Einbrüche bei der Gewerbesteuer um bis zur Hälfte (-5,5 Millionen Euro), Mindereinnahmen bei den Kindergartengebühren und bei der Umsatz- und Einkommensteuer, Zusatzausgaben in der Notbetreuung: So lautete im Mai ein erstes vorläufiges Fazit von Stadtkämmerer Michael Lissner zu den unmittelbaren Auswirkungen der Corona-Krise auf den städtischen Haushalt. Nun, vier Monate später, ist zwar klar, dass das Haushaltsjahr schwierig wie nie werden wird, doch es zeigen sich auch erste Silberstreifen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
- Die Mai-Steuerschätzung zeichnete ein düsteres Bild für die Kommunen im Land. Wie sieht die Lage aktuell aus? Die regionalisierte September-Steuerschätzung wird in diesen Tagen erwartet. Die Steuerschätzung des Bundes für den September ist bereits veröffentlicht. Sie geht gegenüber der Mai-Steuerschätzung von einer leichten Verbesserung für 2020, aber von einem eher schlechteren Jahr 2021 als prognostiziert aus.
- Wie drastisch werden die Steuereinbrüche für Markdorf tatsächlich ausfallen? Offenbar deutlich weniger gravierend, als befürchtet, sagt Lissner. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum Einen werden die tatsächlichen Gewerbesteuerausfälle zum Jahresende wohl geringer sein. Lissner rechnet mit Einnahmen in Höhe von 7,5 Millionen Euro, im Haushalt wurden 11 Millionen angesetzt, macht also einen Einbruch um 3,5 Millionen Euro oder etwas mehr als 30 Prozent. Zum Anderen wird Markdorf voraussichtlich rund 2,9 Millionen Euro Gewerbesteuerausgleich aus dem Soforthilfeprogramm des Bundes bekommen, sodass sich die Einnahmen gesamt auf bis zu 10,4 Millionen Euro belaufen könnten, also nur unwesentlich weniger als angesetzt. Bei der Einkommensteuer dürften die Einbrüche aber ebenfalls überaus gravierend sein, nachdem die Unternehmen in der Region breitflächig das Instrument der Kurzarbeit nutzen.

- Mit wie viel Geld wird der Markdorfer Haushalt über die Hilfen von Bund und Land entlastet werden? Zusätzlich zum Gewerbesteuerausgleich wird Markdorf über den Finanzausgleich eine Kompensation in Höhe von 500 000 Euro bekommen. Laut Lissner sei die Zahlung der Finanzausgleichsleistungen durch das Land vorgezogen worden, um die Kommunen handlungsfähig zu halten. Außerdem gibt es eine dritte Tranche der Soforthilfe des Landes für die Kommunen. Aus diesen drei Tranchen bekommt Markdorf insgesamt 318 000 Euro, das Geld aus den ersten beiden Tranchen, 196 000 Euro, ist bereits geflossen. Das sind insgesamt fast vier Millionen Euro, die von Bund und Land auf die Konten der Stadt fließen. Das Ende Mai prognostizierte Loch im Haushalt von 5,9 Millionen Euro könnte damit zu zwei Dritteln kompensiert werden. Eine weitere Verbesserung ergibt sich aus den aus eigener Kraft entwickelten Potentialen.
- Was sagt Kämmerer Michael Lissner dazu und wie schätzt er die Haushaltslage heute ein? An Bund und Land sei „ein großes Lob zu richten“ dafür, dass die Hilfen so zügig auf den Weg gebracht worden seien: „Das war nicht unbedingt zu erwarten.“ Was bedeutet das für den Haushalt 2020? „Wir werden zwar kein komplett ausgeglichenes Ergebnis bekommen, aber es wird weit weniger dramatisch werden als befürchtet“, sagt Lissner. Fällt der Haushalt aber negativ aus, muss das Defizit spätestens im übernächsten Jahr wieder erwirtschaftet werden. „Im neuen Haushaltsrecht ist das dann eine Vorbelastung“, sagt Lissner.

- Dann ist ja also jetzt fast alles wieder in Butter? Keineswegs. Die Soforthilfen federn zwar die unmittelbaren Auswirkungen ab, aber die Krise wird sich noch in die Folgejahre ziehen. Zwar ist die Deckungslücke 2020 Stand jetzt „nur“ noch rund eine Million groß, aber mindestens im folgenden Jahr, eventuell auch länger, ist ein Aufwärtstrend auf das Vorkrisenniveau bei den Steuereinnahmen nicht zu erwarten, sagt Lissner: „Ein Jahr steckt das ein solider Haushalt weg, ich mache mir aber eher Sorgen um 2021 und 2022.“ Diese beiden Jahre würden „eine wirkliche Herausforderung“ werden. Denn Stand jetzt sehen Bund und Land für 2021 keine Corona-Hilfen vor.

Die Hilfe des Landes für die Kommunen
- Wie geht es jetzt weiter in Markdorf? Er werde weiterhin regelmäßig im Gemeinderat über den aktuellen Stand in Sachen Haushalt informieren, kündigt Lissner an. Das nächste Mal in der Sitzung am 29. September. Bis dahin dürften auch die kommunalen Zahlen der September-Steuerschätzung vorliegen. Ob es eine konkrete Streichliste für Maßnahmen 2021 geben wird, müsse die politische Diskussion im Rat ergeben. Der wolle er nicht vorgreifen. Von einer Art Sparkommission, die die kleineren Posten im Haushalt auf mögliche Streichungen durchforstet, hält Lissner wenig: „Wir müssen da schon größer denken. Wir werden es nicht schaffen, nur über die Streichung von Freiwilligenleistungen unseren Haushalt zu sanieren“, sagt er.

- Was sind die Konsequenzen für die Stadtpolitik der Zukunft? In Markdorf werde man sich an den Gedanken gewöhnen müssen, mittelfristig mit weniger Einnahmen auskommen zu müssen, sagt Lissner. „Daran wird sich die Investitionsplanung der kommenden Jahre orientieren müssen.“ Fürs Haushaltsjahr 2021 plane er mit Gewerbesteuereinnahmen von 7,5 Millionen Euro – also dem aktuell zu erwartenden Ergebnis für 2020. Dies sei realistisch, da er in den vergangenen Wochen jeden einzelnen Steuerzahler der Markdorfer Gewerbeliste durchgegangen sei. „Das alleine wäre aber für 2021 schon ein Delta von rund vier Millionen“, gibt Lissner zu bedenken. Zugleich betont er aber auch: „Markdorf hat kein Einnahmenproblem, wir müssen auf der Ausgabeseite ansetzen.“
Deshalb liegen für den Kämmerer die Konsequenzen auch auf der Hand: Die begonnenen Projekte werden nicht gestoppt, aber für die Investitionen ab 2021 sollte eine „intensivere Priorisierung“ vorgenommen werden. Wo es möglich sei, werde man auch Projekte zeitlich strecken müssen, denn, so Lissner: „Unsere Aufgabe besteht auch darin, uns unsere Investitionsfähigkeit für künftige Aufgabenstellungen zu erhalten.“
Sein Credo für 2021/22: „Erst die anstehenden Projekte komplett abarbeiten, bevor man sich neuen zuwendet.“ Ein Beispiel? „Man wird sicherlich nicht über eine neue Stadthalle sprechen können, das wäre den Bürgern gegenüber auch unredlich.“