Biegt der Verkaufsprozess im Insolvenzverfahren um den Markdorfer Zulieferer Weber Automotive auf die Zielgerade ein? Am 17. September hatte der SÜDKURIER exklusiv berichtet, dass die Familie Weber ihr einstiges Unternehmen wieder zurückkaufen möchte. Dies hatte Christian Weber, bis 2018 Mitglied der Geschäftsführung und gemeinsam mit seinem Vater Albert und seinem Bruder Daniel Altgesellschafter, im Interview mit dieser Zeitung klar ausgesprochen. Die Familie, so Weber in dem Interview, wolle das Unternehmen zurückkaufen, auf jeden Fall als Hauptgesellschafter, eventuell auch alleine.
Keine offiziellen Statements
Nun verdichten sich die Anzeichen, dass im Zuge des vor rund vier Wochen gestarteten Verkaufsprozesses intensive Gespräche mit potenziellen Käufern geführt worden sind. Informationen des SÜDKURIER aus mit den Vorgängen vertrauten Kreisen zufolge soll es neben der Familie Weber inzwischen mehrere weitere ernsthafte Kaufinteressenten für das insolvente Unternehmen geben. Offizielle Bestätigungen dafür gibt es derzeit noch keine. Die Verantwortlichen im Insolvenzverfahren hüllen sich in Schweigen. Auf Nachfrage wollten sich weder die Unternehmensführung und der sie unterstützende Generalbevollmächtigte Martin Mucha noch der vom Amtsgericht bestellte Sachwalter Christian Gerloff äußern.

Mehrheitseigner blockt ab
Auch, ob der Finanzinvestor und Mehrheitseigner Ardian seine Beteiligung an Weber Automotive aufrechterhalten will, ist ungeklärt. Seit seinem Einstieg Ende 2016 hielt Ardian 75 Prozent des Unternehmens in seinem Besitz. „Ardian unterstützt die Geschäftsführung von Weber Automotive und den Sachwalter unverändert dabei, eine Lösung für die Fortführung von Weber Automotive zu finden. Wir bitten um Verständnis, dass wir zu Details derzeit keine Stellung nehmen können“, hieß es zuletzt auf Anfrage des SÜDKURIER. Zwar sei ein erneuter Verkauf „eine übliche Option zur Veräußerung einer Beteiligung“, doch aktuell wolle man solche Überlegungen nicht kommentieren, heißt es seitens des Investors.
Oberstaatsanwältin Niesen: Ermittlungen dauern weiter an
Unterdessen ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt nach wie vor gegen die Altgesellschafter um die Familie Weber und die frühere Geschäftsführung. Ardian hatte bereits im Juli Strafanzeige eingereicht, wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen Betrugs, des Kreditbetrugs und der Finanzmanipulation. „Der Sachstand ist unverändert, die Ermittlungen dauern weiter an“, teilte Oberstaatsanwältin Nadja Niesen am Freitag auf Anfrage des SÜDKURIER mit. Aktuell sei noch nicht abzuschätzen, wie lange die Ermittlungen andauern würden und ob tatsächlich Anklage erhoben werde, so Niesen.
Warten auf den Sanierungsplan
Anfang Oktober endet die dreimonatige Insolvenzfrist, an deren Ende ein Sanierungsplan vorgelegt werden muss. Weber Automotive und die Weber Holding hatten am 5. Juli beim Amtsgericht Konstanz das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Viel Zeit bleibt den Verantwortlichen also nicht mehr, eine Lösung zur Fortführung des Unternehmens zu finden. Den Aussagen des Generalbevollmächtigten zufolge ist Weber Automotive noch bis Ende des Jahres zahlungsfähig und der laufende Geschäftsbetrieb finanziert.

Wie es danach tatsächlich weitergeht, sollte ein Sanierungsplan umgesetzt werden sollen, steht jedoch in den Sternen. Zumal das insolvente Unternehmen in den vergangenen Wochen laut IG Metall einen starken Aderlass an qualifizierten Fachkräften hinnehmen musste, die sich nach Bekanntwerden der Insolvenz wegbeworben hatten. Dies hatten die IG-Metall-Funktionäre, die dem Unternehmen wöchentlich ihre Besuche abstatten, aus ihren Gesprächen mit dem Betriebsrat erfahren. Schweigen ist indes nicht mehr lange eine Option: In den kommenden Wochen werden sich die Verantwortlichen äußern müssen.
Die Strafanzeige
Mehrheitseigner Ardian wirft den Altgesellschaftern um die Familie Weber und die frühere Geschäftsführung vor, ihn beim Verkauf des Unternehmens Ende 2016 bewusst über dessen tatsächlichen Wert getäuscht und die Bilanz 2016 manipuliert zu haben. Laut Ardian sei eine 21-Millionen-Euro-Forderung an einen Kunden eingebucht geblieben, obwohl der Kunde nie gezahlt habe. Die Familie Weber habe stattdessen 21 Millionen Euro aus ihrem Privatvermögen über eine schweizer Holding ins Unternehmen fließen lassen, anstatt den Betrag wieder auszubuchen. Dadurch sei Ende 2016 ein deutlich höherer Umsatz als der tatsächlich erwirtschaftete ausgewiesen worden. Das Unternehmen sei so zum Zeitpunkt des Verkaufs zu hoch bewertet gewesen. Ardian hatte im Juli bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt Strafanzeige wegen Verdacht des gemeinschaftlichen Betrugs, Kreditbetrugs und der Finanzmanipulation gestellt.