Herr Guhl, hätten Sie am 31. Dezember 2020 gedacht, dass Corona uns ein Jahr später immer noch so im Griff hat?
Dass es uns noch in diesem Maße beschäftigt, hätte ich nicht gedacht. Es war in der Tat ein Thema, dass die Stadtverwaltung durchgängig das ganze Jahr bis heute gefordert hat, und auch im neuen Jahr wird es sich so schnell nicht ändern. Dabei muss man eines sehen: Das kommt oben drauf. Alle anderen Aufgaben der Stadtverwaltung verschwinden ja nicht, nur weil wir uns um Corona kümmern müssen. Die Pandemie hat uns zusätzlich extrem in Anspruch genommen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung haben einen tollen Job gemacht und auch noch diese Zusatzarbeit geschultert.
Was kam da im einzelnen aufs Rathaus zu?
Denken Sie nur unser kommunales Testzentrum im Kursaal zusammen mit DRK und THW. Es gab ja vor einem Jahr noch keine richtigen Testkapazitäten. Dann das Pilotprojekt Pooltests an der Realschule, die Ausstattung der Schulen mit Belüftungsgeräten. Und nicht zu vergessen: Die Impftage in der Flößerhalle. Ab März haben Wehr und Bad Säckingen zusammen mit dem Landkreis die Vor-Ort-Impfungen durchgeführt. Hinzu kommt die Fieberambulanz und das Mini-KIZ beim ehemaligen Krankenhaus – auch das war nur möglich, weil wir dort die ersten Campus-Strukturen bereits aufgebaut hatten. Das alles waren enorme logistische Herausforderungen. So etwas macht man nicht mal eben schnell nebenher. Aber unter Strich muss ich sagen, haben wir das ganz gut hingekriegt.

Gleichzeitig sollen ja andere Aufgaben nicht liegenbleiben?
Ja, das war angesichts der Personalsituation auch nicht immer ganz einfach. Wir haben beim Personal eine hohe Fluktuation, was auch der großen Pensionierungswelle im Rathaus geschuldet ist und nicht an der Arbeitsatmosphäre liegt. Dennoch müssen die Posten neu besetzt werden, was nicht immer leicht ist. Kam hinzu: Mit der Erkrankung von Peter Mast wurden plötzlich zwei Geschäftsführerposten vakant – der im Campus und der in der Rehaklinik. Aber ich bin froh, dass es Peter Mast zwischenzeitlich wieder besser geht und er uns auch als Berater weiter zur Verfügung steht. Fachlich und persönlich schätze ich ihn sehr.
Wie stehen die Zeichen in Campus und Reha?
Der Wechsel kam zur Unzeit. Dass wir mit dem Campus heute soweit sind und die Reha-Klinik aus der Insolvenz führen konnten, verdanken wir Peter Mast. Er hat sich da enorm reingehängt, dann aber die Reißleine ziehen müssen. Ich bin froh, dass wir so schnell Ersatz gefunden haben. Jetzt haben wir mit Jörg Blattmann und Peter Kaiser zwei neue Geschäftsführer für Campus beziehungsweise Reha-Klinik, die ihre Aufgaben kompetent angehen.
Was passiert im Campus im neuen Jahr?
Wir haben großen Hürden hinter uns. Dank der Volksbank steht die Finanzierung, die Vermietungssituation sieht positiv aus, 80 Prozent der Fläche sind vergeben. In einem Jahr, Ende 2022 oder Anfang 2023, soll das Ärztezentrum einziehen, ein Jahr danach das Seniorenpflegeheim St. Marienhaus. Das Ziel für 2022 auf dem Campus heißt: bauen, bauen, bauen. Was mir hier Sorgen macht, sind einerseits die Baupreise und andererseits die Verfügbarkeit von Baufirmen. Dennoch sind wir aktuell kostenmäßig und zeitlich im Plan. Aber alles in allem hatte ich mir das Projekt einfacher vorgestellt, wir kämpfen praktisch seit der Schließung des Spitals am 31.12.2017 um den Gesundheitscampus.
Und die Reha-Klinik? Was wird aus dem geriatrischen Schwerpunkt in Bad Säckingen?
Das Positive: Die Klinik ist nach langer Durststrecke wirtschaftlich nicht mehr gefährdet – und das trotz Pandemie. Allerdings bleibt die Reha-Landschaft in der Bundesrepublik chronisch unterfinanziert. Die Reha braucht als Mittel der Gesundheitsvorsorge mehr Unterstützung von Bund und Land. Der Aufbau einer geriatrischen Rehabilitation in der Klinik ist weiter ein großes Ziel. Das Problem: Für eine solche Einrichtung brauchen Sie einen Geriater. Aber ein solcher Facharzt für Altersmedizin ist kaum zu bekommen. Die Kostenträger, also die Krankenkassen, unterstützen das Vorhaben. Denn in der Region gibt es keine Rehabilitation für alte Menschen. Aber ohne Geriater geht nichts. Wir fahren deshalb zweigleisig: Wir suchen weiter einen solche Facharzt, zudem ermöglichen wir einem Internisten aus dem Klinikteam eine Weiterbildung zum Geriater. Aber auch das geht nicht von heute auf morgen.

Was waren weitere Thema im zu Ende gehenden Jahr?
Nehmen wir zum Beispiel mal das Bauamt, es war stark gefordert. Denken Sie an die abgeschlossene Sanierung des Kursaal, die begonnene Sanierung des Parkhauses Post/Kursaal, Flachdachsanierung Hans-Thoma-Schule, der Hort-Anbau an der Anton-Leo-Schule, die Fertigstellung des Campus-Kindergartens, die IBA Basel-Projekte wie die Fahrradboxen, die neue Lüftung im Gloria, die Sanierung der WC-Anlagen am Bahnhof und den Friedhöfen. Daneben die Fortschritte in der Bauleitplanung wie das neue Wohngebiet Leimet III oder das Gewerbegebiet Gettnauer Boden. Hinzu kommen unzählige Projekte im Bereich Tourismus sowie Umwelt. Und ganz wegweisend in 2021: Das städtebauliche Konzept für die Bereiche Bahnhof und Campus. Denn es ist Grundlage für die Förderanträge.
Wie geht es hier weiter?
Über die Förderanträge wird im März entschieden. Auf dem Gesundheitscampus geht es uns um den Kauf des Areals der ehemaligen Hochrhein-Eggbergklinik. Wenn die Stadt im Zuge des laufenden Zwangsvollstreckungsverfahrens zum Zuge kommt, hoffen wir auf einen 60-prozentigen Zuschuss für den Abriss des Gebäudes. Im Bereich des Bahnhofes geht es um Aufwertung, Gestaltung und Barrierefreiheit, um die künftige Nutzung des Marienhausareals, um die Idee eines Parkhauses am Ballyweg und um die Verlegung des Busbahnhofes auf die Nordseite der Gleisanlagen.
Stichwort Busbahnhof – inwieweit wird diese Planung berührt von einer möglichen Wiederinbetriebnahme der Wehratalbahn? Das Land untersucht ja derzeit ehemalige Bahnstrecken auf Reaktivierung.
In der Tat müssten wir da aneinander vorbeikommen. Denn falls die Wehratalbahn wieder reaktiviert würde, bräuchte es am Bahnhof Bad Säckingen wieder ein Gleis 3. Aber ich denke, in dem Bereich wäre genug Platz für das Gleis 3 und den Busbahnhof.
Wie sehen Sie denn die Chancen für die Wehratalbahn?
Es läuft ja aktuell die Machbarkeitsstudie, bei der die Wehratalbahn in die engeren Auswahl kam. Im kommenden Jahr soll die Entscheidung fallen. Ich halte die Chancen zumindest für so aussichtsreich, dass wir uns über die Gestaltung des Bahnhofs mit einem Nebeneinander von Gleis 3 und Busbahnhof ernsthafte Gedanken machen sollten.

Sie haben vorher schon einmal den großen Bereich Bildung angesprochen. Was steht da an?
Baulich sind es 2022 die weitere Sanierung am Scheffelgymnasium und der Erweiterungsbau der Hans-Thoma-Schule. Aber wir müssen uns schon jetzt Gedanken machen über eine große Herausforderung, die in den Folgejahren auf uns zukommt: Ab dem Schuljahr 2025/26 müssen wir für neu eingeschulte Grundschüler die Ganztagsbetreuung anbieten. Wir haben ja fünf Grundschulen in Bad Säckingen. Mit dem Thema müssen wir uns schon im nächsten Jahr konzeptionell befassen, das dürfen wir nicht auf die lange Bank schieben.
Apropos lange Bank: Da ist ja nun auch das Feuerwehrgerätehaus in Wallbach gelandet. Das sollte doch 2022 angegangen werden?
Ja, aber der Gemeinderat war mit CDU und Grünen in den Etatberatungen mehrheitlich anderer Meinung. Ich muss solche Mehrheitsentscheidungen hinnehmen. Es ist normal, dass Bürgermeister und Gemeinderat nicht immer einer Meinung sind. Dennoch haben wir im vergangenen Jahr gemeinsam viel erreicht, die Zusammenarbeit ist gut. Aber zurück zum Thema: Derzeit wird der neue Brandschutzbedarfsplan erarbeitet. Dieser wird im kommenden Jahr vorgelegt. Er wird uns auch zeigen, ob wir in unserer Einsatzstruktur unter Umständen justiziable Lücken haben. Dann müssen wir da eventuell nochmal ran. Sie sehen, es wird einem nicht langweilig – auch 2022 nicht.