Bis 1971 gab es in Grünwangen das Baugeschäft Kneissler, das im Deggenhausertal und darüber hinaus im Hausbau aktiv war. Josef Kneissler hatte das Unternehmen, das zeitweise mehr als 80 Beschäftigte hatte, von seinem Vater übernommen und zu Beginn der 70er Jahre aufgegeben.

Heute steht eine vollautomatische Brünieranlage am neuen Standort der Firma im Gewerbegebiet in Untersiggingen.
Heute steht eine vollautomatische Brünieranlage am neuen Standort der Firma im Gewerbegebiet in Untersiggingen. | Bild: Firma Kneissler

Die Firma Schleicher in Markdorf hatte zu der Zeit Bedarf an brünierten Metallteilen für die Herstellung von Aktenvernichtern. Beim Brünieren werden Werkstücke aus Stahl mit einem nicht auftragenden Korrosionsschutz beschichtet, was den Vorteil hat, dass die Passgenauigkeit der Teile nicht leidet – sehr wichtig, bei hochpräzisen Teilen. Mit seiner Frau Mathilde begann Josef Kneissler in den vorhandenen Geschäftsräumen in Grünwangen für den Aktenvernichterhersteller Einzelteile zu beschichten.

Das Thema Umwelt liegt Adolf Stecher besonders am Herzen.
Das Thema Umwelt liegt Adolf Stecher besonders am Herzen. | Bild: Wolf-Dieter Guip

Adolf Stecher, der in Friedrichshafen bei MTU arbeitete, erledigte nebenher die Büroarbeiten in dem neuen Unternehmen. Im Jahre 1977 heiratete Stecher die Tochter des Hauses, Angelika Kneissler, und wirkte an der Firmengründung mit.

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Er absolvierte ein Technikerstudium und stieg 1981 als Kompagnon in das Unternehmen ein. Kurz darauf starb Josef Kneissler völlig überraschend im Alter von 53 Jahren. Für Adolf Stecher war klar, dass er das Unternehmen weiterführen wird. Ebenso klar war ihm, dass die Abhängigkeit von nur einem Kunden ein großes Risiko ist. Also galt es neue Kunden und auch Mitarbeiter zu gewinnen.

Produktion komplett neu aufgestellt

Um die Zukunft des Unternehmens zu gestalten, musste die Produktion komplett neu aufgestellt werden. Und dann das: Der Kunde aus Markdorf gab bekannt, keine Teile von Kneissler mehr zu benötigen. So gab es zwar eine neu aufgestellte Firma mit neuer Anlage, aber keine Kunden mehr.

Fleiß, Ausdauer und Überzeugungskraft

Mit viel Fleiß, Ausdauer und Überzeugungskraft gelang es, neue Kunden zu gewinnen. Insbesondere neue Erkenntnisse, dass das Brünieren über den Korrosionsschutz hinaus die tribologischen Eigenschaften – Reibung, Verschleiß und Schmierung – der Werkstücke positiv beeinflussen, sorgten für eine deutliche Erweiterung des Kundenkreises.

Nachdem das Baugeschäft aufgegeben worden war, begann die Firma Kneissler in Grünwangen Anfang der 1970er Jahre mit der ...
Nachdem das Baugeschäft aufgegeben worden war, begann die Firma Kneissler in Grünwangen Anfang der 1970er Jahre mit der Oberflächenbeschichtung. | Bild: Wolf-Dieter Guip

Zu Beginn der 1990er Jahre platzte der Betrieb in Grünwangen aus allen Nähten und es galt, einen neuen Standort zu suchen. Zu dieser Zeit erfolgte der zweite Bauabschnitt im Gewerbegebiet in Untersiggingen. Adolf Stecher erwarb ein 4500 Quadratmeter großes Grundstück und 1996 wurden die neuen Betriebsräume bezogen.

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In diesen wurde eine vollautomatisierte Anlage in Betrieb genommen, in der neben dem Brünieren die Zink- und Manganphosphatierung vorgenommen werden können. „Die beim Phosphatieren erzeugten Schichten sind zwar nur etwa ein Zehntel so dick wie ein menschliches Haar, verbessern jedoch den Korrosionsschutz sowie die Oberflächeneigenschaften der Bauteile ganz erheblich“, betont Stecher.

1996 zog die Firma nach Untersiggingen um.
1996 zog die Firma nach Untersiggingen um. | Bild: Wolf-Dieter Guip

Das Unternehmen wuchs weiter, sodass im Laufe der Jahre zwei Anbauten notwendig geworden waren. Im Gewerbegebiet gibt es noch Expansionsreserven. „Im Jahre 2014 hat es sich ergeben, dass meine Tochter Sarah in unser Unternehmen eingestiegen ist und sie als Prokuristin für den kaufmännischen Bereich zuständig ist“, erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Adolf Stecher und ergänzt, dass er seiner Tochter, die Betriebswirtschaftslehre studiert hat, bereits die Mehrheit der Gesellschaftsanteile übertragen hat.

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Wenig später hat Stecher den heutigen Ehemann seiner Tochter, Christopher Raiser, ins Unternehmen geholt. Um einen fließenden Übergang in der Unternehmensführung zu gewährleisten, wurde Raiser zum Geschäftsführer berufen, sodass die Geschäftsleitung heute aus drei Personen besteht.

„Den jungen Leuten freie Hand lassen“

„Ich persönlich habe mich aus dem operativen Geschäft verabschiedet, um den jungen Leuten freie Hand bei der Weiterentwicklung des Unternehmens zu geben“, betont Stecher. So sei ein gleitender Übergang in die dritte Generation gewährleistet, wenn man das Baugeschäft mit einbezieht, ist es sogar die fünfte Generation.

Adolf Stecher und der Umweltschutz

Das Thema Umwelt spielt für Adolf Stecher eine große Rolle. „Wir arbeiten mit sensiblen Stoffen und ich lege größten Wert auf Umweltbewusstsein, weil wir eine ganz besondere Verpflichtung gegenüber der Umwelt haben“, betont er. Das Unternehmen Kneissler hat sich bereits 1997 nach dem europäischen Umweltmanagement-System EMAS (Öko-Audit) zertifizieren lassen.

Dies sieht unter anderem vor, dass jährlich ein Umweltbericht veröffentlicht werden muss. Durch die EMAS-Zertifizierung ist Stecher auf die Idee der Biodiversität gestoßen. Das bedeutet, die biologische Vielfalt auf dem Betriebsgelände zu erhalten und zu verbessern. „Bei der aktuellen Stunde, die wir jeweils am Freitag im Betrieb durchführen, hatte ich die Idee mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besprochen und eine positive Resonanz erfahren“, berichtet Adolf Stecher.

Bei einem Vorgespräch mit der Bodenseestiftung wurde festgestellt, dass das Unternehmen schon vieles richtig macht. Bei einem Ökocheck gab es weitere Anregungen. „Mit der Beraterin für Natur-Erlebnis-Räume, Maria Stark, aus Urnau, haben wir eine ökologische Planung für das gesamte Betriebsgelände entwickelt“, erklärt Stecher. Es galt, das vorhandene Potenzial auszubauen und zu ergänzen.

Das Ziel war es, den gesamten nicht bebauten Teil des Betriebsgeländes naturnah anzulegen – mit dem Effekt, dass man damit keine oder kaum mehr Arbeit hat. So wurde etwa eine Baulandreserve mit einer Saatmischung aus Wild- und Kulturpflanzen eingesät. Weiterhin wurden Totholzhaufen eingerichtet und Lesesteine für Eidechsen aufgetürmt sowie eine Vogelschutz- und Nährhecke und ein Trockenstandort eingerichtet.