Die Schweiz macht den wohl entscheidenden Schritt hin zum geplanten Tiefenlager für Atommüll. In dieser Woche hat der Schweizer Bundesrat beschlossen, die drei Standortgebiete "Jura Ost" (südlich von Laufenburg), "Nördlich Lägern" (südlich von Hohentengen) und "Zürich Nordost" (südlich von Schaffhausen) näher zu untersuchen, um so spätestens im Jahr 2030 einen geeigneten Standort für ein Endlager zu haben.
Bohrungen beginnen im Januar
Mit den ersten Bohrungen für die weiteren Untersuchungen soll schon im Januar begonnen werden. Die Kritik und die Forderungen der deutschen Seite folgten prompt.
So fordert der Waldshuter Landrat Martin Kistler einen Standort, der "die größtmögliche Sicherheit für Mensch und Umwelt gewährleistet". Rita Schwarzelühr-Sutter, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Lauchringen und Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium fordert für das weitere Verfahren vor allem Transparenz und Partizipation, also Mitsprache der deutschen Seite.
Und Felix Schreiner, CDU-Bundestagsabgeordneter, fordert von der Bundesregierung mehr Unterstützung für die deutschen Gemeinden.
Die Etappe 3 gilt in der Schweiz, Stand heute, als die letzte Etappe auf dem Weg zu einem Tiefenlager für Atommüll. In ihr sollen die drei verbliebenen Standorte vertieft untersucht und miteinander verglichen werden.
Auf dieser Grundlage werde die Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) voraussichtlich im Jahr 2024 entsprechende Vorschläge machen, welche Region am besten geeignet ist.

Regionalkonferenzen nehmen Arbeit wieder auf
Auf dem Weg dorthin werden auch die Regionalkonferenzen wieder tagen. In den kommenden Wochen sollen sie über geänderte Statuten entscheiden und ihre Vorstände wählen und die weiteren Organe besetzen.
Die Mitglieder der Regionalkonferenzen, so das Bundesamt für Energie, "vertreten die Interessen der Gemeinden, Planungsverbände, Organisationen und der Bevölkerung". Die Regionalkonferenz "Zürich Nordost" tagt bereits am heutigen Samstag, 24. November.
Der weitere Zeitplan
Im kommenden Jahr startet die sogenannte Etappe 3 auf dem Weg zu einem Tiefenlager für Atommüll.
- Bis 2024 sollen die jetzt beginnenden Arbeiten abgeschlossen sein.
- Bis 2030 soll dann ein Standort feststehen, gegen den ein Schweizer Volksentscheid möglich sein wird.
- Bis 2050 soll ein unterirdisches Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Betrieb gehen.
- Bis 2060 soll nach den derzeit gültigen Planungen ein Tiefenlager für hochradioaktive Abfälle seinen Betrieb aufnehmen.
Das sagt die Region
- Landrat Martin Kistler: „Gemeinsam mit unseren Nachbarlandkreisen fordern wir (...), dass für ein Schweizer Tiefenlager nur ein Standort gewählt werden darf, der die größtmögliche Sicherheit für Mensch und Umwelt gewährleistet.“ Nicht aktzeptabel ist für Kistler weiterhin die Tatsache, dass die vorgesehenen Oberflächen-Standorte, also die künftigen Verladestationen für Atommüll, teilweise in Sichtweite angrenzender deutscher Gemeinden liegen sollen. Sorge bereitet dem Landrat dabei auch eine mögliche Beeinträchtigung von „Grundwasserschonbereichen“ und Trinkwasserquellen.
- Rita Schwarzelühr-Sutter, SPD: „Ich begrüße, dass der Schweizer Bundesrat zwei zentrale Aspekte besonders betont: Oberstes Gebot einer Standortsuche für ein Tiefenlager muss die Sicherheit sein. Und für das Verfahren sind Transparenz und Partizipation von zentraler Bedeutung.“ Und weiter sagt die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium: „Für mich ist es selbstverständlich, alles dafür zu tun, dass die berechtigten Anliegen aus meiner Heimat auf der schweizerischen Seite Gehör finden.“ Und sie erklärt weiter: „Das Bundesumweltministerium bleibt auf allen Ebenen aktiv, um die südbadischen Bürger zu unterstützen.“
- Felix Schreiner, CDU: „Ich fordere nun aber auch vom Bund stärkere Unterstützung, insbesondere für die deutschen Gemeinden.“ Zudem erwartet der Lauchringer Bundestagsabgeordnete von der Schweiz eine umfassende und intensive Beteiligung unserer Region. „Den bisherigen Umfang erachte ich als zu gering.“ Schreiner weiter: „Ich erwarte, dass die Schweiz den Verpflichtungen nachkommt, wie sie sich aus der Espoo-Konvention und aus gewohnheitsrechtlichen Grundsätzen ergeben.“ In diesem Zusammenhang sieht er „abermals das deutsche Bundesumweltministerium in der Pflicht“.
- Verein Loti: Für den Verein Loti (Nördlich Lägern ohne Tiefenlager) erinnern deren Sprecherinnen Rosi Drayer und Astrid Andermatt, dass die Nagra Anfang 2015 beantragt habe, Nördlich Lägern wegen ungünstigem Platzangebot in der bevorzugten Tiefe zurückzustellen. Gleichwohl werde auch diese Region weiter untersucht. Und die beiden Sprecherinnen sind sich sicher, dass es am Ende des Verfahrens heißen müsse: „Nördlich Lägern ohne Tiefenlager.“