Historische Eisenbahnbrücken haben im Landkreis Waldshut keinen guten Stand. Aus Altersgründen sollen sie laut Bahn nicht mehr sanierungsfähig sein und durch neue Bauwerke ersetzt werden – trotz Denkmalschutz. Erst vor Kurzem gab die Bahn bekannt, dass sie plant, die historische Eisenbahnbrücke in Oberlauchringen ab 2024 abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Wie mit dem Denkmalschutz des 1862 errichteten Bauwerks umgegangen wird, ist bislang unklar. Ähnliche Überlegungen waren vor einem Jahr im Bezug auf die 1859 errichtete Rheinbrücke zwischen Waldshut und Koblenz laut geworden.
Nach Auskunft des Landesdenkmalamts hat im Fall Oberlauchringen bereits ein Vororttermin zur Vorabstimmung der Projektleitung der Bahn mit Vertretern des Landesamts für Denkmalpflege stattgefunden. Das daraufhin durch die Bahn vorgelegte Bauwerksbuch der Brücke sei durch die zuständigen Mitarbeiter des Landesamts für Denkmalpflege geprüft worden, so Michael Swientek, Pressesprecher beim Landratsamt Waldshut. Daraus sei hervorgegangen, dass sich, trotz Instandhaltungsarbeiten, die Prüfungsergebnisse der Brücke im Laufe der Zeit verschlechterten. „Es sind schon länger Probleme an den Widerlagern und am Überbau erkennbar, welche sich voraussichtlich, aufgrund der weiteren Belastungen des Personenverkehrs, nicht verbessern werden“, so Swientek.
Dennoch: „Die Deutsche Bahn AG kann die Brücke nur dann abreißen, wenn sie durch den Planfeststellungsbeschluss eine Genehmigung dafür erhält“, sagt Sonja Hettich, Sprecherin des Landesdenkmalamts in Stuttgart. Die Planfeststellungsbehörde ist hierbei das Eisenbahnbundesamt (EBA). Das Landesamt für Denkmalpflege wird in einem solchen Verfahren als einer der verschiedenen Träger öffentlicher Belange gehört und kann sich fachlich äußern. Aber: Es würde Bedenken gegen den Abbruch dann zurückstellen, wenn durch die Sanierung die Denkmaleigenschaft verlorenginge, weil beispielsweise für die Nutzung zu viele Teile ausgetauscht werden müssten, so Hettich. Entstehen für eine denkmalgetreue Sanierung hingegen derart hohe Kosten, dass diese dem Eigentümer nicht mehr zugemutet werden können, wird in der Regel eine Abrissgenehmigung zwecks Neubau erteilt.

Die Bahn will sich vor ihrer Informationsveranstaltung in Oberlauchringen am 14. November nicht in die Karten schauen lassen und äußerte sich weder zum Umgang mit dem Denkmalschutz, noch zu den Kosten des Projekts oder Sanierungsalternativen. Das notwendige Planfeststellungsverfahren will die Bahn erst 2020 beantragen. Erst in dessen Rahmen wird über den Denkmalschutz des Bauwerks entschieden.

Auch in Sachen Rheinbrücke in Waldshut ist nichts Neues bekannt. Auch diese ist zur Hälfte in der Denkmalliste des Landes Baden-Württemberg und zur Hälfte im Schweizer Inventar der Kulturgüter von nationaler und regionaler Bedeutung geführt und in beiden Fällen vor baulichen Veränderungen geschützt. Laut eines Bahnsprechers sei für die kommenden Wochen eine bahninterne Neubewertung der Lage geplant, die gemeinsam mit der Schweizer Seite – dieser gehört die Hälfte der Brücke – erfolgen soll.
Die Brücken und ihr maroder Zustand
- Der Zustand: Die Bahn bewertet Brückenbauwerke in vier Zustandskategorien. Während Brücken der Kategorie eins neu sind oder nur geringe Schäden aufweisen, haben jene der Kategorie zwei größere und jene der Kategorie drei umfangreiche Schäden. Brücken der Kategorie vier sind so schwer beschädigt, dass sich die Sanierung nicht mehr rentiert und nur ein Neubau infrage kommt. Die Standsicherheit aller Brücken bewertet die Bahn einmal jährlich bei einer Begehung und alle drei Jahre bei einer genauen Inspektion. Die Brücken in Waldshut, Oberlauchringen und Albbruck sowie die Unterführung am Waldshuter Frühmessweg fallen alle in Kategorie vier.
- Die Oberlauchringer Eisenbahnbrücke wurde 1862 als Teil der Hochrheinbahn errichtet. 1909 erhielt sie ihren heutigen Überbau, einen Fachwerkträger aus Stahl. Bei diesem wurde 1962 die Fahrbahn verändert und 1975 Verstärkungsmaßnahmen vorgenommen. 2006 wurde die Brücke als Kulturdenkmal erkannt.
- Der Fall Albbruck: Dass Denkmalschutz nicht immer mit Bestandsschutz der Bauwerke gleichzusetzen ist, zeigt auch das Beispiel einer anderen Brücke im Landkreis Waldshut. Die historische, ebenfalls denkmalgeschützte Eisenbahnbrücke in Albbruck war im Jahr 2017 in einem eigenen Planfeststellungsverfahren bereits für den Abriss freigegeben worden, weil notwendige Modifizierungen einen zu massiven Eingriff in die Bausubstanz bedeutet hätten, um den Status als Baudenkmal erhalten zu können. Sanierungsalternativen waren als zu teuer eingestuft worden. Einer Bürgerinitiative war es dennoch gelungen, eine Petition gegen den Abriss zu lancieren, unter Vorlage deutlich günstigerer Sanierungsmöglichkeiten. Nach einem seltenen Vororttermin durch den Petitionsausschuss und dessen einstimmiger Empfehlung, die Albbrucker Brücke zu erhalten, wird der Fall nun in einer nichtöffentlichen parlamentarischen Beratung behandelt. Die Entscheidung steht noch aus.