Wie geht es mit der Flugverbindung von Friedrichshafen nach Frankfurt weiter? „Das ist derzeit tatsächlich die am häufigsten gestellte Frage“, sagt Flughafenchef Claus-Dieter Wehr im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Und was antwortet er darauf? „Wir sind dran.“
Vor einigen Wochen war bekannt geworden, dass Lufthansa die Flüge von Friedrichshafen nach Frankfurt für mindestens ein Jahr streicht. Maschinen der A320-Neo-Flotte müssen aufgrund außerplanmäßiger Wartungen in die Werkstatt. Der Chef des Häfler Flughafens hatte im Dezember erfahren, dass der Bodensee-Airport ab April aus diesem Grund nicht mehr von der größten deutschen Airline angesteuert wird.
„Wir sind darüber lediglich informiert worden“, sagt Claus-Dieter Wehr. Normalerweise spreche man mit Airlines und Reiseveranstaltern über Optionen. „Das war hier – aus welchen Gründen auch immer – nicht möglich. Einen Austausch gab es nicht, das fanden wir tatsächlich auch ungewöhnlich“, gibt der Flughafenchef zu.
Nahtloser Übergang ist kaum noch denkbar
Am Bodensee wird seither an einer Lösung gefeilt. Aktuell prüft die Regionalfluggesellschaft SkyAlps aus Bozen zusammen mit dem Flughafen, ob sie die Strecke übergangsweise übernehmen kann. Spruchreif ist das aber auch Ende Februar noch nicht. Ein nahtloser Übergang, den der Flughafenchef sich gewünscht hatte, ist damit kaum noch denkbar. „Dass das voraussichtlich nichts wird, war schon relativ schnell klar“, sagt Claus-Dieter Wehr. Die Themen, die es noch zu bearbeiten gilt, seien schließlich „nicht ganz trivial“.
So brauche es entsprechende IT-Lösungen, damit beispielsweise das Gepäck bei Weiterflügen direkt durchgecheckt werden kann, Voraussetzungen für einen entsprechenden Buchungsverbund seien Vereinbarungen und Kooperationen zwischen Lufthansa und der SkyAlps – oder einem anderen möglichen Anbieter. Eine weitere Herausforderung sei in der gesamten Branche aktuell die Verfügbarkeit von Flugzeugen. Auch SkyAlps könnte voraussichtlich erst Ende April ein Flugzeug in Friedrichshafen stationieren.
Im April steht die Luftfahrtmesse Aero in Friedrichshafen auf dem Programm. Während diese dem Bodensee-Airport insgesamt zwar viele Flugbewegungen beschwert, weil Gäste mit dem eigenen oder gecharterten Flugzeug anreisen, fehlt gerade dann die wichtige innerdeutsche Verbindung im Linienverkehr. „Gemeinsam mit der Messe haben wir geprüft, welche Möglichkeiten es gibt, für Aussteller und Besucher Charterflüge zu organisieren“, so Wehr. Doch das habe sich als kaum leistbar erwiesen, zu viele Fragen seien unklar, wer verkauft die Tickets und gibt es genug Abnehmer?
Regelmäßige Kontakte sind wichtig
Der Kontakt zur SkyAlps besteht seit etwa einem Jahr. Eigentlich hatten die Airline und der Flughafen Optionen für Verbindungen vom Bodensee nach Hamburg, Berlin oder Düsseldorf geprüft. Mit dem Wegfall der Frankfurt-Flüge war allerdings diese innerdeutsche Strecke in den Fokus gerückt. „Auch wenn SkyAlps vorübergehend Flüge von Friedrichshafen nach Frankfurt übernehmen sollte, sind die anderen potenziellen Verbindungen nicht vom Tisch“, sagt Wehr. So sei je nach Frequenz auch eine Kombination aus verschiedenen Zielen denkbar.
Generell stünden die Verantwortlichen am Flughafen das ganze Jahr über mit vielen Fluggesellschaften und Reiseveranstaltern in Kontakt. „Automatisch läuft da nichts“, sagt Claus-Dieter Wehr. Man könne sich nicht zurücklehnen und darauf hoffen, dass schon jemand auf den Flughafen zukommen wird, stattdessen müssten Kontakte regelmäßig gepflegt werden. Um Airlines und Reiseanbieter für den Bodensee-Airport zu gewinnen, gehen die Verantwortlichen unter anderem auf neue Fluggesellschaften und Start-ups zu.
Mit etablierten Anbietern stehe man ohnehin regelmäßig in Kontakt, nutze Foren und Messen wie die Connect Aviaton oder die Routes Europe. „Wir reden mit allen und manchmal klappt es dann“, sagt Wehr. Mitunter auch ganz plötzlich. Bei Airlines, die kleine Flughäfen eigentlich nicht anfliegen wollen, könnten sich Einstellungen und Strategien schließlich auch ändern. Oder Airlines fliegen den Bodensee nach einer längeren Pause wieder an. Daher lohne es sich, dranzubleiben und Kontakte nicht abreißen zu lassen. „Die türkische Fluggesellschaft Freebird war schon mal hier, jetzt hat sie für den Sommerflugplan 2024 die Strecke Friedrichshafen–Antalya im Programm“, freut sich der Flughafenchef.
Akquise bleibt Herausforderung
Trotzdem bleibe die Suche nach Airlines und Reiseveranstaltern, die einen kleinen Regionalflughafen ansteuern, schwierig. „Es will keiner mehr ein unternehmerisches Risiko eingehen“, schildert Wehr seine Erfahrungen. Bei Verhandlungen werde viel nach Garantien gefragt. Eine Fokussierung auf den Low-Cost-Sektor hatte der Bodensee-Airport bislang ausgeschlossen. Findet hier ein Umdenken statt?
„Wir haben immer gesagt, uns geht es um den richtigen Mix aus Urlaubsfliegern und Angeboten für Geschäftsreisende“, so Wehr. Man werde sehen, „wohin sich das entwickelt und was unsere Region braucht“. Im Fokus stehe nun aber zunächst eine regelmäßige Verbindung nach Frankfurt. „Hier eine Lösung zu finden, hat für mich aktuell oberste Priorität.“
Der Bodensee-Airport
- Passagiere: 2023 nutzten rund 315.000 Passagiere den Bodensee-Airport. Etwa ein Drittel des Passagieraufkommens entfiel dabei auf die Strecke Frankfurt–Friedrichshafen. In den vergangenen Jahren hat sich insgesamt am Reiseverhalten wenig geändert, sagt Flughafenchef Claus-Dieter Wehr. Die Reiselust sei ungebrochen, Mallorca nach wie vor das beliebteste Reiseziel. Verzichtet werde allerdings vermehrt auf einen Zweit- oder Dritturlaub, ergänzt Pressesprecher Bernd Behrend, oder den Kurztrip am Wochenende.
- Bundeswehr: Im vergangenen Jahr waren im Luftraum über Friedrichshafen Flugzeuge der Bundeswehr am Himmel zu sehen. Auch in diesem Jahr sind Übungen mit Fallschirmsprüngen in der Region geplant. „Der Bodensee-Airport dient dabei immer wieder als Logistikstandort“, sagt Flughafenchef Wehr. Das nächste Mal schon von 12. bis 14. März.
- Tower: „Auch hier sind wir dran“, betont Wehr. Die Machbarkeitsstudie, ob ein Neubau oder die Anbindung an den Tower eines anderen Flughafens die bessere Lösung wäre, ist abgeschlossen. Nun geht es an die Markterkundung sowie Fragen zur Ausschreibung. Ergebnisse hierzu soll es bis Mitte des Jahres geben.