Es kommt etwas in Bewegung beim Wohnungsbau. Am Donnerstag wurde nach Abschluss der Erschließungsarbeiten und der Zuteilung der begehrten Bauplätze das neue Baugebiet "Turmgärten" geradezu feierlich "eingeweiht", wie die Stadt in ihrer Einladung zu dem kleinen Festakt formulierte. Und da so etwas in Überlingen nicht alle Tage geschieht, waren nicht nur Oberbürgermeister Jan Zeitler und Baubürgermeister Matthias Längin präsent, sondern auch Vertreter der Kämmerei und des Liegenschaftsamtes, der Stadtplanung und der Abteilungen Hochbau und Tiefbau sowie einige Stadträte.
Jede Menge Kinder
"Kommen Sie näher, das ist Ihr Baugebiet", begrüßte OB Zeitler die zahlreich vertretenen künftigen Bewohner des stadtnahen Areals zwischen Turmgartenweg und Feigentalweg, wo elf Grundstücke nun der Bebauung harren. Als ob es eines Beweises bedurft hätte, dass hier nach Wunsch von Stadt und Gemeinderat ein familienfreundliches Wohngebiet entstehen soll, waren Kinder in verschiedensten Altersklassen vertreten, auf eigenen Beinen oder im Kinderwagen.
Und in der kommenden Woche geht es gleich weiter, wenn "Nördlich Hildegardring" der erste offizielle Spatenstich getätigt werden soll, für am Ende rund 170 neue Wohnungen, die die Baugenossenschaft Überlingen hier erstellen will. Als eines der sechs vom Bund geförderten zukunftsweisenden Großprojekte steht es zudem unter einem ganz besonderen Stern und ist Pilotprojekt für eine nachhaltige klimaneutrale Stadtrandbebauung, bei der zudem soziale Kriterien eine wichtige Rolle spielen werden.

Dagegen nimmt sich das Baugebiet "Turmgärten" mit seinen elf Bauplätzen auf 8900 Quadratmetern geradezu bescheiden aus. Auf Basis des städtebaulichen Entwurfs können hier fünf Einzelhäuser und sechs Doppelhaushälften unweit des Überlinger Zentrums entstehen. Wichtig zu erwähnen war OB Zeitler auch, dass in dem neuen Gebiet auch elf öffentliche Stellplätze entstehen werden. Im Zuge der neun Monate dauernden Erschließungsarbeiten wurde zugleich die fußläufige Verbindung von Gasserswies über den Feigentalweg hinüber zum Barbelgängle erweitert. "Wohnraum ist knapp, auch in Überlingen", betonte Zeitler: "Deshalb freuen wir uns, in den Turmgärten Platz für Überlinger Familien schaffen zu können."
Der wird allerdings nicht gerade preisgünstig werden. Über die hohen Grundstückspreise, bei denen sich der Gemeinderat an den Bodenrichtwerten orientiert hat, ist viel diskutiert worden. Sie liegen zwischen 665 und 800 Euro pro Quadratmeter, die Bauplätze selbst sind zwischen 290 und 600 Quadratmeter groß. Für Baubürgermeister Matthias Längin besticht das Baugebiet allerdings durch seine unmittelbare Nähe zum Stadtzentrum. Nicht zuletzt deshalb scheint die Stadt ihr Ziel auch zu erreichen, mit den elf neuen Bauplätzen vor allem Familien anzusprechen.
Die Baugrundstücke seien stark nachgefragt gewesen, erklärte Zeitler: "Insgesamt haben sich 63 Parteien beworben." Das ist vor dem Hintergrund des geringen Angebots jedoch nicht wirklich viel, wenn man es mit Baugebieten im Umland vergleicht, wo die Grundstückspreise noch deutlich günstiger sind. Vergeben wurden die Grundstücke nach einer Kriterienliste und einem Punktesystem, die der Gemeinderat zuvor festgelegt hatte. "Es sind alles Familien, die ihren Lebensmittelpunkt in Überlingen haben", betonte Zeitler zufrieden.
Reibungslose Zuteilung der Grundstücke
Reibungslos scheint auch die Zuteilung der verschiedenen Grundstücke gelaufen zu sein, wie Beteiligte berichteten. "Wir sind alle eingeladen worden und konnten dann der Platzierung in der Punkteliste entsprechend ein Grundstück auswählen." Das sei sogar erstaunlich konfliktfrei abgelaufen. Am Ende seien im Grunde alle zufrieden gewesen. Derzeit sei die notarielle Abwicklung der Kaufverträge noch im Gange, erklärte Zeitler. Danach könnten die Familien mit den Planungen beginnen. So könne es weitergehen mit der Baulandentwicklung in der Stadt, sagte Zeitler sinngemäß und wandte sich an seinen neuen Stadtplanungschef Thomas Kölschbach, der im Juli sein Amt angetreten hat: "Das nächste Baugebiet ist dann Ihres!"
Warum Zeitler das hohe Preisniveau begründet sieht
Nach wie vor begründet sieht Oberbürgermeister Jan Zeitler das viel diskutierte hohe Preisniveau, das in dem neuen Baugebiet zwischen 665 und 800 Euro pro Quadratmeter liegt. "Wir haben uns dabei an den aktuellen Bodenrichtwerten des Gutachterausschusses orientiert", sagt Zeitler auf Nachfrage. Aufgrund der hochwertigen Lage seien diese Preise marktgerecht. Dazu steht Zeitler auch vor dem Hintergrund der Aussagen der Landesregierung auf einen Vorstoß des Meersburger SPD-Gemeinderats und Juristen Boris Mattes. Der hatte sich nach einem Veto der Rechtsaufsicht gegen Grundstückspreise unterhalb des offiziellen Marktwerts nach Stuttgart gewandt. Daraufhin wurde ihm offiziell mitgeteilt, dass die Bodenrichtwerte für die Kommunen keineswegs bindend seien, sondern lediglich eine "Orientierungsgröße" darstellten. Ein weiteres Argument ist für OB Zeitler, dass bei zu niedrigen Preisen der Spekulation möglicherweise Tür und Tor geöffnet sei. Dabei schiebt die Stadt beim Verkauf mit einer "Rückauflassungsvormerkung" im Grundbuch einen Riegel gegen die Weiterveräußerung vor. Zudem wurde auch festgeschrieben, dass die Grundstücke innerhalb von zwei Jahren bebaut werden müssen.
Das sagen die künftigen Bewohner
Mit den hohen Preisen abgefunden zu haben scheinen sich die künftigen Bewohner des neuen Wohngebiets. Dazu werden unter anderem auch David und Silke Schäfer (35 und 32) mit ihrem dreijährigen Sohn Leon gehören, die derzeit in der Hochbildstraße wohnen. Der selbstständige Finanzmakler, der mit seiner Frau ein Büro betreibt, ist sich der Marktsituation bewusst. "Die Nachfrage ist groß, das Angebot ist gering", sagt er, "und es ist hier eine sehr gute Lage." Genau das sichere auch den dauerhaften Wert der Investitionen, sagen die Schäfers, deren Bauschild schon steht.
Ebenfalls ihr künftiges Eigenheim planen hier Sabine Hagedorn (31) und Tobias Beeskow (32). Derzeit wohnen sie mit ihrer 15 Monate alten Hilde noch in einem kleinen Mietshaus in der Schulstraße. Sie ist Realschullehrerin und wird demnächst wieder in Stockach arbeiten, er ist Zimmermann. Das wird sich auch auf die Gestaltung des Hauses auswirken. "Die Steinzeit ist vorbei", sagt der Holzliebhaber Beeskow gerne, der schon bei der Planung, aber auch beim Bau viel selbst machen will. "Sonst könnten wir es uns gar nicht leisten", erklärt Sabine Hagedorn. Doch sie wollen bald loslegen.
Damit es finanzierbar wird, planen Nadine Schindele-Laiber und Thomas Schindele quasi ein Drei-Generationen-Haus. Neben den beiden eigenen Kindern Lukas (8) und Finn (2) werden auch die Großeltern in den Neubau in den Turmgärten auf einer eigenen Etage einziehen. "Sonst könnten wir es nicht realisieren", erklärt Nadine Schindele-Laiber und freut sich schon auf das gemeinsame Projekt. (hpw)