Blauer Himmel mit weißen Schäfchenwolken, darunter die saftig-grüne Wiese mit leuchtend gelben und violetten Farbtupfern. Der Anblick der Wiese gegenüber dem Birkendorfer Sportplatz ist eine wahre Augenweide. "Wegen solcher Flächen kommen die Leute zu uns, weil sie so etwas in Berlin oder im Ruhrpott nicht haben", sagt Tobias Gantert, Bürgermeister von Ühlingen-Birkendorf, während er mit Landrat Martin Kistler und Vertretern von Behörden und Landwirtschaftsverbänden über die Wiese stapft – vorsichtig darauf achtend, die seltenen Blumen nicht zu zertrampeln.

Zum Start der Initiative für heimische Landwirtschaft zeigt Siegfried Friedrich (rechts) Hansjörg Stoll vom Landschaftserhaltungsverband ...
Zum Start der Initiative für heimische Landwirtschaft zeigt Siegfried Friedrich (rechts) Hansjörg Stoll vom Landschaftserhaltungsverband (LEV), Landrat Martin Kistler, Tobias Gantert (Bürgermeister Ühlingen-Birkendorf), Alexander Wegerhof (Landwirtschaftsamt), Clemens Speicher (BLHV-Kreisverband), Markus Weißer (Regierungspräsidium), Oswald Tröndle (BLHV-Kreisverband) und Andrea Jahn (LEV, von links), welche seltenen Pflanzen auf der von ihm gepachteten Wiese in Birkendorf wachsen. | Bild: Juliane Schlichter

Martin Kistler hat in seiner Funktion als Vorsitzender des Landschaftserhaltungsverbandes des Landkreises Waldshut (LEV) an diesem schönen Frühlingsnachmittag auf das Nasswiesenbiotop eingeladen, um auf die Leistungen der heimischen Landwirtschaft als Erzeuger hochwertiger regionaler Lebensmittel und als Landschaftspfleger aufmerksam zu machen sowie um deren Arbeit zu würdigen.

Der Ameisenbläuling kommt nur noch ganz selten vor

Einer dieser Landschaftspfleger ist Siegfried Friedrich aus Grafenhausen. Der Landwirt hat die 2,2 Hektar große Wiese in Birkendorf gepachtet. Auf ihr wachsen seltene und bedrohte Pflanzen wie die gelbe Trollblume und das hübsche Knabenkraut, eine Orchideenart. "Hier fliegt von Mitte Juli bis Mitte August der in Europa stark bedrohte Ameisenbläuling, eine Schmetterlingsart", erzählt Hansjörg Stoll vom LEV. Der Schmetterling ist auch einer der Gründe, warum Siegfried Friedrich die Wiese erst frühestens Ende August mähen darf. Denn der blaue Falter ernährt sich von den Blüten des Großen Wiesenknopfs, einer weiteren Pflanze, die auf der Wiese wächst.

Für die Pflege und das Mähen des Nasswiesenbiotops erhält Friedrich eine Aufwandsentschädigung aus dem Grünlandprogramm des Landkreises Waldshut, das jeweils zu 50 Prozent aus Fördergeldern des Landes und der EU finanziert wird. "Die öffentliche Hand will, dass die Flächen so erhalten bleiben, und dafür muss sie Geld in die Hand nehmen und die Arbeit der Landwirte honorieren", sagt Landrat Kistler. Denn das Mähen einer solchen Wiese wie die von Siegfried Friedrich ist zeit- und kraftaufwändig, da sie von Wassergräben durchzogen ist. Seine Mühen haben aber bereits Früchte getragen: 2016 erhielt Friedrich für seine Knabenkraut-Trollblumen-Wiese bei der Wiesenmeisterschaft des Naturparks Südschwarzwald einen Sonderpreis.

Siegfried Friedrich hält eine Auswahl der seltenen Pflanzenarten, die auf der Wiese wachsen, in seiner Hand.
Siegfried Friedrich hält eine Auswahl der seltenen Pflanzenarten, die auf der Wiese wachsen, in seiner Hand. | Bild: Juliane Schlichter

Gemeinde verteilt Geschenkkörbe mit heimischen Produkten

Ende des Sommers schließt sich der Kreislauf, wenn der Landwirt die Wiese mäht und das Heu an seine Kühe verfüttert. Friedrichs Hof hinter der Rothaus-Brauerei beherbergt 50 Vorderwälderrinder, die Milch für eine Großmolkerei in Freiburg liefern und deren Fleisch in hiesigen Metzgereien verarbeitet wird. Regionale Produkte unterstützt auch die Gemeinde Ühlingen-Birkendorf: Geschenkkörbe aus dem Rathaus enthalten Würste, Honig oder Nudeln, die in der Gegend hergestellt wurden. "Einen USB-Stick mit dem Logo der Gemeinde kann jeder verschenken", findet Bürgermeister Tobias Gantert.

Darum wurde die Initiative gestartet

Der Besuch auf der von Siegfried Friedrich gepachteten Wiese war der Start einer Initiative für heimische Landwirtschaft des Landkreises Waldshut. Künftig will Landrat Martin Kistler jährlich ähnliche Flächen besichtigen und vorstellen. Derzeit werden im Landkreis Waldshut mehr als 1350 Hektar ökologisch hochwertige Flächen wie das Nasswiesenbiotop in Birkendorf in 750 Landschaftspflegeverträgen geführt. Dafür gibt es jährlich 800.000 Euro Fördermittel. Leitlinie des Landschaftserhaltungsverbands ist die gute Zusammenarbeit von Behörden, Naturschutz sowie Land- und Forstwirtschaft.

Diese seltenen Pflanzen und Tiere kommen auf der Wiese in Birkendorf vor

Bach-Kratzdistel: Purpurfarben sind die Blüten der Bach-Kratzdistel, die bis zu 1,20 Meter hoch wachsen kann. Die zu den Korbblütlern gehörende Pflanze kommt häufig in den Alpen vor, nach Norden hin wird sie seltener. Auf der Schwäbischen Alb wird diese Distelart Trommelschlägel genannt.

Bild 3: Wie Landschaftspfleger dafür sorgen, dass es im Landkreis Waldshut grünt und blüht
Bild: Juliane Schlichter

Trollblume: Sie gehört zur Familie der Hahnenfußgewächse und kann bis zu 60 Zentimeter hoch werden. Die Blütenblätter der Trollblume bilden eine Kuppel, die einen so kleinen Durchlass aufweist, dass ihn nur kleine Insekten passieren können. In den Tallagen Europas wird sie immer seltener.

Bild 4: Wie Landschaftspfleger dafür sorgen, dass es im Landkreis Waldshut grünt und blüht
Bild: Juliane Schlichter

Ameisenbläuling: Die Flügeloberseiten des Tagfalters sind silbrig hellblau gefärbt und besitzen eine Reihe zarter schwarzer Punkte. Die wichtigste Nektarpflanze der Falter ist der Große Wiesenknopf. Er steht in Baden-Württemberg auf der Roten Liste als stark gefährdete Schmetterlingsart.

Bild 5: Wie Landschaftspfleger dafür sorgen, dass es im Landkreis Waldshut grünt und blüht
Bild: Landschaftserhaltungsverband

Kleines Knabenkraut: Dabei handelt es sich um eine Gattung in der Familie der Orchideengewächse. Ihre Wuchshöhen reichen von acht bis 50 Zentimetern. Die Blütenfarben sind überwiegend purpurrot. Da die Pflanze selbststeril ist, kann sie ohne Bestäubung der Blüten keine Samen bilden.

Bild 6: Wie Landschaftspfleger dafür sorgen, dass es im Landkreis Waldshut grünt und blüht
Bild: Juliane Schlichter