Diesen Tag wird Schwimmmeister Sebastian Gleichauf wohl nie vergessen: Samstag, 16. Juli 2022. Zunächst ein normaler Dienst im Albbrucker Freibad. Der Schwimmmeister behält vom Aussichtsturm aus den Überblick – und sieht dann einen regungslosen Jungen im Wasser treiben. Dann geht alles blitzschnell. Gleichauf ist es, der dem Jungen durch seine schnelle Reaktion das Leben rettet.
Einige Tage später spricht er mit dem SÜDKURIER über den Tag, als er zum Lebensretter wurde. Den Tag, an dem der schreckliche Unfall geschah, den einige Schwimmbadbesucher direkt miterlebten, der sehr viele Menschen in der ganzen Region noch immer beschäftigt und, der nicht nur Eltern erschaudern lässt. Zurück zum Unglückstag.
Das Kind im Wasser bewegt sich nicht
Von seinem Aufsichtsturm aus sieht Sebastian Gleichauf gut erkennbar den sechsjährigen Jungen im Nichtschwimmerbecken treiben. Als ihm klar wird, dass das Kind nicht „Totes Männle“ spielt, wie es eben viele Kinder immer wieder tun, reagiert Gleichauf sofort. Er rennt los, um den reglosen Jungen aus dem Wasser zu ziehen. Jetzt zählt jede Sekunde.
Die Uhr tickt unaufhörlich. Der Schwimmmeister weiß, wie gefährlich die Situation ist. Es geht um Leben oder Tod. Er erreicht das Kind. Zieht den Sechsjährigen aus dem Wasser.

Ein bis zwei Minuten mit dem Kopf nach unten im Wasser
Sebastian Gleichaufs Vater Dieter Gleichauf ist ebenfalls Schwimmmeister im Albbrucker Freibad und setzt sofort den Notruf ab. Der Junge hat zwischen ein und zwei Minuten im Wasser gelegen – mit dem Kopf nach unten.
„Das war kein schöner Anblick“, sagt Sebastian Gleichauf über den Moment, als der Junge leblos vor ihm liegt.
Das Kind ist regungslos. Hat keinen Puls.
Während der Schwimmmeister erzählt, läuft es dem Zuhörer eiskalt den Rücken hinunter. Viel Wasser und Schaum kommen aus der Nase des Sechsjährigen. Die Reanimation. Zweimal wendet Gleichauf Mund-zu-Mund-Beatmungen an.
Erfolgreich.
Der Junge atmet wieder.
Wieder bei Bewusstsein
„Dann war er gleich wieder da“, erinnert sich der Schwimmmeister. Der Puls des Kindes ist rasend schnell.
Im Erste-Hilfe-Raum ist der Junge dann nach wenigen Minuten wieder ansprechbar. „Dann war ich erleichtert“, sagt Gleichauf und die Erleichterung hört man ihm immer noch an.
Das Kind hat großes Glück: „Die Rettungskette hat sehr gut funktioniert, auch der Rettungswagen war innerhalb von acht Minuten da“, schildert Gleichauf. Auch die Feuerwehr ist schnell vor Ort gewesen.
Mit einem Hubschrauber wird der Junge dann in die Kinderklinik nach Lörrach gebracht.
Wie geht es dem Sechsjährigen jetzt?
Zwei Tage später, am Montag, durfte der Junge wieder nach Hause. Der Vater habe bereits den Schwimmmeister besucht und sich bedankt. Und zudem hätten das Freibad-Team sowie die Rettungskräfte viel Lob für die Rettung erhalten.
Aber wie verarbeitet man ganz persönlich ein solches Erlebnis?
Die psychische Belastung während und nach dem Einsatz ist für Gleichauf groß gewesen, wie er sagt. In der Nacht habe er den Unfall verarbeiten müssen.
„Jetzt geht‘s mir wieder gut, da es auch dem Jungen wieder gut geht und er keine bleibenden Schäden davonträgt“, sagt der Retter sichtlich erleichtert.
Wie konnte es zu dem Unfall kommen?
Schwimmmeister Gleichauf vermutet, dass der Junge vom Beckenrand ins Wasser gesprungen und dann ertrunken sei, weil er dort nicht stehen konnte.

Denn er habe ihn an der tiefsten Stelle des Nichtschwimmerbeckens herausgezogen. 1,36 Meter tief ist hier das Wasser.
Gleichauf warnt vor dem stillen Ertrinken bei kleinen Kindern. „Sie springen rein und bewegen sich nicht, das muss man dann gleich erkennen“, sagt der 41-Jährige. Ältere Kinder oder auch Erwachsene würden schreien.
Auch das Spiel „totes Männle“ sei ein Problem. Dabei würden sich Kinder und auch Erwachsene auf das Wasser legen und sich nicht mehr bewegen. „Das ist dann schwierig für uns zu erkennen.“
Der zweite Unfall in diesem Sommer
Seit der Eröffnung des Bads 1987 war dies die vierte Wiederbelebung im Albbrucker Freibad, wie Sebastian Gleichauf erzählt. So etwas passiere eher selten. Für ihn selbst war es die zweite, wie er sagt. Er habe bereits 2004 ein Leben gerettet.
In diesem Sommer habe es bisher nur noch einen weiteren Unfall gegeben: Ein Schwimmer sei vom 5-Meter-Turm gesprungen und der nächste gleich hinterher und auf den ersten, sodass sich der erste Springer den Arm gebrochen habe.
Was sich Schwimmmeister Gleichauf wünscht:

Sebastian Gleichauf empfiehlt allen Kindern ab sechs Jahren und denen, die im gleichen Jahr in die Schule kommen, einen Schwimmkurs zu besuchen.
Die Nachfrage aktuell ist riesig: Gleichauf selbst gibt in der Regel drei Schwimmkurse pro Saison, in diesem Jahr sind es bereits sieben. In den Sommerferien folgen noch zwei Kurse für Schulkinder. Die Kurse für das kommende Jahr seien bereits alle ausgebucht.
Generell gelte:
„Wenn sich alle an die Regeln halten, dann gibt es auch keine Unfälle.“Sebastian Gleichauf, Schwimmmeister im Freibad Albbruck
Im Kleinkindbereich haben nur die Eltern Aufsicht, dieser werde nicht von den Schwimmmeistern betreut. Doch auch hier werde die Gefahr des Wassers häufig unterschätzt. Auch wenn es niedrig sei, könne schnell etwas passieren.
An diesem Tag sind Schulklassen im Freibad Albbruck. Die Lehrer haben die Baderegeln schriftlich ausgehändigt bekommen und lesen sie den Schülern am Eingang vor. Gleichauf kann nur hoffen, dass sich alle daran halten.
Eine Übersicht über Schwimmkurs-Angebote und -Ansprechpartner in der Region haben wir hier für Sie zusammengestellt.