Schon bald ist es wieder so weit und die fünfte Jahreszeit beginnt. Fasnacht fällt nicht einfach aus, aber große Veranstaltungen werden auch dieses Jahr so gut wie keine stattfinden. Die Lörracher Narrengilde hat sich nun dazu entschieden, einige ihrer moderneren Veranstaltungen wie Guggen-Explosion und Umzug auf den Sommer zu verschieben. Dieses „Confetti-Sommer-Festival“ am Wochenende nach Pfingsten ist aber für die traditionellen Narren der Region ein Tabu. Der Verband Oberrheinischer Narrenzünfte (VON) geht sogar soweit, dass er seinen Mitgliedsvereinen von einer Teilnahme mit Häs abrät. Hier die ganze Geschichte.

Wie Lörrach zu dieser Idee kam

„Nachdem klar wurde, dass eine normale Fasnacht ein weiteres Mal nicht möglich sein wird, haben wir uns intensiv Gedanken darüber gemacht, wie wir reagieren sollen“, erkärt Jörg Rosskopf, Obergildenmeister in Lörrach. Nach einer Ausstellung und Online-Formaten im letzten Jahr seien nun neue Ideen gefragt. Klar sei gewesen, dass die traditionellen Veranstaltungen wie etwa das Narrenbaumstellen oder die Narrenmesse nicht verschoben werden können. Auch das „Schnitzelbanggsingen“ versuche die Gilde zu ermöglichen.

Bei der Lasser-Gugge-Explosion in Lrörach – in diesem Jahr soll sie im Sommer stattfinden, die Musiker brauchen nicht im Häs ...
Bei der Lasser-Gugge-Explosion in Lrörach – in diesem Jahr soll sie im Sommer stattfinden, die Musiker brauchen nicht im Häs erscheinen. | Bild: Archivbild: Barbara Ruda

Der „Hemliglunggi“ müsse hingegen komplett abgesagt werden und sei aus Traditionsgründen nicht verschiebbar. „Veranstaltungen wie die Lasser-Gugge-Explosion, der Umzug und die Nachmittage für Kinder und Senioren können aber mit leichten Modifikationen zu einem anderen Zeitpunkt angesetzt werden“, informiert Rosskopf. Dazu habe man sich für das Wochenende nach Pfingsten entschieden (10. bis 12. Juni 2022).

Warum eine Fasnacht im Sommer?

„In erster Linie ging es uns darum, den Menschen ein Ziel zu setzen, auf das sie hinarbeiten und, auf das sie sich freuen können“, so Rosskopf. Dies sei nach der langen Corona-Pause mit Kontaktbeschränkungen wichtig. Auch, dass Lörrach keine althistorische Fasnacht habe, habe hierfür eine Rolle gespielt. So seien die Traditionen noch jung. „Die Veranstaltungen mit Eventcharakter lassen sich verschieben – andere haben ihren festen Zeitpunkt – da sind wir ganz bei den traditionell denkenden Zünften und Verbänden.“

Jörg Roßkopf, Obergildenmeister von Lörrach.
Jörg Roßkopf, Obergildenmeister von Lörrach. | Bild: Archivbild: Paul Schleer

Vor allem die jüngeren Fasnächtler kämen nicht aus dem Motiv der Brauchtumspflege zur Fasnacht, meint der Obergildenmeister. „Es ist vielmehr die Gemeinschaft, die erlebt werden kann und will.“ Das Motiv Brauchtumspflege komme meist erst mit dem Älterwerden, meint der Lörracher. „Bereits jetzt sehen wir in vielen unserer Gruppierungen deutliche Verluste bei den Mitgliederzahlen“, betont Rosskopf. Dem wolle man entgegenwirken. Mit der Veranstaltungen wolle man zudem die Vereinskassen aufbessern.

Das könnte Sie auch interessieren

VON rät von Teilnahme im Häs ab

Klaus-Peter Klein, Narrenmeister des Verbands Oberrheinischer Narrenzünfte (VON), erklärt den Hintergrund, dass die Narrengilde Lörrach 2013 aus dem Verband ausgetreten ist – und das nicht ganz lautlos. „Sie ist eine freie Zunft und kann im Prinzip tun und lassen, was sie will.“ Aber er halte nichts von einer Fasnacht im Sommer. „Die Ziele des VON sind die Pflege des Brauchtums der schwäbisch-alemannischen Fasnacht und diese findet vom 6. Januar bis zum Aschermittwoch oder bis zur Buurefasnacht statt“, so Klein.

Narrenmeister Klaus-Peter Klein.
Narrenmeister Klaus-Peter Klein. | Bild: Archivbild: Bolkart

Den Zünften des VON rate der Verband von einer Teilnahme an der Sommer-Veranstaltung ab. „Denn, wenn sie im Häs dorthin gehen, ist das ein klarer Satzungsverstoß“, so Klein. In Privatkleidung sei es kein Verstoß. Es sei ein enormer Aufwand gewesen, die schwäbisch-alemannische Fasnacht als UNESCO-Weltkulturerbe eintragen lassen zu können. Das sollte man sich mit solchen Traditionsbrüchen nicht kaputtmachen, so Klein. Der Narrenmeister selbst kenne bis auf die Lörracher keine anderen Vereine, die auf die Idee einer Sommer-Fasnacht gekommen seien.

Das könnte Sie auch interessieren

Absolutes No-Go

„Das ist ein absolutes No-Go, man verlegt ja auch nicht Weihnachten“, wird Peter Mauthe, Präsident der Fasnachtsgesellschaft Zell, noch deutlicher. Dies sei eine klare Haltung der traditionellen Narren.

Ganz traditionell wird in Zell im Wiesental Fasnacht gefeiert – mit Altwiiber-Rennen, Umzug und Hürus. Hier ein Bild aus dem Jahr ...
Ganz traditionell wird in Zell im Wiesental Fasnacht gefeiert – mit Altwiiber-Rennen, Umzug und Hürus. Hier ein Bild aus dem Jahr 2018. | Bild: Robert Bergmann

Die Zeller gelten als die Fasnachtshochburg im Wiesental mit einer langen Tradition, die bis ins Jahr 1928 zurückreicht. „Die Fasnacht gehört in den Winter, ist ein fester Bestandteil der fünften Jahreszeit, da gibt‘s kein Links und kein Rechts“, so Mauthe im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Fasnacht gehört dorthin, wo sie im Kalender steht

Überhaupt nicht begeistert von den närrischen Veranstaltungen im Sommer ist auch Michael Birlin, Oberzunftmeister der Narrenzunft Rheinfelden. „Fasnacht gehört dorthin, wo sie im Kalender steht“, sagt er.

Oberzunftmeister Michael Birlin von der Narrenzunft Rheinfelden.
Oberzunftmeister Michael Birlin von der Narrenzunft Rheinfelden. | Bild: Archivbild: Schlichter, Juliane

„Nach Aschermittwoch, spätestens nach der Burrefasnacht gehört das Häs in den Schrank“, so Birlin. Auch der Tenor seiner Zunftratskollegen vom Hochrhein sei der, das die Fasnacht nur in die fünfte Jahreszeit gehört.

Lörracher sprechen von Sommer-Festival nicht von Fasnacht

Rosskopf, der Narrenchef in Lörrach, möchte es nicht Sommer-Fasnacht nennen: „Wir verschieben keinesfalls eine Fasnacht in den Sommer, sondern bieten als Ersatz für die ausfallende Fasnacht ein Stadtfest im Sommer an.“ Geplant sei der Auftritt der Kölner Kult-Band BRINGS, ein Guggen-Festival, ein buntes Stadtfest mit Umzug, eine Kinder-Kostümparty und ein bunter Seniorennachmittag.

„Überall spielen Guggenmusiken auch im Sommer – an Straßenfesten oder zum 1. Mai, nie ist das ein Problem – aber in Lörrach soll es ein Traditionsbruch sein?“, ärgert sich Rosskopf über die Reaktionen. Dabei könne jeder in der Kleidung kommen, in der er möchte. „Ich gehe davon aus, dass die verschiedenen Musiken hier recht kreativ sein und eben nicht ihr traditionelles Kostüm auspacken werden.“

Auch der Umzug soll laut Rosskopf etwas anderes werden als eine reine Fasnachtskopie. Für die Gugge-Explosion können sich zuerst jene Vereine anmelden, die für Februar schon angemeldet waren. Hier habe man bereits einige Absagen, was laut Rosksopf daran liege, dass viele in den Pfingstferien sind. Dennoch gebe es viele Anfragen für eine Teilnahme.

Das könnte Sie auch interessieren
Das könnte Sie auch interessieren