Es ist Mittwoch, 13 Uhr. Die ersten Personen trudeln vor der Tafel in der Friedhofstraße in Überlingen ein. In einer Viertelstunde beginnen die Mitarbeiter, Einkaufskarten auszugeben. Diese regeln die Reihenfolge, in der die Kunden in den Einkaufsraum dürfen, um sich einzudecken.
Einer der Kunden ist der gehörlos Hermann Metzger aus Salem-Neufrach. „Ich komme fast jede Woche her“, sagt er strahlend. „Für mich ist die Tafel viel mehr als Einkaufsmöglichkeit. Hier habe ich immer tolle Gespräche.“ Auch durch seinen Hund Dana, der von vielen gestreichelt wird, kommt er immer wieder mit anderen Kunden ins Gespräch.

Nachfrage ist groß, aber durch Corona nicht gewachsen
„Wir haben viele Stammkunden“, berichtet Norbert Sieveking, der seit zwölf Jahren für die Caritas Linzgau bei der Tafel arbeitet. „Wir haben Mittwochnachmittag und Donnerstagvormittag geöffnet und es kommen jeweils etwa 40 Kunden.“ Die Nachfrage sei groß, auch wenn sie durch Corona im Vergleich zu vielen anderen Städten in Überlingen nicht merklich gestiegen sei, betont Uwe Riedl, der seit zwei Jahren dabei ist. Um dieses Angebot aufrecht zu erhalten sind drei hauptamtliche Fahrer und etwa 60 ehrenamtliche Mitarbeiter notwendig.
Spenden kommen auch von Serviceclubs und Privatpersonen
„Wir holen von Freitag bis Mittwoch Waren von Läden ab, die uns Sachen spenden“, erklärt Uwe Riedl. Es kommt auch immer wieder vor, dass Privatpersonen oder sogar Serviceclubs wie die Rotarier Spenden vorbeibringen. „Das freut uns natürlich sehr, wobei wir darauf achten, dass es ausschließlich Lebensmittel sind und kein Alkohol“, betont Norbert Sieveking.
Mittlerweile hat Hermann Metzger seine Nummer bekommen. Er strahlt noch mehr, denn er hat mit der Nummer zehn eine relativ niedrige Zahl und kann recht früh in den Verkaufsraum. Allerdings muss er noch warten, bis er dran ist.
Auch Blumen und Kosmetikartikel gibt es immer wieder mal
Der Verkaufsraum ist vorbereitet. Damit ist am Mittwochvormittag ein Dutzend ehrenamtliche Mitarbeiter beschäftigt. Sie sortieren Obst und Gemüse, Fleisch und Wurst, Molkereiprodukte sowie Trockenware wie Mehl, Zucker und Gewürze. Immer wieder gibt es auch Kosmetikartikel und Blumenspenden, die ebenfalls verteilt werden.
Zur Öffnung des Verkaufsraumes um 13.30 Uhr ist ein weiteres achtköpfiges Team vor Ort, das die Waren ausgibt. Dabei kommen die Kunden mit großen Taschen, die gefüllt werden. Bezahlt wird je nach Personenzahl im Haushalt.
Nun ist es so weit: Hermann Metzger darf in den Verkaufsraum. Er hat einen großen Karton dabei. Neben Spargel, Pilzen und Gemüse freut er sich besonders über die Wurst. „Da steht drauf, dass sie noch eine Woche haltbar ist“, sagt er. „Das ist doch super.“
„Die sind alle wahnsinnig nett hier“
Mit leuchtenden Augen trägt er seinen Karton aus dem Verkaufsraum. Für alles hat er gerade einmal drei Euro gezahlt. „Da kann man echt eine Menge Geld sparen“, sagt er. Die Mitarbeiter helfen ihm dabei, da der 81-Jährige nicht mehr so schwer tragen kann. „Die sind alle wahnsinnig nett hier“, beschreibt Hermann Metzger. „Ich bin wirklich sehr gerne hier.“

Unterstützung des Tafelladens hat während der Pandemie nicht nachgelassen
Ganz neu im Team ist Leonie Zehrer, die seit April bei der Caritas Linzgau als Tafelkoordinatorin arbeitet. Sie betont, dass sie froh ist, dass die Unterstützung von Betrieben im Vergleich zu anderen Tafeln in Deutschland nicht nachgelassen hat. „Allerdings freuen wir uns auch über jeden Weiteren, der etwas beisteuern kann“, sagt sie. „Es sind vor allem Trockenwaren wie Mehl, Zucker, Salz, Müsli, Gewürze und Nudeln, aber auch Essig und Öl sehr gefragt.“
In der Tafel einkaufen darf jeder, der einen Berechtigungsschein hat. Dieser kann bei der Caritas Linzgau in Überlingen beantragt werden. „Dann kann man einfach kommen, eine Nummer bekommen und das einkaufen, was eben da ist“, erklärt Norbert Sieveking.
Seit Corona herrscht auf dem Gelände natürlich die Pflicht, Mund-Nasen-Schutz zu tragen, und es gelten die gängigen Hygieneschutzmaßnahmen. „Außerdem haben wir im Verkaufsraum Spuckschutzwände und einige Desinfektionsspender aufgestellt“, so Uwe Riedl.
Einkaufen geht in Coronazeiten wesentlich länger
„Aufgrund der Verordnungen mussten wir die Anzahl der Kunden im Verkaufsraum deutlich reduzieren“, sagt Riedl. Während früher schon mal mehr als zehn Kunden im Tafelladen standen, dürfen jetzt nur noch vier gleichzeitig eintreten. „Das sorgt dafür, dass das Einkaufen zeitlich deutlich in die Länge gezogen wird“, so Norbert Sieveking. „Wir sind aber froh, dass wir auch in dieser Zeit die Tafel überhaupt aufmachen können.“

Café soll so bald wie möglich wieder öffnen
Hermann Metzger hat vor Corona auch das Café regelmäßig besucht. Dieses ist seit März 2020 geschlossen. „Sobald es möglich ist, versuchen wir auch das wieder zu öffnen“, sagt Leonie Zehrer. „Allerdings ist der Platz dort recht beengt, so dass es nicht einfach werden wird.“
Der 81-jährige Tafelkunde ist in der Zwischenzeit von einem Bekannten abgeholt worden. Er kann seinen Einkauf nicht mehr allein nachhause transportieren. Zum Abschluss winkt er noch einmal einem anderen Kunden zu und sagt: „Also dann, wir sehen uns nächste Woche wieder.“