„Wasserkraft ist in Südbaden ein wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit.“ Diese Ansicht vertritt die Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) mit Blick auf die vom Bundestag Anfang Juli 2022 abgewendete Streichung der Förderung von kleinen Wasserkraftanlagen mit einer Leistung bis zu 500 Kilowatt. „Ob sie groß ist oder klein, sollte dabei tatsächlich keine Rolle spielen. Die Wasserkraft ist eine der Stärken unserer Landschaft, die wir nicht so einfach brach liegen lassen dürfen“, hält Rita Schwarzelühr-Sutter anlässlich einer Besichtigung des E-Werks Wacht in Bernau bei Betreiber Edwin Baur fest.

Rita Schwarzelühr-Sutter beim Besuch des E-Werks Wacht in Bernau. Rechts Betreiber Edwin Baur, neben ihm Bernaus Bürgermeister Alexander ...
Rita Schwarzelühr-Sutter beim Besuch des E-Werks Wacht in Bernau. Rechts Betreiber Edwin Baur, neben ihm Bernaus Bürgermeister Alexander Schönemann. Links Richard Eschbach, der bei Rüßwihl im Hotzenwald eine kleine Wasserkraftanlage errichten möchte. | Bild: Büro Schwarzelühr-Sutter

Das kleine Kraftwerk produziert in einem normalen Wasserjahr rund 350.000 Kilowattstunden (kWh) Strom und sei „ein Beispiel dafür, wie eine kleine Wasserkraft an Ort und Stelle zur Energiesicherheit beitragen kann“, so Schwarzelühr-Sutter.

„Keinerlei ökologische Schäden“

Laut Baur würde die in die Bernauer Natur- und Erholungslandschaft eingebettete Wasserkraftanlage „keinerlei ökologische Schäden“ verursachen. Klar ist für Rita Schwarzelühr-Sutter: „Wasserkraftanlagen dürfen die Gewässerqualität und damit den Lebensraum der dort existierenden Tierwelt nicht dauerhaft beeinträchtigen oder beschädigen. Eingriffe, die das natürliche Gleichgewicht entlang eines Wasserlaufs verändern, müssen vermieden werden. Das ist auch künftig die wesentliche Voraussetzung für die Betriebsgenehmigung von Kleinkraftwerken in einer ökologisch sensiblen Umgebung.“ Und: „Energiegewinnung ist gerade hier in Südbaden ein wichtiger Beitrag zur Netzstabilität, wenn sie artenschutzgerecht modernisiert und angepasst wird“, so Rita Schwarzelühr-Sutter.

Obwohl funktionstüchtig, ist die Wasserkraftanlage in der Schwarzen Säge nicht in Betrieb.
Obwohl funktionstüchtig, ist die Wasserkraftanlage in der Schwarzen Säge nicht in Betrieb. | Bild: R.Eschbach

Ähnlich äußert sich die Landtagsabgeordnete Sabine Hartmann-Müller (CDU). Sie habe in den vergangenen Monaten mehrere Kleinwasserkraftanlagen im Südschwarzwald besucht, erklärt sie. Ihr Fazit: „Energieautonomie beginnt im Kleinen. Denn auch Anlagen mit geringerer Leistung tragen dazu bei, unabhängiger von russischer Energie zu werden.“

Wie viel Kleine Wasserkraft gibt es im Landkreis Waldshut?

Laut Tobias Herrmann, Pressesprecher beim Landratsamt Waldshut, wurden im Zeitraum der letzten zehn Jahre im Landkreis Waldshut insgesamt sieben vollständige Wasserrechtsanträge für den Bau neuer Wasserkraftanlagen eingereicht. Davon wurden sechs genehmigt. Von diesen wurden vier umgesetzt und zwei befinden sich aktuell in Bau. Bei einem Antrag sind noch Ergänzungen der Unterlagen erforderlich. Für eine achte Anlage, in Stühlingen, war aufgrund der Lage ein grenzüberschreitendes Genehmigungsverfahren erforderlich. Während das Landratsamt Waldshut eine Genehmigungsfähigkeit sah, war dies auf Schweizer Seite nicht der Fall, so Herrmann. Die Anlage konnte nicht realisiert werden. Die genehmigten Anlagen wurden, beziehungsweise werden in Bernau, Laufenburg, Wutach, Wutöschingen und drei in Wehr realisiert, so Tobias Herrmann.

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Wie ist das Vorgehen?

Tobias Herrmann: „Bei der Wasserkraftnutzung handelt sich um einen wasserrechtlichen Benutzungstatbestand. Dieser ist erlaubnispflichtig, weshalb ein Antrag bei der zuständigen Wasserbehörde zu stellen ist. In der Regel ist dies die Untere Wasserbehörde, bei Großvorhaben das Regierungspräsidium. Das Baurechtsamt und die betreffende Gemeinde, die bei Gewässern Zweiter Ordnung unterhaltungspflichtig ist, werden im Wasserrechtsverfahren angehört. Ebenso die Fachbereiche Naturschutz, Fischerei, Wasserwirtschaft und weitere Betroffene.

Welche Voraussetzungen müssen beim Bau einer Wasserkraftanlage erfüllt sein?

Tobias Herrmann: „Bei dem Bau einer neuen Wasserkraftanlage gilt es insbesondere Anforderungen an das Mindestwasser, die Durchgängigkeit und den Fischschutz sowie weiteren wasserrechtlichen Vorgaben einzuhalten. Das heißt, die Anlage muss fisch- und gewässerökologisch verträglich sein und darf den Zustand des Gewässers nicht verschlechtern. Deshalb sind Neubauten von Wasserkraftanlagen in der Regel nur noch an bereits bestehenden Querbauwerken möglich. Die meisten dieser Querbauwerke werden bereits genutzt.

Ein Teil der Wasserkraftanlage in der Schwarzen Säge im Lindauertal.
Ein Teil der Wasserkraftanlage in der Schwarzen Säge im Lindauertal. | Bild: Peter Schütz

Ein Ausbau der Wasserkraft ist deshalb vor allem in Form einer Leistungssteigerung an Bestandsanlagen möglich, für den die genannten wasserrechtlichen Vorgaben ebenfalls zu erfüllen sind. Die möglichen Potentiale der Wasserkraftnutzung in Baden-Württemberg wurden in landesweiten Studien geprüft.“ Unter Berücksichtigung der ökologischen Anforderungen würden, so Herrmann, in der Folge nur noch wenige Standorte verbleiben. Diese können im Internet abgerufen werden (www.energieatlas-bw.de/wasser).

Wie sieht es ein Antragsteller?

„Es wird alles schön geschwätzt“, meint Richard Eschbach, Eigentümer des früheren Sägewerks „Schwarze Säge“ (Gemeinde Görwihl) im Lindauer Tal. „Generell sind der Naturschutz und die Fischerei dagegen“, so Eschbach. Sein Antrag auf Bau einer kleinen Wasserkraftanlage am Schildbach zwischen Tiefenstein und Rüßwihl liegt nach eigenen Angaben seit drei Jahren beim Landratsamt zur Bearbeitung mit allen erforderlichen Gutachten. „Die Gutachten kommen zum Ergebnis, dass eine Realisierung nach den geltenden Vorschriften möglich ist“, so Eschbach, „das bestätigte auch Gerhard Bronner, Vorsitzender vom Landesnaturschutzverband, bei einem Besuch vor Ort“.

Riesenpotenzial im Kreis Waldshut

Weil es von den Vorbesitzern an der Schwarzen Säge versäumt wurde, für die durch einen Lehensbrief von 1595 genehmigte und immer noch funktionstüchtige Wasserkraftanlage eine öffentliche-rechtliche Abnahme zu beantragen, darf sie nicht mehr betrieben werden. Trotzdem ist sie im Energieatlas des Landes Baden-Württemberg aufgeführt (www.energieatlas-bw.de/wasser/bestehende-wasserbauwerke). „Ich hätte weiter sägen sollen, dann hätte ich die Anlage weiterbetreiben können“, hält Eschbach fest. Die Potenzialstudie des Landes Baden-Württemberg bezeichnet er als „schlampig erstellt“. Deshalb hätten er und weitere Betreiber von kleinen Wasserkraftanlagen diese überarbeitet. Eschbachs Fazit: „Im Landkreis Waldshut ist ein Riesenpotenzial vorhanden.“

Wie ist der Stand im Landkreis Lörrach?

Thorsten Wrobel, Öffentlichkeitsarbeit Landratsamt Lörrach, klärt auf. Für den Zeitraum ab 2010 gibt er auf Anfrage des SÜDKURIER folgende Zahlen bekannt: Anträge zur Neuerrichtung von Wasserkraftanlagen gab es 15, wovon zehn zugelassen werden konnten. Anträge zur Reaktivierung bestehender (stillgelegter) Anlagen, die in der Regel verbunden sind mit notwendigen Sanierungen und ökologischen Maßnahmen, gab es vier, wovon alle zugelassen werden konnten. Anträge auf Neuerteilung der wasserrechtlichen Zulassungen, wegen Fristablauf eines bestehenden Wasserrechts, gab es elf. „Diese werden wie Neuanträge behandelt, da sie nach heutigen Gesichtspunkten zu beurteilen sind und in der Regel auch ökologische Maßnahmen erforderlich werden“, so Thorsten Wrobel. Die elf Anträge wurden alle zugelassen. Schließlich gab es sechs Anträge auf Standortvorabklärung. Thorsten Wrobel: „Hierbei erfolgt eine Beurteilung (keine Zulassung oder Ablehnung), ob der gewählte Standort für Art und Umfang der beabsichtigten Wasserkraftanlage grundsätzlich als geeignet erscheint.“ Von den sechs Anträgen konnte bei fünf eine Zulassung nicht in Aussicht gestellt werden. Eine aktuelle Voranfrage sei noch in Abklärung.

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