„Wer von Ihnen hat den ,Tatort‘ geschaut?“, fragt Klaus Teufel, pensionierter Leiter der Geschäftsstelle des Waldshut-Tiengener Gemeinderats, in die Runde. Im Nebenzimmer des Niederwihler Gasthofs „Adler“ strecken vier der 27 Anwesenden die Hand. „Da haben Sie gesehen, dass eine badische Archivierung auch zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen kann“, sagt Teufel schmunzelnd.
Drei Tage zuvor spielte im Freiburger „Tatort“ der Aktenknoten eine Hauptrolle
Im „Adler“ tagt am Mittwochabend der Geschichtsstammtisch Hotzenwald. Und der befasst sich dieses Mal mit der badischen Aktenlochung und dem Badischen Aktenknoten – passenderweise steht beim ein oder anderen Teilnehmer badischer Wurstsalat auf dem Tisch. Drei Tage zuvor am 22. September ausgestrahlten „Tatort“ aus Freiburg war just zu sehen, wie ein am Schauplatz des Verbrechens gefundene Aktenfetzen der Schlüssel zur Klärung des Falls waren.
Die badische Aktenlochung, mit ihrem Slipstek als Knoten, ist ein Spezifikum in der badischen Verwaltung. Ein Slipstek ist ein Knoten zum vorübergehenden Festbinden, der trotzdem leicht zu öffnen ist. Neben Beamten kennen auch Segler und Feuerwehrleute diesen Knoten.
Totgeglaubte leben länger – wie auch die badische Heftung. Sie ist noch heute üblich, insbesondere bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten im Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe, beim Generallandesarchiv Karlsruhe, beim Verwaltungsgericht Sigmaringen und in bestimmten Bereichen des baden-württembergischen Justizministeriums. Auch die Archive der Badischen Landeskirche bewahren ihre Akten in Badischer Heftung auf.

Der Vorteil der badischen Heftung: Sie sorgt für eine raumsparende und effiziente Archivierung. Beim Lesen der Akten bietet der Knoten einen großen Vorteil. Er kann leicht geöffnet und durch einen Sackstich ersetzt werden, einen Verbindungsknoten, der leicht zu schnüren und wieder zu lösen ist. So können die Akten, ohne dass die Seiten geknickt werden, gelesen und kopiert werden. Teufel: „Versuchen sie das mal mit einem Aktenordner.“
Dieser hat allerdings den Vorteil, dass im Gegensatz zur badischen Lochung Seiten einzeln und nicht nur vom Ende entnommen werden können. Beim Kopieren der badisch-archivierten Akten seien auch nur zwei kleine, fast elegante, winzige Löcher zu sehen, nicht wie beim Leitz-Locher aus Stuttgart-Feuerbach.
Teufel hat verschiedene badische Locher aus unterschiedlichen Epochen mitgebracht. Auch die dazugehörigen Aktenstecher dürfen nicht fehlen. Ein Aktenstecher ist wie ein alter Brieföffner geformt, nur dass es anstatt einer Klinge eine spitz zulaufende, runde Stange ist. Damit kann man die Löcher wieder in Reihe bringen, wenn sie nach dem Lochen aus der Reihe tanzten. Beide Utensilien werden seit den 1990er Jahren in der Justizvollzugsanstalt Mannheim hergestellt, um dann in den Amtsstuben Verwendung zu finden.
„Also seien Sie in Zukunft freundlich zu Beamten. Man weiß nie, ob der Aktenstecher zweckentfremdet wird“, lacht Teufel. Dann landet der Täter womöglich in der JVA und stellt Locher und Aktenstecher auch noch selber her.