Zu mehreren unschönen Vorfällen soll es in der Oberberg Fachklinik Rhein-Jura im Jahr 2023 gekommen sein. Eine 37-Jährige muss nun eine Geldstrafe von über 3000 Euro wegen Körperverletzung und sexuellem Missbrauch bezahlen.

Eine lange Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht, die keine finalen Tatsachen über die Geschehnisse hervorbrachte, endete abrupt mit einem Zurückziehen des Einspruchs der Angeklagten, wodurch die Verurteilung umgehend rechtskräftig wurde. Dieses Vorgehen begründete Verteidiger Sandro Baratti mit der Gefahr eines höheren Urteils, auch wenn seine Mandantin bis zuletzt ihre Unschuld beteuerte und sich selbst in die Opferrolle stellte.

Angeklagte beißt Mitpatientin „aus heiterem Himmel“

Mehrere Monate hatte die Angeklagte wegen ihrer psychischen Probleme in der Rhein-Jura-Klinik in Bad Säckingen verbracht. Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft soll sie während dieses Aufenthalts zwei Patienten in den Arm gebissen und zudem selbe zwei Patienten sexuell belästigt haben. Bei mehreren Vorfällen soll sie diese unsittlich berührt respektive ihren Intimbereich an ihnen gerieben haben.

Bereits zu Beginn der Hauptverhandlung stritt die Angeklagte die Vorwürfe und sogar die Bekanntschaft mit einer Geschädigten ab. Diese berichtete vor Gericht vom schmerzhaften Biss in ihren Oberarm, der laut ihrer Aussage „aus heiterem Himmel“ geschehen sei. Ebenfalls erzählte sie von „ständigen körperlichen Annäherungen“.

Ein Zeuge: „Niemand wollte mir glauben“

Die Angeklagte blieb bei ihrer Aussage, die Geschädigte sei ihr persönlich, wenn überhaupt nur vom Sehen bekannt, auch nachdem eine weitere Zeugin den Ablauf des Vorfalls bestätigte. Warum die 37-Jährige die Zeugin dennoch mit ihrem Vornamen ansprach, blieb auch auf Nachfrage des Richters Jan Meents ihr Geheimnis.

Auch das zweite Opfer ihrer Handlungen war als Zeuge geladen und berichtete von dauerhaften sexuellen Belästigungen. „Nach und nach gab es immer mehr Grenzüberschreitungen. Sie hat meinen Arm an ihrem Intimbereich gerieben und mir in den Schritt gefasst“, so der Zeuge. Er habe ihr erklärt, sie solle Abstand von ihm halten. Als diese Bitte mehrfach ihre Missachtung fand, beschwerte er sich bei Pflegern, Ärzten und zuletzt auch beim Chefarzt. „Niemand wollte mir glauben“, so der Zeuge.

Verteidiger wirft Zeugen vor, zu lügen

„Ich kann verstehen, warum Ihnen niemand glaubt. Sie sprechen nicht die Wahrheit“, warf ihm Verteidiger Baratti vor und fragte: „Kann es sein, dass Sie einfach unter Wahnvorstellungen leiden?“

Seine Mandantin habe die Situation zuvor gänzlich anders geschildert. Laut ihr sei nicht er, sondern sie das Opfer der Geschehnisse; der geladene Zeuge habe sie andauernd belästigt und angefasst. Auf die Nachfrage des Verteidigers, ob er der Angeklagten beispielsweise auf den Hintern geschlagen habe, räumte der Zeuge dieses Verhalten in der Tat ein.

Die Zeugenaussagen wiesen erhebliche Lücken in der Darstellung der Geschehnisse auf. Doch auch die Angaben der Angeklagten sorgten bei Staatsanwalt und Richter für Zweifel. Die 37-Jährige leidet unter unterschiedlichen psychischen Erkrankungen, unter anderem einer posttraumatischen Belastungsstörung aus der Anwesenheit bei einem der größten Amokläufe der jüngeren deutschen Geschichte. In Bezug auf die Tatvorwürfe gestand sie lediglich einen Biss in die Hand eines Patienten, wobei sie allerdings ausschloss, dass dieser dabei Schmerzen erlitten haben könnte.

Beamtenstatus der Angeklagten ist gefährdet

Nach der mehrstündigen Befragung von insgesamt vier Zeugen endete die Hauptverhandlung mit einer unerwarteten Wendung: Verteidiger Baratti erklärte, dass seine Mandantin den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückziehen möchte, wodurch die im Strafbefehl vorgesehene Strafe von 90 Tagessätzen zu je 35 Euro umgehend rechtskräftig wurde. Richter Meents hatte zuvor angekündigt, dass ein mögliches Urteil vor dem Amtsgericht höher ausfallen könnte, wodurch der Beamtenstatus der Angeklagten gefährdet gewesen wäre.

„Es war eine Vernunft-Entscheidung“, erklärte Baratti. Auch wenn die Beweisaufnahme aus seiner Sicht zugunsten der Angeklagten verlaufen war, hielt er ein Zurückziehen des Einspruchs aufgrund der Risikoabwägung für sinnvoll. „Ich hätte trotzdem gerne weiterverhandelt, denn meine Mandantin streitet nach wie vor ab, die Taten begangen zu haben“, so der Verteidiger.

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