Das Telefon klingelt. Ulrike Partikel gibt Hotelreservierungen in den Computer ein. Ihre Tochter Julia Wurm nimmt derweil die Bestellungen im Gastraum des Restaurants auf. Was der jeweilige Gast bestellt hat, steht auf dem Papier, das aus dem Bondrucker in der Restaurantküche kommt. Michael Wurm nimmt ihn heraus und liest die Annonce vor. „So nennen wir das, was auf dem Bon steht“, erklärt Senior-Küchenchef Peter Partikel.

Zwölf Jahre gemeinsam am Herd

Seit nunmehr 40 Jahren kocht Peter Partikel in seiner „Apfelblüte“. Vor zwölf Jahren kam Schwiegersohn Michael dazu. Seitdem stehen der 69-Jährige und der 59-Jährige gemeinsam am Herd. “Wir sind fast wie ein altes Ehepaar, jeder weiß, was er zu tun hat“, sagt Partikel lächelnd. Er ist für Fleisch, Soßen, Suppen und Fisch zuständig. Wurm macht die Annoncen und bereitet die bestellten Desserts zu. Ein früherer Auszubildender arbeitet ebenfalls schon lange in der Apfelblüten-Küche und zeichnet für kalte Gerichte, Beilagen und Gemüse verantwortlich. Um die Salate kümmern sich die Küchenhilfen, erzählt Peter Partikel.

Juniorchefin Julia Partikel heftet Bestellungsbons an das Küchenklemmbrett, damit ihr Vater und das Küchenteam wissen, was es zu Kochen ...
Juniorchefin Julia Partikel heftet Bestellungsbons an das Küchenklemmbrett, damit ihr Vater und das Küchenteam wissen, was es zu Kochen gilt. | Bild: Martina Wolters

Ist viel los, knirscht es auch mal

Peter Partikel erzählt: „In der Küche ist manchmal zwei Stunden lang kein Wort zu hören, außer die Annoncen.“ Unstimmigkeiten gebe es schon hin und wieder, gibt er unumwunden zu. Ulrike Partikel sagt: „Zu kleinen Reibereien kommt es manchmal, wenn 30 bis 40 Essen gleichzeitig auf dem Herd stehen.“ Da helfe es, nicht nachtragend zu sein, weiß die gelernte Hotelfachfrau aus Erfahrung. Jeder habe seinen Part und wisse, wo er hingehöre. „Bei uns können alle alles, nur ich kann nicht kochen“, sagt Ulrike Partikel.

Die Apfelblüte und ihre Betreiber

Nach den Gästen kommt die Familie zum Frühstück zusammen

Morgens, wenn die Gäste gefrühstückt haben, bedient sich die Familie selbst am Frühstücksbüffet. Gemeinsam sitzen sie am großen Stammtisch. “Wir leben als Großfamilie“, sagt Ulrike Partikel. Bei den gemeinsamen Mahlzeiten sitzen drei Generationen zusammen. Zu den beiden Ehepaaren gesellen sich noch die Wurm‘schen Kinder, die fünfjährige Stella und der drei Jahre alte Moritz.

Am Stammtisch kommt die Familie zu Besprechungen , aber auch zu den gemeinsamen Mahlzeiten zusammen.
Am Stammtisch kommt die Familie zu Besprechungen , aber auch zu den gemeinsamen Mahlzeiten zusammen. | Bild: Martina Wolters

Mittags gibt‘s auch mal Lieblingsessen

Mittags kocht ihr Papa für alle. Jedes Familienmitglied darf sich schonmal ein Lieblingsessen wünschen. Für Stella sei es beispielsweise das Höchste, wenn es Kartoffelsuppe mit Wienerle gebe, weiß der Küchenchef, der vom Chiemsee stammt. Die Mahlzeiten nutzt die Familie auch für Absprachen und Planung. Beispielsweise werde ausgemacht, wer am nächsten Tag was erledige, sagt Julia Wurm. Mit ihrer Mutter muss sie sich ganz besonders eng abstimmen, weil sie sich die Bürotätigkeiten teilen. „Wenn der Opa tagsüber mal mit den Enkeln spielt, kann ich mich mit um Abrechnungen, Reservierungen oder Stornierungen kümmern“, erzählt Wurm.

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Restaurant nur noch vier Tage die Woche offen

Präsent sein muss die Familie für täglich anreisende Hotelgäste auch dann, wenn das Restaurant geschlossen hat – seit neuestem nur noch an vier Tagen geöffnet hat, von Dienstag bis Freitag. Grund für die verkürzten Restaurantöffnungszeiten ist wie allerorts das fehlende Personal. Zwar beschäftigen die Partikels rund 20 langjährige Mitarbeiter, doch die könnten eben nicht doppelt arbeiten. Viele Aushilfen seien über die Corona-Zeit in andere Jobs abgewandert. Neues Personal sei überaus schwer zu finden.

Erster Konzertbesuch seit 1983 möglich

Die neuen Restaurantzeiten haben nicht nur Nachteile, erzählt Ulrike Partikel. Vor einigen Wochen ist die Hotelfachfrau das erste Mal bei einem Konzert gewesen, seit sie im Jahr 1983 zusammen mit ihrem Mann den Landgasthof auf der ehemaligen Apfelplantage ihrer Eltern eröffnet hat. Damals war die Apfelblüte noch kleiner und ihre Eltern Maria und Fritz Einholz hätten ihnen geholfen, wo sie konnten.

Drei Generationen, die zusammen leben und arbeiten: (von links) Peter Partikel mit Stella, Michael, Moritz und Julia Wurm und Ulrike ...
Drei Generationen, die zusammen leben und arbeiten: (von links) Peter Partikel mit Stella, Michael, Moritz und Julia Wurm und Ulrike Partikel. | Bild: Apfelblüte

Zum Jahresende ist die Übergabe geplant

Zum Jahresende wollen Ulrike Partikel und ihr Mann den Gasthof nach 40-jähriger Selbständigkeit an ihre Tochter und deren Mann übergeben. Dennoch wird Peter Partikel weiter in der Küche stehen und seine Frau weiter an der Rezeption arbeiten. „Ohne die beiden Arbeitskräfte würde es gar nicht gehen“, meint Tochter Julia Wurm. Sie selbst ist froh, dass sie nach einigen Jahren in der Schweiz als Juniorchefin in den elterlichen Gasthof zurückkehren konnte. Wie ihr Mann und ihre Eltern liebt sie nach wie vor das Gastro- und Hotel-Metier. Obwohl die Aufgabe wegen immer höherer Kosten, immer größerer Personalnot und gestiegenen Kundenansprüchen deutlich schwieriger werde. „Wir sind einfach eine eingeschworene Gemeinschaft und unser Zusammenhalt ist das Plus in unserem Beruf“, resümiert Michael Wurm und alle nicken.