Frau Schumann, wann wurde der Kindergarten in Deggenhausen aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen und wie haben Sie die neue Lage anfangs eingeschätzt?

Auch unser Kindergarten wurde am 17. März, so wie alle Einrichtungen in Baden-Württemberg, geschlossen. Am Anfang sind wir alle von nur fünf Wochen Schließung ausgegangen. Den letzten Tag der Öffnung haben meine Kolleginnen und ich genutzt, zu überlegen, was für Arbeiten in dieser Zeit anfallen werden, wie wir mit den Kindern und Eltern in Kontakt bleiben können, welche Fortbildungen wir machen können. Doch vor Ostern war uns allen klar, dass der Betrieb so, wie wir ihn kannten, nicht aufgenommen werden wird.

Das könnte Sie auch interessieren

Welche Rückmeldungen haben Sie von den Eltern erhalten?

Da wir vom ersten Tag der Schließung an mit den Kindern und Eltern über Mail oder Telefon in Kontakt geblieben sind, kamen von Anfang an viele positive Rückmeldungen von den Eltern. Eltern schickten uns Fotos von den Kindern und deren Mal- und Bastelarbeiten, aber auch kurze Videos kamen an. Wir nutzen alle Möglichkeiten aus, um immer in den Familien präsent zu sein.

Gibt es eine Notbetreuung im Kindergarten Deggenhausen?

Seit dem 17. März gab es in der Gemeinde eine Notbetreuung. Von unserem Kindergarten hatte bis zum 24. April keiner eine Notbetreuung benötigt, erst seit dem 27. April haben wir direkt in unserer Einrichtung eine Notbetreuung. In der ersten Woche waren es sieben Kinder, seit Kurzem betreuen wir neun Kinder täglich von 7 bis 16 Uhr. Obwohl die Kinder sechs Wochen nicht in der Einrichtung waren und der Alltag anders abläuft als vor Corona, sind die Kinder gut im Kindergarten angekommen. Auch die entsprechenden Hygienemaßnahmen machen die Kleinen super mit. Es macht richtig Spaß, wieder direkt mit Kindern zu arbeiten. Jetzt ist wieder Leben im Kindergarten.

Welche Ideen haben Sie und Ihr Team entwickelt, um mit den Familien in Kontakt zu bleiben?

Aus der Idee heraus, die Schulkinder bekommen Hausaufgaben, haben wir den Kindern Mails zukommen lassen, in denen Aufgaben dabei waren, zum Beispiel Ausmalbilder, Vorschulblätter, Bastelvorschläge und vieles mehr. Die Rückmeldungen von den Eltern und Kindern waren sehr positiv und so haben wir unsere Mails, die wir montags, mittwochs und am Freitag versenden, ausgearbeitet, unter verschiedene Themen gestellt. Meine Kolleginnen werden hier auch immer kreativer, beispielsweise gab es Rätsel, ob die Kinder uns auf Kinderfotos erkennen, oder Bilder von der Umgebung des Kindergartens.

Das könnte Sie auch interessieren

Ebenfalls haben wir die Geburtstagskinder angerufen und ihnen eine Geburtstagskarte und ein kleines Geschenk zukommen lassen. Jetzt gibt es auch eine Bastelkiste vor dem Kindergarten, wo sich Kinder verschiedene Bastelsets herausnehmen können. Diese Idee stammt vom Kindergarten Limpach.

Welche Auswirkungen hat die Schließung des Kindergartens auf Kinder und Eltern?

Ich kann mir gut vorstellen, dass Kinder, die schon einmal im Kindergarten eingewöhnt waren, wieder Trennungsschwierigkeiten oder andere Schwierigkeiten haben. Wir bekommen aber auch Kinder zurück, die tolle Entwicklungsfortschritte gemacht haben. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass viele Kinder keine Schwierigkeiten haben, denn unsere Eltern haben viel geleistet und jede Familie hat alles darangesetzt, dass es den Kindern gut geht. Ich bin auch gespannt, wie unsere Kinder ankommen.

Bei den Eltern kann ich mir vorstellen, dass sehr viele an ihre Grenzen gekommen sind, denn Homeoffice, Kinderbetreuung, Homeschooling und die normalen Arbeiten zu Hause in Verbindung mit der Ungewissheit, wie es weiter geht, hinterlassen auch Spuren. Auch bei mir privat lief es nicht immer reibungslos mit Homeschooling und weiteren Belastungen. Aber man muss sich immer wieder selber Mut machen, dass es allen so geht. Lücken im Lernstoff haben alle. Wir im Kindergarten sind aber motiviert, die Kinder da abzuholen, wo sie jetzt stehen und in der Arbeit unser Bestmögliches zu tun.

Das könnte Sie auch interessieren

Können Sie den Eltern Tipps geben, um Konflikten, die aus der Kombination Homeoffice und Kinderbetreuung entstehen, entgegenzuwirken?

Alle Eltern, die den Spagat zwischen all diesen Bereichen gemeistert haben, verdienen meinen größten Respekt. Für jeden ist diese Zeit etwas ganz Neues, denn wir haben so etwas noch nie erlebt. Ich glaube, in jeder Familie gibt es mal Hochs und Tiefs. Ich hoffe, dass jeder eine Anlaufstelle hat, um mal die Sorgen loszuwerden – und wenn es nur eine Freundin am Telefon ist. Wir haben zum Glück einen sehr verständnisvollen Arbeitgeber, der uns Leiterinnen die Möglichkeit gibt, unser Personal so einzuplanen, damit jeder Familie und Beruf unter einen Hut bringen kann.

Das könnte Sie auch interessieren

Ich habe das Glück, dass mein Jüngster mit elf Jahren nicht mehr eine Rundumbetreuung braucht, sodass Zeit für den Kindergarten verfügbar ist. Ab Nachmittag habe ich meine dreijährige Enkeltochter, denn meine Tochter ist auf eine Betreuung nach dem Kindergarten oft angewiesen, damit sie ihrer Arbeit nachgehen kann. In dieser Zeit war es sehr schwierig, Homeoffice zu machen, daher kann ich mir vorstellen, was manche Familien geleistet haben, die mehrere kleine Kinder im Haushalt haben. Den richtigen Ratschlag kann man kaum geben, da jede Familie anders aufgestellt ist. Wir werden aber in der Notbetreuung und wenn der Kindergarten wieder anläuft das Bestmögliche tun, damit Eltern wieder ihrer Arbeit nachgehen können und auch wissen, dass ihre Kinder im Kindergarten gut versorgt sind.

Wie ich höre, haben Sie einen Youtube-Channel entwickelt. Wie sind die Inhalte und wie der organisatorische Ablauf?

Die Idee bekam ich von der Leiterin aus Heiligenberg. Die Resonanz der Eltern und Kinder hat mein Team und mich gleich überzeugt. Zum Glück habe ich eine Stellvertretung, Beate Salac Exel, die diese Idee gleich umgesetzt hat. Seitdem nehmen wir im Homeoffice oder im Kindergarten Videos von Fingerspielen, Märchen, Bilderbüchern, Liedern oder auch einen Rundgang durch den Kindergarten auf. Fertige Videos senden wir an unsere Kollegin, die diese auf unseren Youtube-Channel einstellt. Bei den Kindern und Eltern kam dies ebenfalls gut an. Sie sehen und hören uns mal und es ist ein bisschen Kindergarten. Auch für uns war es wie „normale“ Arbeit.

Wie stellen Sie sich die Wiedereröffnung des Kindergartens vor und welche Vorbereitungen treffen Sie?

Ich verfolge ständig Mitteilungen in der Presse, vom Kultusministerium von Baden-Württemberg und von unserer Gemeinde, damit wir bei der Arbeit, vor allen bei den Vorschriften, auf dem Laufenden sind. Dementsprechend stellen meine Stellvertretung und ich Dienstpläne zusammen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die ersten Wochen nach der Wiedereröffnung ungewohnt laufen, denn man muss sich auf die neue Situation erst einstellen. Ich habe aber ein sehr gutes, engagiertes Team im Kindergarten und wir nehmen das als eine neue Herausforderung an. Auch weil ich weiß, wir haben tolle Eltern und eine gute Gemeindeverwaltung, die uns alle nach ihren Möglichkeiten unterstützen und helfen werden.

Das könnte Sie auch interessieren

Welche Schlüsse ziehen Sie aus den Vorgängen rund um den Kindergarten im Zusammenhang mit Corona für die Zukunft?

Es war und ist eine schwierige, spannende Zeit, in der die ganze Welt sich befindet. Wir haben mehr mit anderen Medien gearbeitet. Wir haben im Team die ganzen Wochen versucht, uns gegenseitig zu stärken, Mut zu machen und auch das Positive zu sehen. Wir haben eng mit allen Kindergärten zusammengearbeitet und gute Ideen für die Arbeit ausgetauscht.

Dieser Zusammenhalt und die Kreativität im Team, der Rückhalt von unserer Gemeinde, die Zusammenarbeit mit den anderen Einrichtungen, die positiven Rückmeldungen von den Kindern und Eltern – alles hat dazu beigetragen, dass gute Arbeit geleistet wurde und wir auch positiv in die Zukunft sehen. Natürlich wird das Virus uns noch lange begleiten und auch das Arbeiten im Kindergarten verändern, aber ich bin mir sicher, dass wir das schaffen.