Die beiden großen Kirchen stehen in grundlegenden Änderungsprozessen. Die Römisch-Katholische Kirche fasst ihre Seelsorgeeinheiten am Hochrhein und im Südschwarzwald bereits 2026 zu zwei Großpfarreien zusammen. Auch die Evangelischen Landeskirche stellt sich am Hochrhein neu auf. Die Kirchengemeinden Laufenburg, Albbruck-Görwihl und Waldshut werden bis zum Jahr 2032 als Kooperationsraum enger zusammenarbeiten. Der Verlust an Kirchenmitgliedern und stark rückgängige Finanzmittel zwingen die Evangelische Landeskirche Baden zu Reformen auf den verschiedensten Ebenen.
Das Problem: Weniger Mitglieder und dadurch weniger Kirchensteuer
„Wir müssen uns an die Gegebenheit anpassen, dass auch die Evangelische Kirche immer weniger Mitglieder hat und unsere Finanzmittel wesentlich abnehmen“, erklärt Michael Born. Der 39-Jährige ist seit 2018 gemeinsam mit seiner Ehefrau Regine Born Pfarrer von Laufenburg, seit 2023 sind sie nach dem Ruhestand von Pfarrerin Heidrun Moser als Vakanzverwalter auch für die Kirchengemeinde Albbruck-Görwihl zuständig.
Nachdem bereits in großen Stadtkirchenbezirken wie Freiburg oder Mannheim ein Strukturprozess erfolgt sei, gelte es nun auch für die ländlichen Gemeinden, den Anpassungsprozess „ekiba 2032 – Kirche. Zukunft. Gestalten“ zu durchlaufen. „Jeder einzelne Kirchenbezirk hat hierfür sogenannte Kooperationsräume festgelegt, die aus eigenständigen Kirchengemeinden bestehen“, erläutert Born. In diesen Kooperationsräumen fänden gegenwärtig die notwendigen Beratungen statt, um den Weg in die Zukunft für die evangelische Kirche zu ebnen.

Einen solchen Kooperationsraum haben jetzt im Kirchenbezirk Hochrhein die Kirchengemeinden Laufenburg, Albbruck-Görwihl und Waldshut gebildet. Schon vor dem Ausbruch der Corona-Krise sei in diesen Gremien über Möglichkeiten zu einer Neuaufstellung der drei Gemeinden beraten worden. „Die Krise der Kirche hat sich jedoch durch den Ausbruch von Corona mit seinen vielfältigen Folgen noch dramatisch verschärft, hierdurch ist auch das Bewusstsein für die Dringlichkeit eines Wandels nochmals geschärft worden“, führt Born weiter aus.
In den drei Kirchengemeinden sollen Schwerpunkte, etwa bei der Jugend- oder Seniorenarbeit gebildet werden
In verschiedenen Ausschüssen werde gegenwärtig darüber beraten, welche Potenziale es für einen Neuanfang in den drei Gemeinden gibt. Die Kirchenältesten und Hauptamtlichen behandelten hierbei ein breites Feld, gehe es doch darum, die Profile der bis jetzt noch eigenständigen Kirchengemeinden herauszuarbeiten und gegebenenfalls zu schärfen. So könnten für die Zukunft Schwerpunkte, etwa bei der Jugend- oder Seniorenarbeit, bei einzelnen Gemeinden eingerichtet werden, aber auch das Gottesdienstleben solle neu ausgerichtet werden.

Darüber hinaus müsse aber auch darüber beraten werden, wie die Zukunft der Kirchengebäude und der Pfarrhäuser aussehe. „Wir werden eines der bisher vier Kirchengebäude in absehbarer Zeit nicht mehr sanieren können. Hierzu reichen die Finanzmittel nicht mehr aus. Es wird daher auf lange Sicht zu einem Verkauf einer Kirche kommen müssen“, erläutert Born. Die Wahl sei hierbei auf Dogern gefallen, allerdings liege die endgültige Entscheidung über einen solchen Verkauf bei der Kirchengemeinde Waldshut als Eigentümerin der Kirche in Dogern.
Gibt es zukünftig eine statt drei Kirchengemeinden?
„Es ist auch noch offen, ob die eigenständigen Pfarrämter in Laufenburg, Albbruck-Görwihl und Waldshut erhalten bleiben. Wir haben bei den Pfarrern massive Probleme im Nachwuchsbereich und es wird daher erwogen, ob es angemessen ist, in jedem Ort ein Pfarramt zu unterhalten oder ob in diesem Bereich eine Zentralisierung sinnvoll wäre“, führt Born aus. Hintergrund der Überlegungen sei hier die Tatsache, dass sich zukünftig die Stellenzuweisungen für Pfarrer in der Evangelischen Landeskirche Baden ändern würden. „Die Pfarrer werden dann einem der Kooperationsräume zugewiesen und in Absprache mit den anderen Pfarrern vor Ort ihre Aufgaben in Angriff nehmen“, erklärt er weiter. Der Verkauf von Pfarrhäusern sei jedoch in den Beratungen kein Thema.

Völlig offen sei die Frage, in welcher Rechtsform die bisher eigenständigen Kirchengemeinden zukünftig bestehen werden. Hier liege die rechtsverbindliche Entscheidung bei den Einzelgemeinden selbst. Möglich sei, dass sie als eigenständige Gemeinden fortbestehen möchten, ein Kooperationsabkommen schließen oder gar fusionieren.
„Wir sind grundsätzlich auf einem guten und konstruktiven Weg, auch wenn es berechtigte Kritikpunkte gibt. Doch der Wille für Reformen ist auf jeden Fall da“, so Born. Dies zeige sich auch daran, dass für das Jahr 2025 erstmals ein gemeinsamer Gottesdienstplan erarbeitet worden sei und es künftig zwei bis drei Mal im Jahr einen Regiogottesdienst geben werden.
Die bestehenden Kirchenstrukturen sind überholt
„Ich bin sogar der Überzeugung, dass wir denn Reformprozess schon früher hätten beginnen sollen. Wir müssen uns überlegen, wie wir für das Volk Kirche sein können, dann können wir auch wieder Volkskirche werden. Die Kirchenstrukturen des 19. Jahrhunderts sind überholt. Nur auf neuen Wegen können wir die Menschen heute mit dem Evangelium erreichen und ihnen dienen“, meint Born.
Nach den Kirchenwahlen 2025 steht die Rechtsstruktur der Kirchengemeinden auf dem Prüfstand
Nach den Kirchenwahlen am 1. Advent 2025 werde als nächster wichtiger Schritt die Reform der Rechtsstruktur in den Kirchengemeinden angegangen, das Ziel des Weges solle dann 2032 erreicht sein, ergänzt er. „Insgesamt ist es ein schwieriger Prozess, da noch niemand das Zielbild klar vor Augen hat, doch ich bin mir sicher, dass er einen guten Abschluss finden wird“, resümiert Pfarrer Born.
Pfarrer Michael Born leitet gemeinsam mit seiner Frau Regine Born die Pfarrgemeinden Laufenburg und Albbruck-Görwihl, da letztere gegenwärtig nicht besetzt ist. Die Stelle soll in Bälde erneut ausgeschrieben werden. Pfarrer in Waldshut ist Wieland Bopp-Hartwig, seit dem 1. September gemeinsam mit Pfarrerin Nicole Otte-Kempf, die zugleich Klinikseelsorgerin in Waldshut ist.