Über viele Jahre hinweg hatte eine in einer Hochrheingemeinde lebende Frau für ihre Familie gespart – als Rentnerin wurde sie von Telefonbetrügern um das zusammengetragene Vermögen betrogen. 160.000 Euro händigte die Witwe gegen Ende des Jahres 2020 in mehreren Tranchen dem Boten eines kriminellen Netzwerkes aus dem Ruhrgebiet und vermutlich der Türkei aus – Geld, das für immer verloren ist.
Zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung für 31-jährige Frau
Eine an der Tat beteiligte 31-jährige Angeklagte aus Essen wurde vom Amtsgericht Bad Säckingen unter dem Vorsitz von Richterin Stefanie Hauser wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs nunmehr zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt für eine Bewährungszeit von drei Jahren verurteilt.

Als Bewährungsauflage muss die ledige Frau zusätzlich eine Schadenswiedergutmachung von 10.000 Euro an das Opfer zahlen. Ob die mittlerweile als Kosmetikerin tätige Angeklagte die vom Gericht darüber hinaus angeordnete Einziehung der erlangten Taterträge in der Höhe von 160.000 Euro je wird leisten können, muss offen bleiben.
Dass sich zumindest die Handlanger der unbekannten Hintermänner der Tat vor Gericht verantworten müssen, verdankt sich einer 64-jährigen Frau in Bad Honnef. Auch bei ihr versuchten die Täter durch einen Telefonbetrug Geld zu erschwindeln – das Opfer jedoch informierte die Polizei, einer der Täter konnte bei der Übergabe des Geldes festgenommen werden.
Da auf dessen Handy auch die Telefondaten des Opfers vom Hochrhein festgestellt wurden, konnte dieser Fall nun in Bad Säckingen vor dem Amtsgericht verhandelt werden. Bereits im September 2021 hatte das hiesige Amtsgericht den in Bad Honnef festgenommenen Geldboten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Die angeblichen Polizeibeamten erklärten der Frau, ihr Vermögen sei in Gefahr
Von mehreren Personen, die sich als Polizeibeamte ausgaben, wurde die Rentnerin 2020 über einen Monat hinweg fast täglich angerufen und durch eine perfide Betrugsmasche verunsichert: Von ihrer Bank werde gezielt Falschgeld in Umlauf gebracht und auch ihr erspartes Vermögen sei hierdurch in Gefahr, suggerierten die falschen Polizeibeamten.
Um die betrügerischen Bankmitarbeiter zu überführen, müsse sie ihr Geld abheben und den angeblichen Polizeibeamten übergeben – so könnten anhand der Fingerabdrücke auf den Geldscheinen die scheinbar kriminellen Bankmitarbeiter überführt werden. In mehreren Tranchen hob das Opfer insgesamt 160.000 Euro von der Bank ab und übergab es an ihrer Haustüre dem von der Angeklagten gesandten Kurier – weitere Mittäter brachten das Geld ins Ausland, wo es für die Geschädigte für immer verloren ist.
Das verlorene Geld ist für immer im Ausland verschwunden
Zu den gegen sie von Staatsanwalt Martin Fleiner in seiner Anklageschrift erhobenen Vorwürfen wollte sich die von Rechtsanwalt Philipp Muffert aus Krefeld vertretene Angeklagte vor Gericht nicht äußern. Es war vielmehr eine vonseiten des Gerichts ins Gespräch gebrachte Verständigung zwischen allen Prozessbeteiligten, welche das ursprünglich auf mindestens zwei Verhandlungstage terminierte Strafverfahren erheblich abkürzte.
Für den Fall eines umfassenden Geständnisses der Angeklagten stellte das Gericht eine bewährungsfähige Strafe im oberen Bereich in Aussicht – ein Vorschlag, der vonseiten der Verteidigung nach einem Rechtsgespräch zwischen allen Prozessbeteiligten angenommen wurde. Als Tatmotiv für seine Mandantin, die nach der Verhaftung ihres mittlerweile rechtskräftig verurteilten Mittäters für längere Zeit in die Niederlande geflohen war, nannte er „finanzielle Engpässe“ der berufslosen Frau.
„Organisierte Kriminalität nach dem Muster der Hells Angels“
Von besonderem Interesse im Zuge der Beweisaufnahme war die Aussage eines ermittelnden Beamten des Bundeskriminalamtes, der die Hintermänner der Tat in einem Callcenter in der Türkei vermutete – nach seiner Ansicht „handelt es sich in diesen Fällen wohl um organisierte Kriminalität, die vor allem von der Rockergruppe Hells Angels betrieben wird“. Zum Ausmaß der kriminellen Energie der in Netzwerken organisierten Täter wies er darauf hin, dass es Taten gebe, „bei denen von den Opfern ganze Häuser verkauft wurden und mehrere Millionen Euro an die Betrüger übergeben wurden“.
Das Opfer leidet bis heute unter der Tat
Für den Prozessbeobachter ergreifend waren die Schilderungen von Richterin Stefanie Hauser zum Schicksal des Opfers: „Es handelt sich hier um eine Frau, die nichts zu verschenken hat und die noch bis heute arbeitet.“ Da Hauser der älteren Dame eine belastende Zeugenaussage vor Gericht ersparen wollte, verlas sie erschütternde Abschnitte aus einer früheren Aussage gegenüber den Behörden – über einen Monat sei sie fast täglich von Anrufen verfolgt worden, ergriffen von „Angst und Panik“ habe sie nachts nicht mehr schlafen können und durch das ihr widerfahrene Verbrechen „die Sorglosigkeit im Leben und das Vertrauen in ihre Umgebung verloren.“ Besonders belastend sei auch die von ihr bis heute empfundene Scham darüber, auf einen solchen Betrug hereingefallen zu sein – ihr Selbstwertgefühl leide darunter und sie fühle sich dumm.

Thorsten Stauch, Erster Polizeimeister beim Polizeipräsidium Freiburg, ordnet den verhandelten Fall in das weitverbreitete Delikt des Telefonbetruges ein – Straftaten, von denen vor allem Senioren betroffen seien. „Wir bitten darum, dass die Betroffenen bei einem ungewöhnlichen Anruf die Verbindung sofort unterbrechen, das heißt tatsächlich den Hörer auflegen und sich anschließend bei der Polizei unter der Telefonnummer 110 melden.“
„Legen Sie auf, wenn Sie nicht sicher sind, wer anruft!“
Es sei äußerst wichtig, so Stauch, dass die Telefonverbindung durch das Auflegen des Hörers unterbrochen werde – „denn wenn lediglich der Täter auflegt und das Opfer anschließend einen Pfeifton in der Leitung vernimmt, kann es sein, dass der Kriminelle weiter in der Leitung ist.“ Der Anruf unter der Telefonnummer 110 könne dann unter Umständen nicht bei der Polizei, sondern erneut beim Täter landen, der sich dann als Polizeibeamter ausgebe. Als Faustregel nennt der erfahrene Kriminalbeamte: „Legen Sie auf, wenn Sie nicht sicher sind, wer anruft, wenn jemand Geld fordert oder Sie unter Druck setzt.“