Nehmen die Corona-Fälle an Schulen im Bodenseekreis zu?
„Das regelmäßige systematische Testen an Schulen bringt in einer Engmaschigkeit neue Fälle ans Licht, die es sonst in wohl keinem anderen gesellschaftlichen Bereich gibt“, berichtet Landkreissprecher Robert Schwarz. Im November galten bisher 62 Menschen an Schulen – Schüler und Personal – per Labortest als infiziert. Mit steigendem Infektionsgeschehen in der Bevölkerung nehmen also auch die positiven Tests an Schulen zu. Aktuell (Stand 17. November) sind laut Land Baden-Württemberg 0,46 Prozent aller Schüler und 0,4 Prozent aller Lehrkräfte positiv getestet. Getestet werden allerdings nur ungeimpfte Schüler und Lehrkräfte, sodass die Dunkelziffer höher sein dürfte.
Gibt es an Schulen mehr Corona-Fälle als anderswo?
„Es ist davon auszugehen, dass in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens das Virus in ähnlicher Häufigkeit grassiert, die Fälle tendenziell aber dann sichtbar werden, wenn sie die Schule erreichen. Die Erfahrung zeigt, dass an einem bestätigten Schulfall oft auch eine betroffene Familie hängt, wobei nicht verallgemeinernd gesagt werden kann, ob der Fall jeweils aus der oder in die Schule kam“, erläutert Schwarz. Mittlerweile konzentriere sich das Gesundheitsamt bei der Kontaktnachverfolgung ausschließlich auf größere Ausbrüche.
Wo gibt es größere Ausbrüche an Schulen im Landkreis?
Ist beispielsweise ein Schüler einer Klasse infiziert, ein weiterer in einer anderen Klasse usw. sind das „Einzeleinträge“, die nicht für ein größeres Ausbruchsgeschehen an der Schule sprechen. Als „relevanten Ausbruch“ definiert die Corona-Verordnung, wenn 20 Prozent oder fünf Schüler einer Klasse innerhalb von zehn Tagen positiv getestet wurden. „Dann werden ganze Klassen in Quarantäne geschickt“, erläutert Robert Schwarz. Diese Entscheidung trifft allein das Gesundheitsamt, nicht die Schule selbst. Größere Ausbrüche gab es zuletzt laut Schwarz an der Waldorfschule in Überlingen und an der Grundschule Deggenhausertal.

Was passiert, wenn viele Schüler einer Schule positiv getestet werden?
Das ist zuletzt beispielsweise in dieser Woche an der Teuringer-Tal-Schule in Oberteuringen passiert. Allein am Montag gab es zehn positive Antigentests, berichtet das Landratsamt. Laut Eltern verteilten sich die Tests auf sieben verschiedene Klassen, sodass sieben verschiedene Kohorten gebildet werden mussten. In so einem Fall müssen die betroffenen Klassen abgesondert und täglich getestet werden, was für die Schule einen erheblichen Aufwand darstellt – insbesondere auch bei der Nachmittagsbetreuung. In Oberteuringen beispielsweise halfen Eltern aus, da die Betreuung sonst hätte ausfallen müssen. An anderen Grundschulen gibt es in so einem Fall kein Mittagessen und keine Betreuung mehr. Stellt sich heraus, dass Schnelltests falsch-positiv waren, wie es beispielsweise in Oberteuringen bei rund der Hälfte der Tests der Fall war, war der Aufwand umsonst. „Das Testen bringt eine gewisse Unruhe, ist aber alternativlos“, sagt Steffen Rooschüz, Geschäftsführender Schulleiter der Friedrichshafener Schulen. „Und alles ist besser als eine Klasse wieder komplett eine Woche in Quarantäne zu schicken.“
Warum gibt es in vielen Schulen weniger Betreuungsangebote?
„Wir haben im Moment durch die Erkältungswelle und Corona-Infektionen viele Personalausfälle und können die strenge Kohortenregelung, für die wir eigentlich deutlich mehr Personal bräuchten, vielerorts nicht mehr stemmen“, erklärt Schulleiter Rooschüz, der auch dem Betreuungsverein vorsitzt. Mittlerweile setzen die meisten Schulen auch unabhängig von Fällen wieder auf das Kohortenprinzip und die Klassen werden nicht mehr durchmischt. Die Folge: In vielen Bereichen, wie beispielsweise in der Betreuung, fallen Angebote für die Kinder, beispielsweise Sportkurse, weg.
Geht das Konzept der täglichen Tests nach einem Infektionsfall auf?
Hier sind sich Gesundheitsamt, Schulen und Eltern einig. „Bei dem Umgang mit positiv getesteten Klassen und Kinder verfahren die Schulen durchaus zufriedenstellend und koordiniert“, berichtet Lars Scheider, Vorstand des Gesamtelternbeirats Friedrichshafen. So schildert es auch Landkreissprecher Robert Schwarz: „Die Testungen funktionieren und alle Beteiligten kennen die Regeln und Verhaltensweisen.“ Auch Rektor Steffen Rooschüz baut auf die Tests: „Wir haben ein hohes Maß an Sicherheit in Schulen.“ Es sei außerdem auch deutlich geworden, dass es wenig Infektionen innerhalb der Schule gibt: „Die Schüler stecken sich meist in ihren Familien an.“

Warum tragen die Schüler wieder Masken am Platz?
Seit Eintreten der Alarmstufe in Baden-Württemberg am Mittwoch, 17. November, gilt die Maskenpflicht auch wieder am Platz im Klassenzimmer. Nach den Sommerferien gab es in Form einer Petition breiten Protest von Eltern gegen die Maskenpflicht in Schulen, der in Friedrichshafen von vielen Eltern und Lehrkräften unterstützt wurde. Zur Wiedereinführung der Maskenpflicht sagt Elternvertreter Lars Scheider: „Der überwiegende Teil der Eltern akzeptiert die Wiedereinführung der Maskenpflicht. Nur wenige sind strikt gegen eine Einführung. Im selben Anteil befürworten Eltern die Maskenpflicht.“ Die meisten Kinder hätten sich ans Tragen der Masken gewöhnt. „Ob man dies als gut bezeichnen kann, ist fraglich, denn den Kindern geht das Erkennen von Mimik verloren“, sagt Scheider, „insofern das Maskentragen aber dazu beiträgt, die Schulen offen zu halten, ist es ein akzeptables Laster.“
Kinderarzt Dr. Christof Metzler sieht das Ganze so: „Ob mit oder ohne Maske – es wird bei den Kindern zu einer Durchseuchung kommen.“ Wären mehr Erwachsene geimpft, wäre das auch kein Problem, da die Gefahr von schweren Verläufen bei den Kindern selbst sehr gering sei. Im Bodenseekreis liegt die Impfquote derzeit laut Sozialministerium bei knapp 65 Prozent (Vollimmunisierung).
Gibt es wieder Homeschooling und Schulschließungen?
„Das darf nur in Rücksprache mit dem Gesundheitsamt und Schulamt passieren“, sagt Steffen Rooschüz. Schulschließungen, wie es sie am Anfang der Pandemie gab, schließt der Rektor aus: „Ich bin überzeugt, dass die Botschaft an die Politik, die wir seit über einem dreiviertel Jahr senden, angekommen ist. Kita- und Schulschließungen dürfen keine Option mehr sein.“ Man müsse aber damit rechnen, dass es bei einem erhöhten Infektionsgeschehen auch mal Klassen gebe, die für begrenzte Zeit im Fernunterricht sind und es auch mal eine Schule gibt, die kurze Zeit geschlossen werden muss. Nach dem neuen Gesetz der Ampel-Koalition darf es flächendeckende Schließungen rechtlich nicht mehr geben.
Was können Eltern jetzt tun?
„Sich impfen lassen“, sagt Kinderarzt Metzler. Wenn Eltern, Großeltern und Verwandte geimpft sind, sinkt für sie die Gefahr einer schwereren Corona-Infektion – je nach Alter – enorm. „Geimpfte Eltern können gelassen sein“, sagt Metzler, „denn die Kinder selbst erkranken meist eher mild.“ Wenn jemand sein Kind zu 100 Prozent vor einer Infektion schützen wolle, müsse er es komplett isolieren – und sogar selbst dem Kind nicht mehr nahekommen. „Das ist unmöglich“, sagt der Kinderarzt.
Auch Schulleiter Steffen Rooschüz hat eine klare Meinung: „Die Verantwortung der Eltern liegt darin, sich jetzt impfen zu lassen.“ Beim Thema Freizeitgestaltung rät er zur Vorsicht: „So bitter es ist, wir müssen alle – auch die Geimpften – wieder anfangen, unsere Kontakte runterzufahren und uns regelmäßig zu testen.“ Auch geimpfte Lehrkräfte würden sich immer häufiger testen lassen, um das Virus nicht in die Klassen zu schleppen: „Wir müssen alles tun, damit Kinder nicht wieder in Klassen-Quarantänen kommen. Das liegt in der Verantwortung von uns Erwachsenen.“