Eine Rückkehr zur Normalität bei der Kinderbetreuung wird es vorerst nicht geben. Für Familien beginnt in der kommenden Woche wieder das große Planen und Organisieren. Kitas und Schulen bleiben geschlossen, die Kinder erhalten Fernunterricht und berufstätige Eltern müssen schauen, wie sie eine Betreuung organisieren, wenn sie keinen Anspruch auf die Notbetreuung haben.
Carsten Jonas, Vater von zwei Kindern und Elternbeiratsvorsitzender an der Markdorfer Jakob-Gretser-Grundschule, hatte gehofft, dass es nicht zu einer erneuten Schließung der Schulen kommen werde. Dass dies nun der Fall ist, sei für die Familien eine erneute Herausforderung und eine enorme Doppelbelastung. Viele Eltern müssten wieder Home-Office und Home-Schooling unter einen Hut bekommen – laut Carsten Jonas nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. „Für alle ist das keine schöne Situation“, sagt Jonas, vor allem nicht für die Kinder, die gern in die Schule gehen und die wenig Lust darauf haben, von ihren Eltern unterrichtet zu werden.
„Ich finde es schwierig, der Lehrer meiner Tochter oder meines Sohnes sein zu müssen.“Carsten Jonas, Vater
Grundschuleltern hoffen auf einen guten Start am Montag
Die Elternvertreter der Grundschule sind seit Monaten in regelmäßigen Gesprächen mit der Schulleitung. Eigentlich hätte man genug Zeit gehabt, um sich auf die momentane Situation vorzubereiten. Und dennoch wird Carsten Jonas den Eindruck nicht los, es geschehe alles „hoppla di hopp“ und nicht wirklich zielführend, da die Entscheidungen wieder einmal so kurzfristig umgesetzt werden müssten.
„Wir hoffen einfach mal, dass ab Montag alles läuft“, sagt Jonas. Die Schule hat den Eltern einen Zugang zur Lernplattform Moodle eingerichtet, hier sollen die Materialien online gestellt werden. Auch stehen laut Carsten Jonas Leihgeräte an der Schule zur Verfügung für Familien, die nicht über die entsprechende technische Ausrüstung verfügen. „Wir gehen davon, dass die Schule ihr Möglichstes tut, um die Belastung so niedrig wie möglich zu halten“, sagt Carsten Jonas.

Er würde sich sehr wünschen, dass zumindest die Grundschulen schnell wieder öffnen und ab dem 18. Januar, der vom Kultusministerium anvisiert wird, ein Präsenzunterricht stattfinden kann. „Es ist wichtig, dass gerade die jüngeren Schüler vor Ort sind – auch vom sozialen Aspekt her“, sagt der zweifacher Vater. Die Kinder brauchen den Umgang mit Gleichgesinnten und Freunden – auf Dauer nur von Geschwistern und Eltern umgeben zu sein, sei keine Lösung. Daher sei eine rasche Schulöffnung wichtig.
Mutter Kristina Dietrich glaubt nicht an eine schnelle Schulöffnung
An eine rasche Schulöffnung glaubt Kristina Dietrich weniger. Die Mutter eines Kindergarten- und eines Schulkindes befürchtet, dass die Schließung einige Wochen andauern wird. „Wir haben zwar damit gerechnet, aber als es dann bekannt gegeben wurde, war es für viele Familien, die ich kenne, ein richtiger Dämpfer“, sagt Dietrich, die auch Gesamtelternbeiratsvorsitzende der Markdorfer Kindergärten ist. „Sowohl der 18. als auch der 31. Januar sind kein sicheres Datum. Und wie soll man den Kindern erklären, wann alles wieder besser wird?“

Den Familien stehen erneut schwierige Wochen bevor, auch dadurch bedingt, dass das Wetter ein ganz anderes sei als im Frühjahr, als man viel an der frischen Luft unternehmen konnte. „Jetzt gestalten sich die Tage erheblich schwerer und ziehen sich“, schildert Dietrich die eigenen Erfahrungen und die aus dem nahen Umfeld. Auch die Tatsache, dass sich die Familien nur noch mit einer weiteren Person treffen dürfen und nicht etwa mit einer befreundeten Familie, erschwere die Lage.
„Ich verstehe, dass man erneut Maßnahmen ergreifen muss, aber manche erscheinen mir doch wenig zielgerichtet zu sein.“Kristina Dietrich, Mutter
Kristina Dietrich wird im Home-Office arbeiten und die beiden Kinder betreuen, ihr Mann muss im Unternehmen präsent sein. Die Elternbeiratsvorsitzende kann sich gut vorstellen, dass mehr Familien einen Antrag auf Notbetreuung stellen werden, da anders als noch im Frühjahr die notwendige Tätigkeit im Home-Office als Voraussetzung auf Anspruch für Notbetreuung gelte. Ihre Kinder seien traurig gewesen, als sie erfahren haben, dass sie vorerst wieder zuhause bleiben müssen. Urlaub mit der Familie sei zwar toll, schwieriger werde es dagegen, wenn die Eltern wieder arbeiten müssen. Ihr Sohn Leon ist Erstklässler und hat sich im Schulalltag sehr wohl gefühlt. In ein paar Tagen wird er sieben Jahre alt. „Die Geburtstagsfeier fällt leider aus“, so Dietrich, die befürchtet, dass die kindliche Leichtigkeit verloren geht.
BZM-Abschlussschüler sollen Klausuren vor Ort schreiben
Anita Fausers Sohn hat seine Schulkarriere dagegen so gut wie hinter sich gebracht. Der 19-Jährige besucht die Abschlussklasse am Gymnasium am Bildungszentrum (BZM) und macht in diesem Jahr sein Abitur. „Er wird sicher einer der ersten sein, der wieder zur Schule gehen darf“, sagt die BZM-Elternbeiratsvorsitzende. Seitens der Schulleitung habe es bereits die Information geben, dass die geplanten Klausuren geschrieben werden. Anita Fauser beschäftigt sich gerade im Elternbeirat mit der Frage, wie ein Wechselunterricht aussehen könnte, wenn das Bildungszentrum wieder in einen Präsenzmodus zurückkehre – tage- oder wochenweise. „Die einen möchten die Präsenz nach Tagen aufteilen, die anderen in einem Wochenrhythmus“, erklärt Fauser. Eine Lösung, die alle Beteiligten zufriedenstelle, werde es wohl kaum geben.

Anita Fauser ist zuversichtlich, dass das Gymnasium für die kommenden Wochen gut gerüstet ist. Ob der Fernunterricht funktioniere, hänge laut Fauser vom Engagement des jeweiligen Lehrers ab. „Aber das ist im Präsenzunterricht nicht anders.“ Erschwerend komme am Gymnasium in Markdorf Ort hinzu, dass aufgrund der andauernden Sanierung nicht alle Klassenzimmer zu Verfügung stehen. Aber dass das Hygienekonzept am BZM aufgebe, habe sich dadurch gezeigt, dass es an einer Schule mit insgesamt rund 1600 Schülern bislang wenig Corona-Fälle gegeben habe. „Wir müssen alle mit der Situation leben“, sagt Anita Fauser.