatronen, um den Feind in Deckung zu zwingen. Die kurzen Befehle, der raue Ton – so würden die Soldaten im Gefecht schnell begreifen, was zu tun sei, um die Oberhand zu gewinnen, erklärt Pascal H..

Wofür es sich zu kämpfen lohnt
Genauso ist es beim Übungskampf im Wald. In den Gräben gehen die Soldaten in Deckung. Es qualmt zwischen den Bäumen. So spannend es auch für die Schüler sein mag, betont H. den ernsthaften Sinn dahinter: „Das ist keine Show, das ist Übung, um im realen Gefecht überleben zu können.“

Aber warum setzen sich Soldaten eigentlich dieser Gefahr aus? Auf diese Frage hat Oberleutnant und Zugführer Simon G. eine Antwort: „Jeder hat seine Gründe, sei es Geld oder Kameradschaft. Für mich ist es unsere Gesellschaft und die Freiheit, die wir leben. Und diese Freiheit will ich mit meinem Leben verteidigen.“
Auch die 19-jährige Kiourtsidis ist bereit dazu. Sie hat bulgarische und griechische Wurzeln, ist in Deutschland geboren, aufgewachsen und verbindet viel mit ihrer Heimat. „Ich möchte die Menschen und das Land verteidigen. Aber dafür brauche ich noch viel Übung“, sagt sie.
Der Tod gehört zum Soldatenleben dazu
Auch ihre Schulfreundin Leni Theurer traut sich zu, trotz aller Risiken im Gefecht, Hilfe zu leisten. Weil sie selbst bei der Bergwacht aktiv ist, sehe sie sich auch im Sanitätsdienst der Bundeswehr. Gespannt schaut sie dem Einsatzersthelfer Bravo im Graben dabei zu, wie er eine Schusswunde abbinden würde.

„Das macht was mit einem, wenn der Kameraden verletzt am Boden liegt“, weiß Hauptmann H. aus eigener Erfahrung. Er möchte den jungen Teilnehmerinnen nichts vormachen. Pascal H. erzählt von Auslandseinsätzen, aus denen er mit einem blauen Auge davongekommen ist.
„Jetzt kenne ich die coolen aber auch eher negativen Seiten der Arbeit im Gefecht“, lautet es aus den Reihen der jungen Teilnehmerinnen. Wer von ihnen tatsächlich einmal bei der Bundeswehr landet, wird sich in der Zukunft zeigen.