Die FDP-Fraktion im Landtag wollte es genau wissen: Wie oft wurden seit Ausbruch der Corona-Pandemie Bußgeldbescheide wegen Verstößen gegen die Corona-Verordnung des Landes erlassen? In der vergangenen Woche legte das Innenministerium daraufhin die Zahlen zum Stichtag 30. Juni vor. Unter den sechs abgefragten Städten im Regierungspräsidium Tübingen war auch Friedrichshafen.
Städte am See stellen viele Bescheide aus
Dabei gab es auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl deutliche Unterschiede. So hat Biberach mit rund 35.000 Einwohnern von März bis Juni nur 123 Corona-Bußgeldbescheide ausgestellt, Ulm mit 126.000 Einwohnern 746. Friedrichshafen, das mit rund 60.000 nur halb so viele Einwohner hat wie in Ulm, meldete laut der Liste des Innenministeriums 701 Bußgeldbescheide. Damit wurden in der Zeppelinstadt bei der Stichprobe im Regierungsbezirk Tübingen pro Kopf betrachtet die meisten Bußgeldbescheide erlassen.
Corona-Verstöße: Bußgeldbescheide und Einnahmen der Städte im Vergleich
Allerdings liegt diese Zahl noch deutlich höher. In der Bilanz des Rathauses sind bis Ende Juni insgesamt 901 Verfahren wegen Corona-Verstößen aufgelistet: 128 im März, 597 im April, 171 im Mai und 5 im Juni. Wie kommt es zu dieser Differenz? „Die Erhebung des Innenministeriums ist uns nicht bekannt“, antwortet die städtische Pressestelle auf Nachfrage. Möglicherweise seien bei dieser Erhebung nur die Polizeianzeigen zugrunde gelegt worden. Das würde bedeuten, dass die vom Gemeindevollzugsdienst angestrengten Verfahren nicht eingerechnet sind. Eine Erklärung für die doch deutliche Abweichung von 200 Fällen hat aber auch der Sprecher des Innenministeriums, Renato Gigliotti, nicht: „Die Zahlen wurden bei den Regierungspräsidien abgefragt, die diese bei den Städten angefordert haben.“
Inzwischen hat Friedrichshafen die Statistik fortgeschrieben. Die aktuellen Zahlen zum Stichtag 19. August listen seit März nun insgesamt 936 Verfahren auf. Es sind nach Angaben der Stadt also nur wenige dazu gekommen, genau genommen 16 im Juli und 19 im August. Zwei Drittel (22) davon waren Reiserückkehrer, die gegen die Quarantäne-Auflagen verstoßen haben, teilt das Rathaus mit. Drei Gewerbebetriebe haben demnach Bußgeldbescheide wegen Verstößen gegen die Hygieneauflagen bekommen und zehn Personen wegen Vernachlässigung der Maskenpflicht. Allerdings wurden nach Angaben der Stadt von den insgesamt 936 Verfahren 259 wieder eingestellt und damit jeder dritte Bußgeldbescheid zurück genommen. 79 Verfahren aus diesem Zeitraum laufen noch.
Corona-Verordnung Baden-Württemberg
Aus der Statistik geht allerdings auch hervor, dass Friedrichshafen bei den Bußgeldern verhältnismäßig moderat vorgeht. So beklagte der FDP-Fraktionschef im Landtag, Hans-Ulrich Rülke, dass Mannheim durchschnittlich etwa 200 Euro verlange, Friedrichshafen dagegen weniger als 60 Euro. Laut der Liste des Innenministeriums sind die Einnahmen der Stadt aus Corona-Bußgeldbescheiden mit 40.000 Euro angegeben. Dabei bezog Rülke seine Einschätzung allerdings auf die vom Land gemeldete Zahl von 701 Fällen. Nimmt man die von Friedrichshafen selbst gemeldete Zahl von 901 Fälle, sind es durchschnittlich weniger als 45 Euro pro Verfahren. Zum Vergleich: Konstanz mit rund 80.000 Einwohnern steht mit 960 Bußgeldbescheiden in der Liste des Innenministeriums und Einnahmen von rund 85.000 Euro, was im Durchschnitt einem Bußgeld von knapp 90 Euro pro Fall entspricht.

Eine genaue Zahl, wie hoch die verhängten Bußgelder aktuell sind, kann das Häfler Rathaus nicht liefern. Aber die meisten Verstöße, exakt 445 Fälle, wurden mit einer Strafe zwischen 100 und 200 Euro sanktioniert. In 136 Verfahren blieb es bei unter 100 Euro. In 18 Verfahren lag das Bußgeld zwischen 201 und 300 Euro. Nur in einem Fall setzte die Behörde eine Strafe „zwischen 301 und 600 Euro“ fest. Genauere Angaben könne man nicht machen, da „bei einer Auskunft die betroffene Person identifizierbar“ wäre.
Noch schärfe Regeln seit Anfang September
Seit Anfang September gelten laut aktueller Corona-Verordnung des Landes nun noch schärfere Regeln. Neu ist, dass das Land einen Regelsatz empfiehlt, um die Strafhöhe in den Städten anzugleichen. Nach wie vor entscheide aber die Behörde vor Ort bei jedem Einzelfall nach Ermessen, wie hoch das Bußgeld ausfällt, erklärt der Sprecher des Innenministeriums. Der angepasste Strafkatalog sieht nun zum Beispiel vor, dass sogar Schülern ab der fünften Klasse ein Bußgeld von 25 und 250 Euro droht, wenn sie außerhalb des Unterrichts keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Der Regelsatz für diese Ordnungswidrigkeit liegt bei 35 Euro. Kontrollieren müsste das nach Angaben des Sozialministeriums das Ordnungsamt. Ob künftig auch auf Schulhöfen patrouilliert wird?