Joseph Victor von Scheffel (1826 bis 1886) schuf 1853 mit dem „Trompeter von Säkkingen“ einen der populärsten Stoffe seiner Zeit. Das Werk wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und erhielt allein bis 1921 322 Auflagen. Nicht nur das: Das Werk wurde sogar dreimal als Opernstoff vertont und später auch verfilmt. Das können nicht viele Vorlagen von sich behaupten.
Aber warum trompetete Werner Kirchhofer sein Liebeslied bisher noch nicht im Säckinger Gloria-Theater? Jenem Ort, der spätestens seit der Übernahme von Frank Jochen Schmidt und Alexander Dieterle 2007 für humorvoll exaltierte Musikdarbietungen steht. Antworten auf diese Fragen haben der Komponist und Gloria-Intendant Frank Jochen Schmidt selbst, Thomas Ays vom Stadtmarketing und Bernd Crössmann, Vorsitzender des Vereins der Scheffelfreunde Bad Säckingen.
Erfolglose Umsetzung einer erfolgreichen Vorlage
Die enorme Reichweite von Scheffels Werk führte 1871 mit Gründung des Kaiserreiches dazu, dass der Autor als Inbegriff des deutschen Humors galt, referiert Bernd Crössmann. Zu Scheffels 50. Geburtstag sollte 1876 deshalb eine Oper basierend auf dem Trompeter entstehen. Die Musik komponierte Bernhard Scholz, das Libretto besorgte Theo Rehbaum. Doch das Ergebnis zeigt, dass eine erfolgreiche Vorlage längst keine erfolgreiche Vertonung bedeutet.

Das Stück ging gnadenlos unter: Ein Jahr verspätet wurde das Werk bereits nach der Premiere am Staatstheater Wiesbaden wieder abgesetzt und blieb 145 Jahre in der Versenkung verschwunden. Erst am 8. Mai 2022 wurde Scholz‘ Oper in einer Fassung für Klavier, zwei Sänger und einen Sprecher in Bad Säckingen aufgeführt. Doch auch dann war ihr nicht der erhoffte Erfolg beschieden, gibt Thomas Ays vom Stadtmarketing an.
Die Reise des Trompeters führt nach Österreich
Dennoch kamen auf Scholz‘ Oper schnell weitere Adaption des Scheffelstoffes. Dieses Mal ausgeführt von Emil Kaiser. Nachdem der Komponist kurzzeitig sogar als künstlerischer Direktor am Mozarteum arbeitete, folgte er einem Ruf nach Olmütz im heutigen Tschechien. Dort schrieb er 1882 Musik und Libretto seiner Version des Trompeters und brachte sie zur Aufführung – auch hier blieb anhaltender Erfolg aus.
Der Säckinger Trompeter in New York
Die zweifelsfrei bedeutendste Opernfassung des Säckinger Trompeters gelang Victor Nessler. Seine Oper wurde 1884 in Leipzig uraufgeführt. „Das Libretto hat Scheffels Original so stark überlagert, dass viele nicht mehr wussten, was in der literarischen Vorlage vorging“, sagt Bernd Crössmann. So sei etwa der Teil in Rom, wo der Bürger Kirchhofer vom Papst zum Hofpfalzgrafen erhoben wird, gänzlich gestrichen worden.

Dem Publikum schien das nur recht. Die Oper wurde wichtiger als der Originaltext. Der wohl einflussreichste Kritiker seiner Zeit, Eduard Hanslick, bewertete die Oper als musikalisch mittelmäßig und das „Merkwürdigste an dieser beispiellos erfolgreichen Oper bleibt – ihr Erfolg.“ Schließlich kam das Werk 1887 sogar an die Metropolitan Opera nach New York. Und die Säckinger Trompete blies durch Manhattan.
Was kostet ein Musical?
Die weltweite Faszination für den lokalen Stoff wirft die Frage auf: Warum wurde der Trompeter von Säckingen noch nie als Musical im Gloria-Theater inszeniert? Die einfache Antwort: zu teuer. „Für die Umsetzung bräuchten wir 1,5 Millionen“, schätzt Frank Jochen Schmidt, Komponist und Co-Geschäftsführer des Theaters. Dabei bezieht er sich auf eine Vollkostenrechnung, die von Gagen über Kulissen bis zu Ton und Vermarktung alles beinhaltet. Seine bisherigen Stücke pendeln sich im Rahmen zwischen etwas unter einer und 1,5 Millionen Euro Produktionskosten ein, gibt Schmidt an.

Weil der Trompeter wie nichts anderes für die Stadt Bad Säckingen steht, wollte er das Stadtmarketing miteinbeziehen, berichtet Schmidt. So näherten sich die Gloria-Intendanz und die Stadt 2010/11 an. Die Kosten der Neuinszenierung konnte und wollte die Stadt jedoch nicht allein stemmen, sagt Thomas Ays vom Stadtmarketing: „1,5 Millionen Euro bekomme ich nicht durchgesetzt. Kulturarbeit muss praktikabel sein.“
Die städtischen Subventionierungen des Theaters sind zum 1. Januar 2021 ausgelaufen, sagt Schmidt. Seitdem müsse sich das Gloria über Ticket-Einnahmen und den Förderverein rechnen. In Anbetracht steigender Betriebskosten und Inflation beliefe sich das Budget für ein Trompeter-Musical inzwischen vermutlich auf eher zwei Millionen, ergänzt Betriebswirt Schmidt.
Ein Kopf voller Ideen
Dennoch habe er seitdem schier endlos Ideen für eine Umsetzung des Trompeters, wie er sagt. Er habe sogar schon angefangen zu schreiben. Opernhaft würde er sein Werk aufgrund der zahlreichen Vorlagen dennoch nicht konzipieren. Allerdings würden mit Sicherheit einige Trompeten vorkommen.
Musical-Umsetzung steht eher nicht bevor
2026 hat Scheffel 200. Geburtstag, dafür seien sie in den Vorbereitungen, sagt Thomas Ays. Aber dafür denke er eher nicht an ein Musical. Frank Jochen Schmidt hat derweil die Idee noch nicht ganz begraben: „Wir haben noch Vertrag bis 2036“ – bis dahin sei noch viel Zeit, sagt er.

Und auch wenn ein Trompeter-Musical bis dahin nicht realisiert werden sollte, weiß Schmidt, eine Figur aus dem Trompeter hat es bereits geschafft: Der Kater Hiddigeigei diente als Inspiration für den alten Deuteronimus in Andrew Lloyd Webers Musical Cats.