Mit Bewertungen und Rankings ist das ja immer so eine Sache. Oft sind sie einseitig, teilweise auch wenig transparent. Interessant wird es vor allem dann, wenn eine Sache aus verschiedenen Perspektiven sehr unterschiedlich bewertet wird. So wie beispielsweise aktuell beim Flughafen in Friedrichshafen, zu dem innerhalb weniger Wochen gleich zwei Rankings veröffentlicht wurden.

Ranking Nummer 1: Was die Passagiere sagen

Kurze Wege, alles auf einer Ebene, gute Parkmöglichkeiten und ÖPNV-Anbindungen, freundliches Personal – viele Fluggäste äußern sich in ihren Google-Rezensionen in den höchsten Tönen über den Flughafen Friedrichshafen. Diese Bewertungen wiederum bilden die Basis für ein Ranking, das das Fluggastrechteportal Airhelp jährlich erstellt. Untersucht wurden ausschließlich Flughäfen mit mehr als 500 Rezensionen, also insgesamt 20 in Deutschland.

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Das Ergebnis: Der Bodensee-Airport steht mit 4,3 von insgesamt fünf möglichen Sternen (770 Bewertungen) auf Platz 2 der beliebtesten Flughäfen in ganz Deutschland. Auffällig: Mit Sieger Münster/Osnabrück (4,3 Sterne/1137 Bewertungen) und Nürnberg (4,3 Sterne/5221 Bewertungen) stehen drei kleine Regionalflughäfen in der Top3-Liste. Die großen Flughäfen München und Stuttgart schaffen es lediglich auf Platz 6 (München) und Platz 9 (Stuttgart).

Parkplätze direkt vor dem Flughafengebäude, die Bahnstation wenige Meter entfernt: In Friedrichshafen sind die Wege kurz.
Parkplätze direkt vor dem Flughafengebäude, die Bahnstation wenige Meter entfernt: In Friedrichshafen sind die Wege kurz. | Bild: Wienrich, Sabine

Doch in den Rezensionen finden sich auch kritische Stimmen zum Flughafen Friedrichshafen. Mal werden fehlende Toiletten moniert, mal lange Wartezeiten bei der Passkontrolle, wenn man aus dem Nicht-Schengen-Raum einfliegt. Finden solche Stimmen beim Flughafen-Management Gehör? „Wenn wir bei den Google-Rezensionen eine Tendenz erkennen, handeln wir dementsprechend“, erklärt Flughafensprecher Bernd Behrend. So werden aktuell beispielsweise Kontrollspuren umgebaut, um die Passkontrollen zu erleichtern. Und auch zusätzliche Toiletten sollen demnächst eingebaut werden.

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Fazit zum Airhelp-Ranking: Da das Ranking ausschließlich auf Google-Bewertungen beruht, gelten hier die üblichen Kritikpunkte. Die Rezensionen sind rein subjektiv, werden nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft und teilweise auch anonym abgegeben. Dennoch ist es interessant, die Bewertungen von Friedrichshafen im Vergleich zu den anderen deutschen Flughäfen zu sehen. Hier scheinen kleinere Regionalflughäfen in Sachen Erreichbarkeit und Service ganz klar im Vorteil zu sein.

Ranking Nummer 2: Was die Piloten sagen

Regelmäßig vor den Sommerferien benotet die Vereinigung Cockpit (VC), also der Verband für Verkehrsflugzeugführer und Flugingenieure mit Sitz in Frankfurt am Main, die Flughäfen in Deutschland. Für die insgesamt 28 Flughäfen gibt es dieses Mal im Durchschnitt die Note 2-. Der Häfler Flughafen allerdings rutschte von einer 2,14 in 2022 auf eine 2,6. Damit gehört er neben einigen anderen Regionalflughäfen zu den schlechtesten in Deutschland – zumindest aus Sicht der Piloten. VC weist allerdings darauf hin, dass es bei ihrem Flughafencheck nicht darum geht „ob ein Flughafen die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt! Dies ist und bleibt die Zuständigkeit von Behörden!“

Flughafensprecher Bernd Behrend sieht Rankings als Möglichkeit, Verbesserungen umzusetzen.
Flughafensprecher Bernd Behrend sieht Rankings als Möglichkeit, Verbesserungen umzusetzen. | Bild: Lena Reiner

Für den Laien ist der VC-Flughafencheck schwer verständlich

Schaut man sich den Check im Detail an, versteht der Laie erstmal wenig. Bewertet werden zum Beispiel „Runway Guard Lights“ oder die Teilnahme an „Local Runway Safety Teams (LRST)“. Und genau hier hat Friedrichshafen gleich zwei Fünfer kassiert, während die anderen Noten sich eher im Zweier-Bereich bewegen. Worum genau geht es also? „LRST sind Teams, die von der obersten Zertifizierungsbehörde, der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA), vorgeschrieben sind“, erläutert Flughafensprecher Behrend. Auch in Friedrichshafen gebe es solche Teams, die sich regelmäßig treffen. „Sie werten Vorfälle und Feedback der Piloten aus“, erläutert Behrend, „denn Ziel ist es, dass sich Piloten an allen Flughäfen weltweit zurechtfinden.“ Damit das funktioniert, gibt es beispielsweise Standards bei Beschilderungen oder Beleuchtungen.

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Die EASA empfiehlt, hier auch Pilotenvereinigungen wie Cockpit zu den Treffen einzuladen. Und genau das sei aber in Friedrichshafen nicht passiert, so Behrend: „Während der Pandemie fanden die Teamtreffen virtuell statt und beim letzten Präsenzmeeting war Cockpit nicht dabei, das war keine böse Absicht.“ Am Ende wurde das nun mit einer 5 bewertet – und der Flughafen Friedrichshafen rutschte im Ranking ab.

„Wir sind nicht eitel, aber für uns bedeutet das eine gewisse Intransparenz, wenn wir bei den LRST nicht dabei sind“, erläutert Matthias Baier, Sprecher der Vereinigung Cockpit auf SÜDKURIER-Anfrage. Allerdings habe es am Mittwoch bereits eine Einigung mit dem Flughafen Friedrichshafen gegeben. „Wir werden uns künftig auch beim LRST Friedrichshafen beteiligen“, so Baier.

Fazit zum VC-Flughafencheck: Die gesetzlichen Sicherheitsstandards an deutschen Flughäfen sind hoch, es geht also hier bei der Bewertung der Pilotenvereinigung Cockpit rein um Empfehlungen zur Verbesserung. Letztlich ist es aber durchaus sinnvoll, dass die, die im Cockpit sitzen, ihr Feedback geben – und dafür auch eine Plattform bekommen.